Radwandern auf dem E11 – Wittekindsweg Teil 1, die Saison ist eröffnet!

Auf dem Wittekindsweg von Osnabrück nach Melle-Buer

Gefahren und gelaufen am 20. April 2023
Etappe 1 von Osnabrück nach Melle-Buer
54 Kilometer mit 780 Höhenmetern

Aufmerksame Leser unseres Blogs wissen es bereits – Seit letztem Jahr wandern wir nicht nur, wir radeln nun auch!
Zwar sind wir beide schon weit über Fünfzig, aber hier und heute wollen uns klar und deutlich von den E-Bikern abgrenzen. Wenn wir in Feld, Wald und Flur unterwegs sind, dann doch bitte weiterhin nur durch eigene Kraft. Noch brauchen wir keine elektrische Unterstützung, zum Glück noch nicht!

Wer sein Radel liebt ..

Was wir auch festgestellt haben: Auf den klassischen Radwegen zu fahren, das macht uns beiden keinen Spaß. Die führen nämlich ganz oft an Straßen entlang und durch die dichtbesiedelten Täler. Wir aber suchen Waldesruh und Naturnähe – auch wenn wir dann öfter mal schieben müssen. Deshalb wollen wir uns eher an die klassischen Weitwanderwege halten und uns Zeit nehmen, statt im Flachland Kilometerrekorde auf dem Bike abzureißen. Jawohl!

Da wir jahrelang zu Fuß unterwegs waren, kennen wir all die Vorurteile, die Mountainbikern auf Wanderwegen entgegen schallen und möchten dem gleich entgegnen: Nein, wir klingeln Wanderer nicht von den Wegen, wir steigen ab. Wir grüßen alle – egal ob Fußgänger, andere Radler, ja sogar E- Biker! Wir fahren nicht querfeldein, wir bleiben auf den Wanderwegen. Wir sind keine Downhiller, wir sind Radwanderer!

Den Winter über haben wir uns viele Gedanken über unsere Bikepacking-Ausrüstung gemacht. Wie bei unseren Weitwanderungen zu Fuß achten wir darauf, dass wir nicht zu viel Gewicht mit uns herumschleppen. Wenn es bergauf über Stock und Stein geht, bleibt uns nichts anderes übrig als zu schieben – und zwar uns selbst, die Räder und die Packtaschen.

Neulich im Harz – zum Glück ohne Packtaschen

Das Ergebnis: Die klassischen Radtaschen vorn, auf dem Gepäckträger und hinten kommen für uns nicht in Frage. Die sind nämlich zu schwer und zu sperrig. Für Touren ohne Campingausrüstung reicht uns eine leichte, wasserdichte Hinterrad-Tasche mit Ersatzschuhen, Regensachen und Proviant für jeden und eine Klamottenrolle am Lenker. Mit Campingsachen kommt noch eine Tasche hinten und ein kleiner Tagesrucksack dazu – das müsste reichen.

Unser erster Kurzurlaub in diesem Jahr führt uns mit den Rädern auf den europäischen Fernwanderweg E11 ins Osnabrücker Land. Ein anderes Stück des E11 verläuft nämlich durch unseren neuen Heimatort Seesen, quasi direkt an unserer Haustür vorbei. Und ist es euch nicht auch schon mal so gegangen – Ihr steht auf einem Stück solch eines Weitwanderwegs und denkt euch: „Wie wäre es wohl, wenn man alles hinschmeißen und diesen Weg immer weiter laufen würde, bis Gibraltar/zum Nordkapp/zum Schwarzen Meer?“

Quelle: Wikipedia

Tatsächlich haben wir uns vorgenommen, demnächst die ganze Strecke von Hoek van Holland bis nach Tallinn in Estland abzuradeln. Für den E11 spricht dabei, dass er „nur“ 4700 Kilometer lang ist und durch eher flache Gegenden führt. Der höchste Punkt des Weges liegt sechs Kilometer westlich von unserem Haus im Harz an der „Kalten Birke“, auf lächerlichen 530 Meter Höhe – Da radeln wir einmal wöchentlich nach Feierabend hoch, hahaaa!

Als es an der „Kalten Birke“ neulich noch wirklich kalt war ..

Die europäischen Fernwanderwege sind meist aus vielen bereits bestehenden Wegen zusammengestückelt und sind dazwischen durch lokale Wanderwege oder kleine Landsträßchen verbunden. Für unseren ersten Kurzurlaub dieses Jahr haben wir uns für das 95 Kilometer lange Teilstück auf dem Wittekindsweg über den Kamm des Wiehengebirges entschieden, außerdem für ein Teilstück des Weserberglandwegs. Fußläufig wird der Wittekindsweg traditionell in fünf Tagesetappen gelaufen, aber wir mit den Rädern schaffen wir es hoffentlich in zwei.

Im Vorfeld war uns ein wenig bange. Obwohl der höchste Punkt im Wiehengebirge nur 320 Meter misst, scheint es auf dem Wittekindsweg ordentlich auf und ab zu gehen. Am ersten Tag, so hat meine Wanderapp ermittelt, werden wir 778 Höhenmeter fahrend oder schiebend überwinden müssen, am zweiten Tag gar 1050 Meter. Über 1000 Meter am Tag hoch mit dem Rad – das haben wir bisher noch nicht gestemmt. Wir sind gespannt, ob wir das schaffen werden!

Den Tag zuvor haben wir bei meinen Eltern in Ostwestfalen verbracht. Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Zug nach Osnabrück und fahren gleich los, ohne uns die Stadt anzusehen. Das machen wir dann beim nächsten Mal, wenn wir nach Westen in Richtung Holland fahren.

Durch Parks und rurale, eher flache Landschaft geht es aus dem Stadtgebiet hinaus bis zum Fuß des Wiehengebirges. Pünktlich zum Aufstieg lässt sich die Sonne sehen und wir freuen uns über den ersten richtigen Frühlingstag des Nordens – Letzte Woche noch hätten wir mächtig gefroren!

Die ersten fünfzehn Kilometer verlaufen flach und der Aufstieg zum Kamm des Gebirges ist moderat. Bis jetzt konnten wir fast die komplette Strecke auf dem Sattel bleiben. Deshalb liegen wir gut in der Zeit und können schon bald unsere erste Pause einlegen.

Ein großer Vorteil des Radwanderns ist, dass man nicht soooo sehr auf das Gewicht achten muss. Deshalb gönnen wir uns dieses Mal den Luxus, nicht nur eine Thermoskanne mit Tee, sondern auch eine mit Kaffee mitzunehmen. Bei unserer ersten Pause heute genießt jeder eine üppige Tasse Kaffee und Mutterns Butterstullen.

Im weiteren Verlauf ist der Weg oben auf dem Kamm angenehm zu fahren. Zwar geht es so manches mal rauf und runter, aber die Wegequalität ist gut und die Anstiege sind mäßig steil. Wenn das hier so bleibt, dann schaffen wir die heutige Etappe locker!

Ein bisschen wurzeliger und wilder wird es dann später aber doch. Bei Vehrte hoppeln wir an „Teufels Teigtrog“ vorbei, einem jungsteinzeitlichen Grab. Bei dem Süntelstein handelt es sich um einen hochgestellten Menhir oder Hinkelstein. Wegen der wurzeligen Wege müssen wir absteigen, aber das hätten wir sowieso getan, so interessant finden wir die megalitischen Stätten. Wir dachten, so etwas gäbe es nur noch in England und Irland!

Der Süntelstein

Bei den wurzeligen Wegen müssen wir stets gut aufpassen, auch wenn es bergab geht. Auf asphaltierten Straßen kann man als Radler gerade bei den Bergab-Etappen ordentlich Kilometer schaffen. Bei steinigen steilen oder wurzeligen Passagen klappt das bei uns noch nicht so gut – Wir sind schließlich keine Downhiller!

Unsere „Kaffeepause“, dieses Mal mit Tee, verbringen wir gut gelaunt in der schon warmen Nachmittagssonne. Was haben wir doch für ein Glück – Eigentlich war für heute Regen angesagt!
Friedel hat, wie auf dem Bild zu sehen, seinen Helm nonchalant neben sich auf die Bank gelegt. Zehn Kilometer weiter fällt mir auf, dass er gar keinen Helm auf dem Kopf trägt – Er hat ihn auf der Bank liegen lassen!

Wir diskutieren das Für- und Wider einer Rückkehr zum letzten Pausenplatz und entscheiden uns letztendlich dagegen. Hoffentlich nimmt sich ein anderer Radler des guten Stücks an …

Viel mehr gibt es von dieser ersten, eher geruhsamen Etappe nicht zu erzählen. Es hat uns gut gefallen auf dem Höhenweg durch das Wiehengebirge. Wir haben kaum andere Wanderer oder Biker getroffen, die Sonne wärmte und der Wind wehte nicht zu arg von vorn. Dass es an solch abgelegen Abschnitten wie hier am E11 kaum Unterkünfte gibt, stört uns auch nicht mehr so sehr, seit wir Radler sind. Unser Hotel liegt zwar sechs Kilometer abseits des Weges, aber mit den Rädern sind wir im Nullkommanix da.

Das kleine Dörfchen Buer ziert eine überdimensionale Wehrkirche in seiner Mitte. Der Ring an Fachwerkhäusern rund um die Kirche ist zwar hübsch restauriert, aber sonst hat hier kaum ein Geschäft überlebt. In unserem Gasthof bleibt die Wirtsstube heute leider geschlossen („Personalmangel“ sei die Ursache, so unser Wirt), aber an der Kirche finden wir ein Restaurant mit Edel-Burgern, das heute geöffnet hat. Zum Glück, denn sonst hätte es hier im Ort nur noch den griechischen Schnellimbiss gegeben.

Gut gelaunt beschließen wir bei Burger, Salat und Bier den heutigen Radwandertag. Es freut uns, dass wir die 780 Höhenmeter so gut bewältigt haben. 300 Meter mehr sind es morgen – Viel anstrengender kann es doch nicht werden!

Irrtum, liebe Steffi, Irrtum! 🙂

7 Antworten auf „Radwandern auf dem E11 – Wittekindsweg Teil 1, die Saison ist eröffnet!“

  1. Hallo ihr Zwei
    Radwanderer seid Ihr also jetzt. Ich bin zwar lieber zu Fuss unterwegs aber es tönt zumindest recht entspannt. Ausser man vergisst seinen Helm? Diesen E11 muss ich mir mal anschauen. Könnte was sein für die Zukunft. Ich sitze gerade in einem Motel am Rande des Appalachian Trails. Morgen gehts zurück auf den Weitwanderweg in den Appalachen. Wäre wohl nichts für Fahrräder.
    Liebe Grüsse aus den USA
    Roland alias Swiss

  2. Hallo Roland, wie cool! Das glaube ich auch, dass man auf dem AT schlecht radeln kann. Wir werden dir folgen! Schreibst du auf „Roland Reisen“?

  3. Seid ihr wahnsinnig?! 800 Höhenmeter und mehr? Ich würde sterben. Ich wünsche euch eine tolle Reise mit ganz vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen! 😘

  4. Ist schon gelaufen, ich schreibe diesmal zwei Wochen später. Ich sage nur – mehr als 800 Höhenmeter muss ich nicht haben. Fortsetzung folgt! 😂

  5. Also ehrlich! Da seid ihr bei mir und sagt nicht vorher Bescheid???!!!

    Davon abgesehen gehöre ich zu den Wandrerinnen, die es nicht mögen, dass auf dem Wittekindsweg (oder auch dem Hermannsweg) geradelt wird, da man oft einfach nicht mehr in Ruhe wandern kann bei den ganzen Mountenbikern und Crossradlern, die natürlich schnell sein wollen. wobei ich euch da erstmal für umsichtig halte – so als alte Wanderer.

    Was ist eigentlich mit eurem Projekt Großbritannien?
    Geht es damit nochmal weiter oder habt ihr das komplett abgeschrieben?
    Liebe Grüße!

  6. Ah! Schön, dass du noch mitliest, du treue Seele! 😄
    Auf dem Wittekindsweg gab es kaum Wanderer, als wir da waren. Auf dem Weserberglandweg sind wir dann auf andere Wege ausgewichen. Wir wollten die Wanderer nicht stören und auch nicht immer absteigen. Kompromiss ist angesagt!
    GB ist weiterhin unser Lieblingsland und für nächstes Jahr steht Cape Wrath auf der Liste. Aber diesen Sommer wirf geradelt!
    Und du? Wie sieht es aus mit einer Fortsetzung auf dem SWCP?

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