E11 – Jetzt ist aber Feierabend!

Ariogala nach Šiluva
Gefahren am 10. August 2023
55 km, 495 Höhenmeter

Gestern hatten wir einen sehr schönen Abend auf der Terrasse unseres keinen Häuschens am Fluss Dubysa. Gern wären wir noch ein wenig länger geblieben, aber das Haus war für heute leider nicht verfügbar.

Wir freuen uns, dass der E11 heute noch ein recht langes Stück am Fluss weiter führt. Was aber auf der Karte toll aussieht, entwickelt sich mal wieder zu einem typischen E11-Fiasko – der Weg ist teilweise fast unpassierbar, wir haben eine Furt und weil es keinen durchgehenden Weg durch das Tal gibt, müssen wir die Räder mehrmals aus dem Tal heraus über matschige und steinige Wege nach oben auf die Ebene schieben, um dann im nächsten Dorf wieder nach unten zu holpern. Nach der zweiten Aktionen dieser Art bin ich schon wieder bedient! 🥴

Schön, aber seehr anstrengend…

Insgesamt kann man schon sagen, dass der E11 hier in Litauen in einem besseren Zustand als in Polen ist. Es gibt Wegmarkierungen und wie wir es schon erwähnt haben, wird er hier als „Baltic Forest Trail“ beworben. Aber niemand scheint den Weg hier zu gehen! Wir haben jedenfalls nie andere Wanderer oder Spaziergänger getroffen, nicht einmal, seit wir in Litauen sind!

Ein markierter Weg, da!

Uns wundert das nicht – der Weg ist nämlich nur teilweise schön. Weite Passagen (unserer Schätzung nach mehr als die Hälfte) verläuft an Straßen oder über breite Sand-Schotterwege und führen mitnichten durch den Wald. Das liegt vermutlich daran, dass dieses Land nicht mal drei Millionen Einwohner hat und sehr dünn besiedelt ist. Verbindungswege finden sich nur zwischen den Dörfern und mitunter zwischen Gehöften, im Wald aber gibt es kaum Wege. Und extra einen neuen Weg zu konzipieren, das würde sich für die wenigen wandernden Litauer wohl kaum lohnen …

Links Wald …
rechts Wald …
Und hier der Forest Trail!

So fahren wir also auf dem E11 mal wieder durch eine endlose Weizenwüste nach der anderen und passieren ein ausgestorbenes Dorf nach dem nächsten – und das schon seit Tagen!

Noch ein gravierendes Problem sind für uns die Hunde. Mittlerweile sind wir vor jedem einzeln stehenden Gehöft nervös, wann denn der Hund oder die Hunde auf uns zurasen. Heute Morgen, im Tal der Dubysa, sind es einmal sogar gleich drei der Kläffer, die aggressiv bellend hinter uns her rennen und sich kaum abschütteln lassen. Pro Tag haben wir mittlerweile mindestens zwei Hundeattacken und unser Nervenkostüm wird immer dünner.

Bis jetzt hat uns noch keiner gebissen, was uns eigentlich wundert. Wir rechnen jeden Tag damit, dass es soweit ist. Die Hundeattacke ist für uns heute der Grund, das Dubysa-Tal zu verlassen und auf der Straße weiterzufahren.

Übel ist auch, dass im Gegensatz zu den Polen viele Litauer nicht gerade rücksichtsvoll gegenüber uns Radfahrern sind. Nur wenige reduzieren die Geschwindigkeit, wenn sie uns überholen und scheren bei Gegenverkehr viel zu früh ein. Auf den Sandpisten werden wir mehrmals täglich voll eingestaubt, weil die Autofahrer null Rücksicht auf uns nehmen. Heute trifft uns einmal sogar ein Steinchenregen, als uns ein riesiger Lastwagen im Affenzahn entgegen kommt. Teilweise hat man auch schon versucht, uns von der Straße zu hupen.

Das ist ein Radweg! Es gibt sie!

In den letzten Tagen haben wir immer wieder die Pros und Kontras für einen Ausstieg aus der Tour diskutiert. Nach der Hundeattacke und dem Steine-Regen heute sind wir uns einig, dass wir den Kanal voll haben. Ich persönlich habe einfach nicht mehr den Biss, mich weiter mit dem Rad durch das Dickicht und über steinige Wege zu quälen, Friedel hat absolut keine Lust mehr auf die vielen Straßen und die Hunde. Es wird Zeit, nach Hause zu fahren!

Wir haben vor, in den nächsten drei Tagen über Landstraßen nach Klaipeda zu kommen, um von dort aus die Fähre nach Kiel zu nehmen. Und wir geben zu – nach vier Wochen auf Tour freuen wir uns auch wieder auf unser Zuhause!

Hier in Litauen finden wir über „Booking.com“ kaum noch Hotels. Deshalb übernachten wir heute zum ersten Mal in unserem Leben in einer Pilger-Herberge!

Die berühmte Kirche in Šiluva …
… und ihr gegenüber die Wallfahrts-Kapelle

Interessanterweise sind wir die einzigen Gäste (Litauer pilgern auch nicht? ) und bekommen unser Abendessen schon um 16.30 Uhr serviert. Insgesamt sind wir aber sehr zufrieden – Das Zimmer ist sauber und günstig, das Essen lecker, die Nonnen sehr freundlich und wir haben heute Abend die Herberge und den Garten ganz für uns allein!

4 Antworten auf „E11 – Jetzt ist aber Feierabend!“

  1. Es tut mir schon Leid, dass euer neuestes Abenteuer überwiegend negative Erlebnisse mit sich brachte. Immerhin seid ihr ja keine “Anfänger” und von euren früheren Touren wohl einiges gewohnt. Sehr bedauerlich, dass dieser benamte Weg “E11” sich in einem solchen Zustand befindet und es offensichtlich niemanden interessiert. Ich wünsche euch noch eine gute Zeit und einen schönen Abschluss eurer Tour, den ihr genießen könnt. Liebe Grüße!

  2. Ich kann euch so verstehen! 🫶🏼 Richtig so. Wenn es keinen Spaß macht, sollte man gehen. Das Hunde-Drama wäre auch gar nichts für mich 🙈 Kommt heile nach Hause! 😘

  3. Danke! Wir wollen nichts beweisen, wir wollen Spaß haben. Und hier überwiegt einfach die Negativ-Seite. Da geh ich doch lieber auf den Weserbergland-Weg! (um mal ein Beispiel zu nennen .. )😉 Bis bald! 😍

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