Harzer Stempeltour Tag 3: Stempeln ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!

Harzer Stempeltour westlich von Trautenstein: 2 Stempel
Gelaufen am 8. Juni 2023

So! Im Südosten des Harzes haben wir nun alle Stempelstellen abgegrast, aber in der Mitte fehlen uns noch einige. Für unseren Rückreisetag haben wir uns zwei etwas abgelegene Stempelstellen ausgesucht, den Kapitelsberg und das “Ehemalige Forsthaus Grüntal”.

Die Website der Harzer Wandernadel ist voll des Lobes, was den Kapitelsberg angeht – die Rede ist von einer “wunderschönen Schutzhütte” und einem großen beschlagenen Holzkreuz, von wo man einen “wunderbaren Blick” auf das Tal der Warmen Bode und den dahinter liegenden Wurmberg und den Brocken habe. Wohlan, so schreiten wir denn schon am frühen Morgen im Nieselregen wacker voran, einem weiteren Kleinod des Harzes entgegen!

Wir parken auf dem Parkplatz vor dem Dorfgemeinschaftshaus in Trautenstein. Der Platz wie auch der ganze Ort machen auf uns einen lebendigen und gepflegten Eindruck – ganz im Gegenteil zu dem Ort, in dem wir nun zwei Tage genächtigt haben. Dort hat mittlerweile fast jede Pension geschlossen, der Supermarkt auch und die Gehsteige sind staubig oder mit Gras zugewachsen. Der Ramberg-Garten in Friedrichsbrunn ist nur noch eine zugewachsene Wiese und der Ort ist – tot!

Trautenstein ist da kleiner, aber wesentlich hübscher. Direkt am Dorfgemeinschaftshaus beginnt unser Weg an der Rappbode entlang, namensgebendes Flüsschen für die nahegelegene Talsperre. Der Morgen ist diesig und grau, aber in der Flussaue gefällt es uns trotzdem sehr gut. Fotogenes Wetter, finden wir!

Am Weg finden sich zahlreiche interessante Höhlen und alte Bergwerksstollen, die ich als alter Höhlenfan natürlich gern erkunden möchte. Nähere ich mich aber den Höhleneingängen, schlagen mich jedes Mal Millionen von Mücken in die Flucht. Dann eben nicht!

Wunderschön ist es am Vorbecken der Rappode-Talsperre. Diese ist der eigentlichen Talsperre vorgelagert und viel kleiner als der Stausee. Auf der anderen Seeseite stehen ein paar pittoreske Felsen am Wasser, die sich hübsch im stillen Wasser spiegeln. Wir sind sehr angetan von dem romantischen Gewässer!

Viele Wanderer lassen sich ja von den abgestorbenen Bäumen im Harz abschrecken. Wir finden jedoch, dass die Baumleichen auch einen gewissen morbiden Charme ausstrahlen. Der Wald wirkt so viel wilder. Auch freuen wir uns darüber, dass mittlerweile so viele junge Bäume nachwachsen. An manchen Stellen im Harz sieht es allerdings noch richtig schlimm aus. Aber das wird schon wieder, man sieht es schon!

Als wir der Rappbode-Talsperre den Rücken kehren, wird es leider langweiliger. Auf breiten Schotterwegen traben wir durch eine eher trübselige Landschaft. Fast alle toten Bäume wurden gefällt und die Stümpfe stehen gelassen. Da hilft auch der Blick auf den Brocken nicht!

Kurz vor der Stempelstelle Kapitelsberg wird es wieder ein wenig schöner – Uns gefällt die heideartige Landschaft und am Wegesrand blühen die größten Wolfsmilchgewächse, die ich bisher gesehen habe!

Wir sind froh, dass der Himmel heute so wolkenverhangen ist. Wir ziehen die Regenjacken an, wieder aus, wieder an, wieder aus, aber immerhin braten wir hier in dieser baumlosen Steppe nicht in der Sonne!

Der Weg zur Hütte am Kapitelsberg zieht sich und war früher, als hier noch Wald stand, bestimmt viel schöner. Die Hütte an der Stempelstelle ist in der Tat ein Schmuckstück und der Blick vom Fels grandios. Aber abgelegen ist dieser Stempelkasten, wahrhaft abgelegen!

Öde ist der Rückweg nach Trautenstein, wo wir unterwegs noch den Stempel am Forsthaus Grüntal einsammeln. Endlos traben wir über Asphalt und Schotter durch die Baumstumpf-Wüste. Manchmal bedeutet das Wanderhobby Arbeit, Arbeit, Arbeit!

Auch sehnen wir uns innigst nach einer Bank, um unsere müden Knochen auszuruhen und in Ruhe einen Schluck Kaffee aus unserer Themoskanne zu schlürfen. Aber mittlerweile regnet es richtig und an der Stempelstelle “Ehemaliges Forsthaus Grüntal” gibt es wirklich nichts zu sehen: Ein privat bewohntes Spitzdach-Haus, keine Aussicht, nicht mal eine Bank!

Wir hatten ja schon einige Stempelstellen, bei denen wir dachten, warum sie es wohl in den Katalog der ausgewählten Harz-Sehenswürdigkeiten geschafft haben. Aber hier sind wir uns absolut einig – dies ist die bisher blödeste Stempelstelle von allen!

Den Rückweg versüßen wir uns mit Diskussionen über die schönste Stempelstelle. Viele fallen uns ein und spontan können wir uns auf keinen Spitzenreiter festlegen. Die tollen Plätze sind zum Glück ganz klar in der Überzahl!

Am Ende müssen wir sogar noch einen Kilometer an der Straße entlang laufen. Zum Glück ist heute an einem Donnerstagmittag der Verkehr nur mäßig, denn einen Fußweg gibt es nicht und der Grünstreifen an der Fahrbahn ist komplett zugewuchert.

Unsere Pause bekommen wir erst auf einer Bank vor dem netten Dorfgemeinschaftshaus. Hier gibt es sogar einen “Tante-Emma-Automaten” mit Snacks und lokalen Wurstwaren. Wir ziehen uns hier zwei Schokoriegel und schon ist die Welt wieder in Ordnung.

Eine schöne und eine blöde Stempelstelle und noch ein halber Tag auf der Terrasse zuhause – insgesamt sind wir zufrieden!

Ein See

Harzer Stempeltour Tag 2 – Immerhin fünf Stempel!

Durch den Wald östlich von Friedrichsbrunn: 5 Stempel, 18 Kilometer

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Wandern und Radfahren ist, dass man sich beim Wandern viel besser auf Details in der Landschaft konzentrieren kann. Gleich am Anfang unserer Tour heute, von unserer Unterkunft in Richtung der Stempelstelle Laubtalblick, tauschen wir uns darüber aus. Der Wald heute ist dunkel und hat einen Unterbewuchs in vielen, schillernden Grüntönen. Friedel versucht das fotografisch einzufangen, aber zum Fotografieren ist es zu dunkel!

Mit dem Rad wären wir schneller unterwegs und hätten diesen Blick für‘s Detail vermutlich nicht. Vermutlich hätten wir auch den entzückenden Feuersalamander übersehen, der – süß ungeschickt – versucht, sich vor uns in Sicherheit zu bringen. Wir lieben diese Kriecher!

Weniger spektakulär als der Salamander ist unsere erste Stempelstelle, der Laubtalblick. Die Bank an der Stempelstelle ist zu Ehren eines Harzklub-Funktionärs zwar sehr aufwändig gestaltet, aber der Blick auf das Laubtal ist wenig erhebend. Wir blicken auf – eine flache Wiese!

Bank am Laubtalblick

Noch ein Unterschied zwischen Wandern und Radeln ist, dass man mit dem Rad kilometerlange, breite und absolut langweilige Schotterpisten wesentlich schneller hinter sich bringen kann als zu Fuß. Leider haben wir heute keine Räder dabei und so knirschen wir kilometerlang vor uns dahin. Da helfen auch diverse Stauteiche nicht, die es hier gibt, die aber bei uns im Oberharz schöner sind – finden wir.

Am Bergrat-Müller-Müller-Teich: Stempelstelle Nummer 2 für heute

Auch die dritte Stempelstelle, die große Teufelsmühle, reißt uns nicht vom Hocker. Der Fels ist recht hübsch anzuschauen, aber auch da haben wir schon tollere gesehen, auch wenn sie nicht durch einen Stempelkasten veredelt wurden. Nun ja, auch das ist vermutlich Geschmackssache!

Große Teufelsmühle
Kleine Teufelsmühle

Stempelstelle 4 ist ein lächerliches Denkmal ohne landschaftlichen Reiz. An der Stelle wurde der letzte Bär in Anhalt erlegt. Toll! 🙁

Auch die letzte Stempelstelle, der Bremer Teich, erweist sich für uns eher als enttäuschend. Der Teich ist wenig interessant, aber am Kiosk des angrenzenden Campingplatzes gönnen wir uns ein Eis am Stiel – wow!

Auf dem langen Weg zurück zu unserer Unterkunft – ganz ohne Stempelei – haben wir jedoch eine Begegnung der ganz besonderen Art: Uns läuft eine Rotte Wildschweine über den Weg. 30 Meter vor uns starrt uns ein großer Keiler an und Frischlinge flüchten ins Unterholz. Augenblicklich erstarren wir in einer Schrecksekunde – hüben wir drüben. Schließlich wirft der Keiler den Kopf nach oben, grunzt einmal laut und macht sich vom Acker – und mit ihm die ganze Schweinehorde. Puh, das hatten wir auch noch nicht!

Überwucherter Pausenplatz – hier haben wir trotzdem gesessen!

Fazit des heutigen Wandertages: Diese breiten, geschotterten Wanderwege durch einen eher ruralen Harz sind nicht so unser Ding. Auch die Stempelstellen heute haben uns nicht besonders begeistert. Wieder einmal haben wir uns unterwegs gefragt, was die ursprünglichen Kriterien für die Auswahl der Stempelstellen waren. Teiche, Denkmäler und Felsen gibt es tollere im Harz. Aber nun ja … wir waren im Wald unterwegs, haben weitere Stempel gesammelt und Salamander und Wildschweine gesehen – Da wollen wir uns mal besinnen und nicht weiter meckern!

Der Charme der Vorsaison – Endlich wieder stempeln!

Auf Stempeltour rund um Gernrode – 4 Stempel, 17 Kilometer

Friedel und ich haben mit Schrecken festgestellt, dass wir 2023 zwar schon wandern, aber noch nicht stempeln waren. Bei uns im Oberharz haben wir nämlich schon alle Stempelstellen abgegrast – bei einigen waren wir sogar schon mehrmals. Außerdem hat uns das Fahrradfah-ren vom Wandern abgelenkt.

Die noch verbleibenden rund 50 Stempelstellen liegen weiter entfernt, zum Beispiel im Ostharz. Für einen Wandertag wollen wir aber nicht drei Stunden im Auto sitzen, deshalb haben wir uns heute gleich für zwei Nächte in eine Ferienwohnanlage in Friedrichsbrunn eingemietet. Dem Resturlaub und den günstigen Tarifen in der Vorsaison sei es gedankt!

Denn so geht das ja nicht – so wird das nie was mit dem Wanderkaiser!

An der Vorburg der Lauenburg

Heute sind die vier Stempelstellen bei Gernrode dran: Die Lauenburg, der Preußenturm, der Försterblick und der Anhaltinische Stein. Friedel meinte eben, er wisse gar nicht, was man von der Tour heute groß erzählen könne – Da hat er vollkommen recht!

An der Lauenburg

Viel zu schreiben gibt es auch nicht. Wir wandern bei warmem, aber ein wenig regnerischem Wetter eine gemütliche Runde durch gemischten Eichen- und Kiefernwald. Der Boden hier ist recht sandig und die Landschaft ist anders als bei uns im Oberharz – irgendwie sind die Bäume verkrüppelter, der Unterbewuchs ist grasiger, alles irgendwie „stuppig“ – uns gefällt‘s!

An der Lauenburg beeindruckt uns ein Baum, der sich quer über den alten Burgzugang breit gemacht hat. Sowas haben wir noch nicht gesehen!

Das ist der erste Superlativ heute. Der zweite ist einer der steilsten Wege, die wir je geklettert sind, Dieser Weg zum Försterblick ist einfach unverschämt!

Oben werden wir aber mit einem phantastischen Blick auf das waldige Tal unter uns belohnt. Das finde ich schöner als den Blick auf Gernrode, für den der Aussichtspunkt eigentlich bekannt ist!

Spätestens bei dem mörderischen Anstieg wird mir klar, dass es meinem Fuß wieder gut geht. Friedel hat mich heute morgen getaped und ich bin sehr vorsichtig. Aber diese mörderische Strecke hätte ich mir heute morgen noch nicht zugetraut. Man wächst mit seinen Aufgaben!

Am Anhaltinischen Saalstein

Die letzte Stempelstelle ist der Anhaltinische Saalstein“, eine markante Felsformation über dem „Kalten Tal“. Auf der ehemals preußischen Seite des Tals soll es sein Gegenstück geben, den „Preußischen Saalstein“. Den sehen wir heute aber nicht und der hat auch keinen Stempelkasten.

Der Anhaltinische Saalstein

So sind wir am Ende des Tages doch recht zufrieden mit unserem ersten Wandertag heute. Und nun hatten wir doch noch was zu erzählen!

Nordseeküstenradweg von Brunsbüttel nach Otterndorf

75 Kilometer, 113 Höhenmeter
Gefahren am 24. Mai 2023

Die Qualität einer Wanderung oder eines Radwegs bemisst sich bei uns an einem elementaren Faktor: Wie viele Fotos haben wir gemacht?

Wenn wir nur wenig fotografieren, liegt das meist daran, dass a) das Wetter sehr schlecht oder b) die Strecke saulangweilig ist. Zum Gähnen bringen uns natürlich auch Wiederholungen bei Elementen in der Landschaft, die uns vor Tagen noch begeistert hätten, aber mittlerweile für uns keine Besonderheit mehr darstellen. So haben wir heute zum Beispiel kein einziges Friesenhaus mit Reetdach mehr fotografiert, obwohl wir einige sehr schöne gesehen haben. In ihrer ständigen Wiederholung werden sie langweilig!

Auch gibt es heute kein irrisierendes Lichtspiel im Strandhafer oder im Weizen zu betrachten. Das Wetter heute ist grau, hellgrau, mittelgrau, etappenweise mit Nieselregen, da ist nix mit Lichtspielen!

Am Morgen radeln wir frisch und munter zum Brunsbüttler Hafen herunter und gucken doof, als unser Radweg plötzlich an einer Fährstation mündet. Wir wundern uns, das wir die Elbe hier schon überqueren können. Eine genauere Nachfrage bei dem freundlichen Mann mit der gelben Weste ergibt jedoch, dass es sich bei dem breiten, vor uns liegenden Gewässer mitnichten um die Elbe handelt, sondern nur um den Nord-Ostsee-Kanal. Den müssten wir auf jeden Fall überqueren, sonst kämen wir nicht zur Elbfähre nach Glückstadt. Nun denn, ihr Landratten!

Nach der kurzen Überfahrt radeln wir die Elbe landeinwärts, meistens hinter dem Deich. Grünes, Gras, Schafe, vollgekotete Wege. Wenn wir mal einen Blick auf die Elbe erhaschen, ist der Eindruck gewaltig – die Elbe ist hier breiter als der Bodensee!

Das Highlight des Tages ist dann die Elbüberquerung per Fähre von Glückstadt nach Wischhafen. Sie dauert 25 Minuten. Danach sind wir so durchgefroren, dass wir am anderen Ufer unbedingt einkehren müssen und uns bei Fischbrötchen und einem Becher Kaffee aufwärmen.

Hier knicken wir ein und checken die Optionen bei booking.com. Es gibt zwei recht teure und ein akzeptables Hotel in Otterndorf. Das letzte verfügbare Zimmer im billigen Gasthof ist im Nullkommanix gebucht!

Friedel denkt, dass ich gerne campe. Das stimmt prinzipiell schon – aber doch nicht bei 13 Grad und Nieselregen und mit Blick auf ein Knaus-Sun-Wohnmobil statt auf eine Bergkette in den Schottischen Highlands!

Nach der Fährfahrt geht es die Elbe wieder rauf. GEGEN DEN WIND! Zwar weht der heute nicht so stark wie gestern, aber beträchtlich, beträchtlich. Da ist ja gerade das Fiese: Wäre der Wind so richtig gemein, würden wir die Tour verkürzen, aber so strampeln wir stramm weiter.

Meistens radeln wir hinter dem Elbdamm, also „achter Diek“: Wir passieren eine Reetdachvilla nach der anderen. Neid kommt bei uns aber keiner auf, denn wir wissen: VOR dem Deich lauert die gähnende Leere. Einmal wagen wir uns trotzdem in das „vor dem Deich“. Acht Kilometer radeln wir im strammen Gegenwind durch eine komplett reizarme Landschaft – So etwas gibt es sonst vermutlich nur in den amerikanischen Panhandles oder in der Inneren Mongolei! Von der Elbe sehen wir nichts – aber hinter den Rapsfeldern und dem Schilfgraben tauchen immer wieder gespenstische riesenhafte Schiffe im Dunst auf!

Wir merken: Es reicht uns. Ohne Groll beschließen wir – mit Aussicht auf den Pfingstverkehr bei der Deutschen Bahn – dass wir morgen nur noch bis Cuxhaven radeln und dann nach Hause fahren. In etwa sechs Wochen werden wir wieder unterwegs sein, das macht uns die Entscheidung leicht. Zuhause lege ich aber den Fuß hoch!

Nordseeküstenradweg von Tönning nach Brunsbüttel – Gottseidank mit Rückenwind!

87 Kilometer, 306 Höhenmeter
Gefahren am 23 Mai 2023

In der Nacht hat es ordentlich gestürmt und geregnet und wir sind froh, das wir nicht draußen schlafen mussten.

Für heute ist besseres Wetter angesagt, aber davon merken wir morgens erst mal nichts. Wir starten im Nieselregen und es stürmt!

Tönning Hafen

Bei starkem Gegenwind kämpfen wir uns südwestlich aus Tönning heraus. Na, das kann ja heiter werden heute! Wir kommen kaum von der Stelle und schweinekalt ist es auch noch.

Mit Bedacht haben wir für heute Abend noch keine Unterkunft gebucht. Wenn das hier weiter so stürmt, kehren wir um oder fahren nur 35 Kilometer bis Büsum, nehmen wir uns vor.

Auf der riesigen Staumauer des Eider-Ästuars kommt uns eine dänische Reisegruppe zu Fuß entgegen. Alle sind tief in ihre Kapuzen vermummt und verziehen die Gesichter. Es gibt noch andere Verrückte außer uns, die bei dem Wetter unterwegs sind!

Wunderweise haben wir aber mit unserer Richtungsänderung nach Süden plötzlich Rückenwind. Wir fliegen förmlich über den Deich, müssen nicht mal treten und rollen mit 22kmh einfach weiter!

Wie gestern gibt es nicht viel zu sehen. Gras, Deich, Schafe, Feuchtwiesen. Die Besichtigung von Büsums Innenstadt lassen wir aus, es ist einfach zu ungemütlich. Dafür gönnen wir uns einen Kaffee und Käsebrötchen in einer Bäckerei.

Beim Meldorfer Hafen verlassen wir die Küste und fahren landeinwärts. Sofort ändert sich die Landschaft. Wald! Hügel! Feldblumen!

Gegen Mittag beschließen wir, dass wir heute wieder nicht campen wollen. Es ist einfach zu windig und zu ungemütlich. Zwar lässt sich ab und zu mal die Sonne kurz blicken, aber insgesamt sind die Bedingungen nicht ideal.

Die spontan über booking gebuchte kleine Ferienwohnung in Brunsbüttel ist mal wieder ein echter Glücksgriff. Es ist so gemütlich hier, dass wir beschließen, heute „zuhause“ zu essen und den Abend auf dem Sofa zu verlümmeln. Immerhin schaffen wir es noch, kurz mal auf den Deich zu steigen und zu schauen, ob es dahinter Wasser gibt.

Gibt es!

Nordseeküstenradweg von Dagebüll nach Tönning – Unendliche Weiden!

Schiffswrack mit Hallig

84 Kilometer und irrsinnige 73 Höhenmeter
Gefahren am 22. Mai 2023

Wer auf diesem Abschnitt des Nordseeküstenradwegs unterwegs ist, braucht Geduld, Ausdauer und viel Sinn für´s Detail!

Für heute Nachmittag gibt es eine Wetterwarnung: Sturmböen, Starkregen und Gewitter ab 15:00 Uhr. Für uns ein Grund, doch wieder ein Last-Minute-Hotelzimmer zu buchen und heute mal nicht zu bummeln.

Der alte Leuchtturm in Dagebüll ist das letzte größere Gebäude für die nächsten 40 Kilometer. Wir fahren auf glatten, aber ziemlich zugesprenkelten Wegen immer vor oder hinter dem Deich, umgeben von tausenden Schafen und … Gras!

Beim Radeln in eher reizarmer Umgebung fallen einem kleine Details in der Flora und Fauna auf. Die Schafe dieser Weide sehen ein wenig anders aus als die zuvor. Es gibt die bräunlicheren oder beigeren, die mit längeren Gesichtern oder die mit schweine-ähnlicher Statur. Die einen sind neugierig, die anderen eher teilnahmslos. Dann gibt es die mit den großen Ohren, die fast intelligent aussehen – man sieht sie fast immer nur von Weitem. Aber fast allen ist gemein, dass sie immer fressen und wenig scheu sind, ganz anders als die schottischen Schafe oder die aus Yorkshire!

Ein Stück England in Nordfriesland ..

Unterschiedlich sind auch die vielen Nuancen der Feuchtwiesen, die wir passieren: Die einen sind grün und der Bewuchs eher zart, die anderen sind bräunlich und besenartig. Es gibt auch üppige, mit Sumpfgras bewachsene. Nur eins sehen wir nicht – das Meer!

In der Ferne erkennen wir ein paar dunkle Erhebungen, wie Schiffe, am Horizont – das sind die Halligen und deren Gehöfte, auf Warften angelegt. Auf die Hallig Neuwarft führt sogar eine Transportbahn, deren Schienen wir überqueren. Wow!

Alle etwa 800 Meter gibt es ein Schafgatter, dass es zu öffnen und zu durchfahren gilt. Eine willkommene Abwechslung, die verhindert, dass wir uns in der Kontemplation verlieren. Quietsch, Krach, hallo wach! Es sind etwa dreißig, bis ich mit den Zählen aufhöre.

Das alles klingt sehr negativ, aber das ist es nicht. Bei angenehmen Temperaturen radeln wir nahezu mühelos dahin, der Wind hält uns nur etappenweise auf. Vielmehr kühlt er angenehm, wo es streckenweise recht schwül ist. Jede(r) hängt seinen eigenen Gedanken nach und Autos und andere Lärmquellen gibt es kaum. Hin und wieder umschwirren uns Schwalben oder Lerchen und die Schafe blöken in unterschiedlichsten Stimm-Varianten.

Husum

Eine unwillkommene Unterbrechung ist Husum. Eigentlich ist die Stadt ganz nett, aber sie ist dem Flow hinderlich. Gut genug für einen Einkauf und eine A-Pause mit Kaffee on the fly. Weiter geht‘s zurück an den Deich!

Bis Tönning sehen wir kein Meerwasser. Wir passieren Priele, Siele und Brackwasser-Seen, auch Abschnitte mit klassischem Watt. Da habe ich hier eine tolle Strecke ausbaldowert, aber die Tide nicht beachtet!

Tönning

Tönning ist ein nettes Örtchen, das wir jedoch komplett im Regen erleben, Immerhin haben wir den Ort noch vor dem Starkregen erreicht.

Fazit des heutigen Tages: Tolle Tour, aber bitte nicht jeden Tag. Ein bisschen abwechslungsreicher sollte es auf Dauer schon sein …

Auf dem Festland kurz vor Tönning

Querfeldein von der Ostsee zur Nordsee – Nur fliegen ist schneller!

Flensburg nach Dagebüll, 62 Kilometer, 170 Höhenmeter
Gefahren am 21. Mai 2023

Heute ist das Fahrgefühl so, wie wir uns das Radeln im Hohen Norden vorgestellt haben. Es ist flach, flacher, am flachsten und einmal angefahren, heißt es nur noch Rollen!

Den einzigen nennenswerten Anstieg heute haben wir direkt in Flensburg. Nach dem Hafen geht es einmal ordentlich bergauf und dann nur noch runter. Der Hafen ist heute am Sonntagmorgen übrigens wesentlich ruhiger als gestern!

Interessant ist, dass uns auf flachen und asphaltierten Routen immer sehr schnell der Hintern wehtut. Alle 20 Kilometer müssen wir mindestens eine „Arschpause“ machen. Da es sich hier um keine touristische Strecke handelt, ist es nicht so einfach, Pausenplätze zu finden. So rasten wir auf dem Dorfplatz von Medelby und an einer Bushaltestelle im Nirgendwo zwischen Medelby und Niebüll.

Medelby
Pause 2

Wegequalität heute: Landstraßen, wenig befahren, ohne Radweg. Landstraßen, mehr befahren, mit hubbeligen bis sehr hubbeligen Radwegen (Shame on Osterby!).
Einspurige geteerte Wege zwischen Gehöften (unsere Favoriten!) oder die von uns weniger geschätzten Sandwege mit Feinkies-Einlage (uhhhh!). Aber für alle gilt – bitte schnurgerade!

An einer Stelle haben wir links Deutschland und rechts Dänemark, die EU-Binnengrenze mit einem einfachen Metallzaun gesichert. Friedel hält’s für einen Grundstückszaun, aber mitten zwischen den Feldern? 🙂

Aufgrund der eher langweiligen Landschaft müssten wir heute eigentlich heute mauliger als gestern sein. Dem ist aber nicht so – Es gibt kaum Autoverkehr, der Wind weht genau so, dass man es als angenehm empfindet und auf den Feinkies-Wegen geht es im Gegensatz zu gestern nicht bergauf!

Außerdem ist die Jahreszeit einfach ideal, um auch eher reizärmere Landschaften genießen zu können: Von links duftet der Flieder, von rechts der Raps und das eine oder andere Friesenhaus mit Reetdach entzückt. Je näher wir der Nordseeküste kommen, desto größer übrigens der Anteil an Bauernhöfen mit diesen Schilfdächern.

Zweisprachige Ortsschilder verraten uns übrigens, dass wir im Land der dänischen Minderheit und der Nordfriesen in Deutschland unterwegs sind. Das ist nicht dasselbe! Der Landkreis Nordfriesland ist mit fünf Sprachen der sprachenreichste in Deutschland. Das Herz der Linguistin hüpft!
Hier heißen alle Jenssen, Petersen, Olsen oder Almquist. Dagebüll heißt übrigens auch Doogebel, auf Nordfriesisch.

In Niebüll gibt es die Kaffeepause in einem Café mit Kuchen heute schon um eins und wir dehnen sie lange aus. Sooo früh wollen wir heute auch nicht am Ziel ankommen!

Dagebüll ist in erster Linie der Fährhafen nach Amrum und Föhr plus ein paar Hotels, einer wildwestartigen Restaurant -, Läden- und Fischbudenmeile und einem Ferienhauspark. Wir hatten erwogen, hier zu campen, aber bei näherer Recherche erwies sich der Campingplatz als parzellierter Wohnwagenpark, wenig ansprechend für uns Zeltcamper. Da habe ich uns kurzerhand über „booking-com“ in ein Hotelzimmer gebucht. Wie campen geht, das wissen wir ja schon! 🙂

Wir schieben uns und die Fahrräder zum Fähr-Terminal, einmal über den Deich und einmal über die Restaurant-Meile. Es ist gerade Flut und Strand gibt es keinen. Vielleicht später?

Da gibt es nichts anderes als chillen im Hotelzimmer, immerhin mit Meerblick. Das Zimmer ist wesentlich billiger als das gestern in Flensburg, bietet aber ungleich mehr für das Geld. So gibt es immer wieder Überraschungen!

Stilecht suchen wir uns für den Abend das ausgewiesene Fischrestaurant im Ort aus. Auch hier – ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Fast wie vor Corona! Nicht schlecht, dieser Transit-Tag!

Oktober 2022 – ein Sommermärchen!

Auf dem Hexenstieg über Elend-Schierke-Königshütte-Elend: 21 Kilometer und 5 Stempel
Gelaufen am 29. Oktober 2022

Der Herbst und insbesondere der “Goldene Oktober” ist doch die beste Jahreszeit zum Wandern – Ich sag’s ja schon immer!
Jedoch können wir uns nicht erinnern, dass wir Ende Oktober schon mal im T-Shirt unterwegs waren und trotzdem ins Schwitzen gekommen sind. Unglaublich, aber wahr!

Unsere heutige Tour beginnt in Elend – ja Elend! Wir finden keine Informationen darüber, wie Elend zu seinem unrühmlichen Namen kam. Her sieht es jedoch nicht schlechter aus als in vielen anderen Harzorten und rund um den Ort gibt es grüne und intakte Wälder – eigentlich ist es ganz hübsch hier!

Von Elend aus wandern wir über die “Alte Rodelbahn” in Richtung Schierke. Da waren wir schon mal, konnten aber nur die Stempelstellen westlich von Schierke anlaufen. Eine auf der östlichen Seite des Tals blieb beim letzten Mal übrig – die “Helenenruh”. Die Felsformation mit Aussicht sieht heute, mit dem vielen herbstlich gefärbten Bäumen und Gräsern, geradezu unwirklich schön aus!

In den Ort Schierke steigen wir nicht ab, aber der Weg führt uns am höhergelegenen Bahnhof vorbei. Schon zuhause haben wir gehofft, dass wir heute die Brockenbahn mal aus der Nähe sehen können. Unsere Erwartungen werden noch übertroffen, denn in Schierke begegnen sich heute Morgen gleich zwei der nostalgischen Bahnen!

Die Gegend um Schierke ist leider besonders stark vom Baumsterben im Harz betroffen. Einen großen Vorteil hat die Sache aber – Man kann die vielen Felsen und Findlinge um den Ort herum viel besser erkennen, als wenn alles von Wald umgeben wäre!

Die Feuerstein-Klippen bei Schierke finden wir mindestens genauso interessant wie die Felsen am Ahrensklint. An letzteren sind aber viel mehr Leute. Vielleicht liegt es daran, dass die Ahrensklinter Felsen am Hexenstieg liegen, einem vielfrequentierten Wanderweg. Außerdem befindet sich hier eine Stempelstelle und man kann die Klippen besteigen. An diesem schönen Herbsttag sind hier sehr viele Wanderer unterwegs, sodass wir uns in eine Schlange einreihen müssen, um die Felsen zu erklimmen.

Wir machen es trotzdem. Der Blick von oben zurück auf das Schierker Tal lohnt das Gedränge!

Am Trudenstein haben wir dann aber genug von Felsen. Den Stempel nehmen wir hier mit, aber die Klippe lassen wir rechts liegen. Nochmal in eine Schlange einreihen wollen wir uns nicht!

Hier in Niedersachsen ist am Montag ein Feiertag und somit haben die Niedersachsener ein langes Wochenende. Dementsprechend viele Menschen sind heute unterwegs. Das nächste Mal, so nehmen wir uns vor, suchen wir so an solch geschäftigen Tagen einen einsameren Harzabschnitt aus. Mittlerweile kennen wir uns hier ja auch schon ganz gut aus. 🙂

Wir freuen uns, dass kurz vor dem Hohnehof gerade eine Picknickbank frei wird. Alle anderen davor waren bereits besetzt.

Als wir gerade unsere Brote mümmeln, kommt ein schwerbepackter älterer Wanderer direkt auf uns zu. Ojeeee! Friedel und ich sind ja unterwegs nicht gerade kontaktfreudig und mussten im Schwäbischen immer befürchten, Pausenbänke mit anderen teilen zu müssen. Die Schwaben sind da nämlich hemmungslos – die setzen sich einfach dazu!

Der ältere Herr will sich jedoch nur seine Jacke ausziehen, bevor er sich an den Aufstieg zur Zeterklippe macht. Dort, so erzählt er uns, habe er einen Stammplatz, um “wild”zu übernachten. Es gäbe dort sogar eine Felsplatte, um am Abend ein romantisches Feuer zu entfachen. “Echt?” fragen wir und sind gleich fasziniert “Ist das im Nationalpark nicht strengstens verboten?”
Natürlich sei es nicht erlaubt, erzählt er uns. Man dürfe sich halt nicht erwischen lassen und der Blick auf den Brocken im Abendlicht sei von dort aus einfach phänomenal.

“Ey wow!” denken wir. Wäre das nicht ein tolle Aktion, um seinen letzten Stempel vor dem Wanderkaiser zu erwerben? Noch haben wir ja noch einige Stempelstellen zu erwandern, aber wir stellen uns vor, dass solch eine Aktion doch ein toller Abschluss wäre. Vielleicht schaffen wir das ja 2023?

Die vierte Stempelstelle heute ist der Hohnehof. Das Natur-Erlebnis-Zentrum versteht sich als Bindeglied zwischen Kulturlandschaft und Wildnis. Schön, aber im Café und auf der Terrasse ist es dort einfach nur voll!

Noch voller ist es am Parkplatz “Drei Annen Hohne”, wo die Biker in Scharen für “Kukkis Erbsensuppe” anstehen. Erst zuhause haben wir gelesen, dass “Kukkis” überregional bekannt ist für seine Suppe und mittlerweile wohl Millionen damit verdient hat. Nun, vielleicht probieren wir die Suppe beim nächsten Mal …

Wir schlagen uns gleich nach dem großen Parkplatz in die Büsche und freuen uns, dem Gewimmel entkommen zu sein. Und im Steinbachtal wird es noch mal richtig schön!

Hier kommen wir eigentlich nur durch, um die Stempelstelle “Königshütter Wasserfall” zu erreichen. Wie schon so oft erkennen wir, dass uns die Abschnitte zwischen den Stempelstellen oft viel besser gefallen als die Stempelstellen selbst. Wenn wir nur den jeweils nächsten Parkplatz anfahren würden und direkt zu den Kästen eilen würden, hätten wir all die schönen Plätze vorher und nachher nie gesehen. Die Stempelstellen selbst sind jedoch nicht immer nach unserem Geschmack. Den künstlich angelegte Königshütter Wasserfall, auch noch direkt an der Straße gelegen, finden wir jedenfalls eher blöd.

Viel besser ist der Weg zurück nach Elend, an der Mandelholztalsperre entlang. Die Talsperre ist im Vergleich zu vielen anderen im Harz eher klein und führt noch dazu momentan nur wenig Wasser. Trotzdem finden wir den Wegabschnitt an der Talsperre entlang sehr schön. Der Pfad ist schmal und wurzelig und führt durch Nadelwald mit schönem Unterbewuchs. Auch das wasserlose Bett der Talsperre hat einen spröden, aber irgendwie besonderen Charme.

Der Stausee wird von der “Kalten Bode” gespeist, an deren Ufer wir bis zu unserem Parkplatz zurück nach Elend laufen. Hier gibt es zwar keine Stempel mehr zu holen, aber das romantische Flusstal bildet einen sehr schönen Abschluss unseres Wandertags.

Mal wieder sind wir begeistert davon, wie vielfältig der Harz ist und wie viele unterschiedliche Landschaften man an nur einem Wandertag erleben kann. Wir gut, dass wir noch 80 Stempelstellen vor uns haben!

Glanz und Elend des Selketals

Auf dem Selketalstieg von Mägdesprung über Harzgerode und Alexisbad und zurück.
Gelaufen am 20. Oktober 2022, 23 Kilometer und vier Stempel

Landschaftlich war das heute eine tolle Tour!
An unserem Regen-Wandertag sind wir ja auch schon ein Stück an der Selke gewandert, aber das Flusstal bei Meisdorf hat uns da nicht so von den Puschen gehauen. Das Tal ist da schon sehr breit und der Wanderweg führt selten direkt am Fluss vorbei.

In Mägdesprung aber führt der Wanderweg aber direkt am Fluss entlang, durch eine enge Schlucht. Heute Morgen ist es mal wieder ziemlich kalt und wir ohrfeigen uns gegenseitig dafür, dass wir nicht am Mütze und Handschuhe gedacht haben. Da hilft nur Warmlaufen und die Hände tief in die Taschen zu schieben.

Friedel war heute Morgen besorgt, dass ich die 23 Kilometer mit 500 Höhenmetern heute nicht schaffen würde. Aber mein Knie hält sich heute wacker, auch wenn ich im späteren Verlauf des Tages bergab wieder ein wenig hinken muss. Im Vergleich zu gestern geht es meinen Gräten jedoch erstaunlich gut!
Vor Jahren habe ich mir beim Skifahren mal einen Kreuzbandriss zugezogen und nach Konsultation mit meinem schlauen Physiotherapeuten das Knie nicht operieren lassen. Ich müsse das Bein halt regelmäßig gut trainieren, so sein Rat. Oder den “Fuß”, wie man im Schwäbischen sagt. 🙂
Das beste Training für das Laufen ist das Laufen, aber das habe ich in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt, seit ich das Radfahren wieder entdeckt habe. Also freut es mich, dass ich so langsam lauftechnisch wieder fit werde und werde mich bemühen, auch meine Lauffähigkeit in Zukunft besser zu erhalten.

Aber zurück zum Selketal – Uns gefallen hier die schmalen Wege, das abwechslungsreiche Auf-und-Ab, die vielen Felsen und dass wir hier heute Morgen ganz alleine sind. Im Nu haben wir die erste Stempelstelle am Vierten Friedrichshammer erreicht. Früher gab es hier eine alte Metallschmiede, heute befindet sich hier eine kleine Häuseransammlung und ein Gasthof mit Ferienzimmern, natürlich geschlossen. Unter der Woche können wir im Harz auch nichts anderes erwarten, das wissen wir mittlerweile.

Nicht der Gasthof, aber ein anderes, typisches Harzhaus

An der Selkemühle verlassen wir das Tal, um den Berg zur Ruine Anhalt zu erklimmen. Hier handelt es sich um die Stammburg der Anhaltiner? Anhalter?, die wir schon als Modell vor dem Schloss in Ballenstedt bewundert haben.

Der “unbequeme” Weg zur Burg, den wir statt des “bequemen” nehmen, führt zahm nach oben, ist aber gut begehbar, auch für Knielahme. Wir verlassen somit das enge Selketal und betreten das Reich der Sonne – oh welche Wohltat!

Von der ehemals prächtigen Burg ist nur noch wenig erhalten. Viele Schautafeln informieren jedoch über das ehemals prächtige Ausmaß der Burg, die mindestens so groß wie die Wartburg gewesen sein soll. “Anhalt” bedeutet ursprünglich “ohne Holz”, denn die Burg soll die erste Festung nördlich der Alpen gewesen sein, die komplett aus Ziegelsteinen erbaut wurde. Hier und da schauen ein paar Mauerreste aus dem Erdreich heraus und man braucht viel Phantasie (und das Modell vor dem Schloss im Ballenstedt vor dem inneren Auge), um sich Glanz und Gloria der ehemaligen Burg samt untergegangenem Dorf vorzustellen.

Die Eindrücke von der Burg führen dazu, dass Friedel und ich den gesamten weiteren Weg bis Harzgerode darüber diskutieren, was nach dem Untergang des Römischen Reiches war, was dazu geführt hat, warum Hochkulturen untergehen und vergessen werden und ob es nach der Energiekrise heute zu einem ähnlichen Einschnitt in der Geschichte der Menschheit kommen könnte. Welche Rolle dabei Moral und Religion gespielt haben und in der Zukunft … bla bla bla ..

Erst ein Café im Harzgerode stoppt unsere lebhafte Diskussion. Dort sind wir neben einem anderen Paar die einzigen Gäste. Statt weiter über die Zukunft der Menschheit zu diskutieren, bewundern wir die besonderen Exponate im Café, die die Gäste dort neben Kaffee und Kuchen käuflich erwerben können. Filzschuhe, Filztaschen, Filzblumen zum Anstecken …

Harzgerode ist übrigens ein recht hübsches, kleines Städtchen und besitzt neben einigen Geschäften, Restaurants und Cafés natürlich auch ein Schloss, wie jede ordentliche Kleinstadt im Ostharz.

Nach Harzgerode treffen wir wieder auf den Selketalsteig, der hier bis zurück nach Mägdesprung oberhalb des Selketals verläuft. Die letzten beiden Stempelstellen liegen hier, auf dem Zickzackweg zurück nach Mägdesprung. Wir wandern mittlerweile jackenlos, die Sonne wärmt und verführt dazu, immer wieder mal länger an einem der zahlreichen Aussichtspunkte zu verweilen.

Die “Verlobungsurne”, dritte Stempelstelle

Tief unter uns im Tal liegt der Ort Alexisbad mit seinem alles dominierenden Wellness-Hotel – einem Ausbund an Hässlichkeit. Wie kann man ein Tal nur so verschandeln!

Man betrachte das Kleinod an Jugendstil-Architektur im Vordergrund, nunmehr verlassen und verrammelt. Im Hintergrund dann der zweckmäßig-moderne Bau, natürlich viel bequemer und zeitgemäßer als der alte. Schauderhaft!

Ausgesprochen hübsch dagegen ist die vierte Stempelstelle, die wir nach einigen Schlenkern an der Kliffkante entlang erreichen. Die Köthener Hütte ist die mondänste Wanderhütte, die wir bisher im Harz für unsere Teepausen genutzt haben!

Kurz vor Mägdesprung geht es wieder auf einem steinigen Pfad hinunter ins Tal. Ich schaffe den steilen Abstieg, indem ich langsam gehe und Pinocchio-artige kleine Schritte mache – aber immerhin ohne Schmerzen.

Die Tafel erklärt die Herkunft des Namens “Mägdesprung”

Unten im Tal sind wir geschockt, was aus dem ehemaligen Bergwerksort geworden ist. Fast alle ehemaligen Hotels und historischen Gewerbehallen sind verrammelt und halb verfallen. Dieser Ort hat seine Glanzzeit schon lange überschritten!

Das schockt uns immer wieder, diese heruntergekommen ehemaligen Kur-und Erholungsorte im Harz, die es einfach nicht in die neue Zeit geschafft haben. Die gibt es auch in Niedersachsen, nicht nur hier in Sachsen-Anhalt. Wir finden das sehr schade, aber vielleicht liegt es daran, dass die meisten Touristen es nur bis zum Brocken schaffen und nicht bis hierher in den Ostharz. Das hat aber auch sein Gutes – So haben wir die Naturschönheiten abseits der Touristenorte oft ganz für uns allein!

Ankunft und Weiterflug 13:45 Uhr

Stempeltour im äußersten Ostharz
Gelaufen am 19. Oktober 2022, 23 Kilometer, vier Stempel

Im Gegensatz zu gestern ist es heute recht kühl. Aber immerhin regnet es nicht.
Den frühen Morgen verbringen wir damit, darüber zu diskutieren, ob wir die 23 Kilometer heute schaffen oder einen Stempel weniger erlaufen sollen. Irgendwie habe ich in den letzten Tagen Knieschmerzen entwickelt, die sich vor allem beim Bergabgehen bemerkbar machen. Wir beschließen, dass wir mal schauen, wie es so läuft und erst im Dorf Wieserode entscheiden, ob wir direkt nach Maisdorf zurückgehen oder den Schlenker zur Konradsburg noch machen.

Gut an der Tour heute ist, dass sie relativ wenige Höhenmeter aufweist, “nur” 377 Meter Anstieg und Abstieg. Gut für lädierte Knie. Jedoch stehen nicht gerade die Highlights des Harzes auf dem Programm: Ein Landschaftspark, eine Pausenbank unter einem bewaldeten Hügel, ein Wildgehege und eine halbverfallene Klosteranlage. Immerhin verspricht die Klosteranlage etwas Glamour auf dieser eher sehr ländlich orientierten Tour. Aber ob wir da hinkommen, das werden wir erst später sehen.

Trotzdem wird es eine sehr schöne Tour. Wir schlendern nämlich durch eine abwechslungsreiche und hügelige Landschaft, treffen auf hübsche, verschlafene Dörfer und auf sehr wenig Menschen.

Die erste Stempelstelle, der Degenershausener Landschaftspark, lässt uns darüber spekulieren, wie sich solch eine Anlage wohl finanziert. Wir wandern über ein weitläufiges Gelände mit exotischen und einheimischen Baumarten, einem Staudengarten und riesigen Rasenflächen. Das Gelände befindet sich aber äußerst abgelegen mitten im Wald und außer uns ist hier niemand unterwegs. Die Spendenbox am Eingang wird die vielen Gärtner, die zur Pflege der Anlage nötig sind, wohl kaum finanzieren, da sind wir uns einig.

Auf dem Weg zur zweiten Stempelstelle, dem Rastplatz am Klusberg, trainiere ich verschiedene Techniken, um das Kniepicken bei den Abstiegen zu verringern. Friedel rät mir zu verschieden Qi-Gong-Techniken, aber für mich bewährt sich der “Storchengang”, bei dem ich beim Abstieg die Knie bis auf Hüfthöhe hochziehe. Sieht bescheuert aus, hilft aber! 🙂

Die Picknickstelle mit Stempelkasten “Am Klusberg” liegt in einem entzückenden Tal, das mich (sorry Darina!:-)) mal wieder an Wales erinnert. Vielleicht liegt es an den Weißdornbüschen, an den grünen Hügeln oder am Licht, aber Friedel stimmt mir voll zu!

Die dritte Stempelstelle, das Wildgehege, finden wir spektakulär!
Nicht oft kann man Bisons in Deutschland betrachten, aber vor allem nicht in solch einem weitläufigen Gehege und trotzdem aus der Nähe.

Bestimmt über einhundert von den wilden Gesellen tummeln sich in der privat geführten Anlage. Netterweise kommen die zotteligen riesigen Biester sogar ziemlich dicht zu uns an den Zaun, um gemütlich an der Futterstelle zu mampfen. Ich sage nur: “Tatonka!”

Ach ja, fast hätten wir es vergessen- eine Stempelstelle gibt es hier auch!

Kurz vor dem Dorf Wieserode hören wir über uns plötzlich ein Gezeter und Gekreische. Wir entdecken die erste Abordnung einer Zugvogel-Armada, die sich scheinbar auf dem Weg nach Süden befindet. Wir vermuten. dass es sich um Wildgänse handelt. Auf jeden Fall machen sie einen Mordslärm.

Aber dies ist, wie gesagt, nur die erste Gruppe. Die Turmuhr der Fachwerk-Kirche in Wieserode schlägt mal eben Viertel vor zwei, da kommt eine Reisegruppe nach der anderen über dem Himmel über uns an. Den ganzen Nachmittag fliegt eine Gruppe nach der anderen vorbei, teilweise in Gruppen von über fünfzig Vögeln. Fasziniert beobachten wir, wie sich die Gruppen am Himmel neu orientieren, zu neuen Teams zusammenschließen und immer wieder andere Formationen bilden.

Eigentlich haben wir schon vor Wieserode beschlossen, dass ich es bis zum Kloster Konradsburg noch schaffe. Das Kniepicken kommt und geht, da machen die drei Kilometer mehr auch nichts mehr aus!

Auf dem zugegeben eher langweiligen Wegabschnitt zwischen den Dörfern Wieserode und Neuplatendorf kommt sogar ein wenig die Sonne raus. Da sieht die weite Felderlandschaft doch gleich viel besser aus!

Kloster Konradsburg sieht aus der Ferne imposanter aus als aus der Nähe. Die ehemals wohl sehr weitläufige Anlage ist bis auf wenige Restgebäude nicht mehr existent. Es steht noch die große Mauer, der hintere Teil der großen Klosterkirche und einige Nebengebäude, die als Wohnhäuser genutzt werden.

Wir freuen uns, dass wir mit dem Bisongehege und dem Kloster Konradsburg die östlichsten Stempel der Harzer Wandernadel erworben haben, und das an so einem wunderbaren Herbsttag. Interessanterweise hatten wir nicht das Gefühl, im Harz unterwegs zu sein. Aber eine nette Landpartie war das heute!

Ein Salamander kommt selten allein

Im Selketal bei Meisdorf: Gelaufen am 18. Oktober 2022, 18 Kilometer, 4 Stempel

So schön der Tag gestern auch war – umso schlechter ist das Wetter heute!

Schon morgens pladdert der Regen gegen das Schlafzimmerfenster unserer Hütte. Wir ziehen das Frühstück extra in die Länge, aber es hilft nichts. Wir müssen raus!

Wir betrachten den Dauerregen alsTest für unsere Regensachen. Schon länger hatten wir das Gefühl, dass unsere Ultralight-Jacken und Hosen nicht mehr dicht sind. Leicht bedeutet halt auch filigran!

Schon an der ersten Stempelstelle, dem Mausoleum von der Asseburg, haben wir das Gefühl, dass wir beginnen durchzuweichen. Gleiches gilt auch für die Stempelhefte. Wenn es so stark regnet, ist es superschwierig, die Stempelhefte mit nassen Fingern aus dem Etui zu fummeln, schnell in den Stempelkasten zu befördern und keine Tropfen vom Ärmel auf die Stempel laufen zu lassen. Die sind nämlich wasserlöslich!

Zur Burg Falkenstein kommt man aus dem Selketal nur, wenn man einen Kilometer den superpatschigen Eselspfad hochsteigt, und wieder zurück. Bei trockenem Wetter mag der Weg gut begehbar sein, aber heute, mit den vielen aufgeweichten Blättern, ist er einfach nur glitschig!

Auf der Burg beschließen wir, dass wir, wenn wir wieder unten im Selketal sind und es weiter so stark regnet, zurück in unser Ferienhaus gehen. Machen wir natürlich nicht!
Wir verändern unsere Marschroute aber so, dass wir vier Kilometer abkürzen, aber trotzdem unsere vier Stempel für heute einsammeln.

An der dritten Stempelstelle, der Schutzhütte am Mettenberg, haben wir die Chance auf eine halbwegs trockene Mittagspause. Wir sind mittlerweile bis auf die Unterhosen nass, aber immerhin bleiben unsere Brote so trocken!

Gegen zwölf Uhr haben wir den Eindruck, dass es langsam weniger regnet und tatsächlich hört es kurz darauf auf zu pladdern. Wir gehen ein Stück auf dem Selketal-Stieg zurück und nehmen eine Abkürzung den Berg hoch, die wir am Morgen auf der Karte entdeckt haben. Der sogenannte “Steile Stieg” ist weniger steil als vermutet und verläuft durch ein entzückendes Bachtal voller Feuersalamander!

Bei zehn hören wir auf zu zählen. So viele Feuersalamander auf einmal haben wir noch nie gesehen!

Der Weg nach oben ist wichtig, damit wir oben den für heute vierten und letzten Stempel mitnehmen können. Auch hier, zum “Selketal-Blick”, müssen wir circa einen Kilometer vom Hauptweg abgehen und später die gleiche Strecke wieder zurück. Sowas mögen wir eigentlich gar nicht, denn unser Motto lautet eigentlich “Vorwärts immer, rückwärts nimmer.” Aber heute müssen wir das gleich dreimal aushalten!

Der Aussichtspunkt, so erfahren wir, wurde zur schönsten Stempelstelle im Harz 2021 gewählt. Die Juroren müssen auch bei so einem Schietwette hier oben gewesen sein – die Aussicht auf das nebelverhangene Selketal ist nämlich phänomenal.

Auf direktestem Wege begeben wir uns danach zurück in unser Häusle. Nichts wie raus aus dem nassen Klamotten und die Rucksäcke ausgepackt. Wir schaffen es, innerhalb kürzester Zeit die komplette Hütte mit feuchten Karten, nassen Klamotten und tropfenden Rucksäcken zu verschandeln. Wenn das unsere pingeligen Vermieter wüssten!

Ein bisschen dezenter Nieselregen ist ja okay, aber drei Stunden Fußmarsch im Pladderregen – das brauchen wir nicht täglich!

Auf Stempeltour im Ostharz: Rund um Ballenstedt

Gelaufen am 17. Oktober 2022: 21 Kilometer, 5 Stempel

Blick von der Hubertushöhe auf den Kleinen Siebersteinteich

Vor zwei Tagen noch waren wir mit dem Rad in Ostwestfalen unterwegs. Tatsächlich sind wir am Freitag glücklich bei meinen Eltern angekommen. Das Wetter war nur mittelprächtig, die Gegend superflach, wir sind schnell wie der Blitz gefahren und haben kaum Fotos gemacht – denn Mutterns Kürbissuppe duftete schon von Weitem!

Wir haben aber zwei Wochen Urlaub. In der zweiten Urlaubswoche ist Wandern angesagt und wir haben uns dieses Mal den äußersten Osten des Harzes vorgenommen. Unser Auto parken wir an der Feuerwehr in Opperode und sind schon nach fünfzehn Minuten an der ersten Stempelstelle, dem Bismarckturm.

Blick vom Turm auf Oppenrode

Heute ist es warm und ziemlich windig und die Blätter fliegen uns nur so um die Ohren. Es sind aber noch genug an den Bäumen, um uns heute eine farbenprächtige Tour zu bescheren. Der Herbst ist echt die schönste Wanderzeit, finden wir!

Über weite Wiesen und über Massen an Eicheln und Bucheckern erwandern wir die zweite Stempelstelle, “Am Kohlenschacht”. Von dem alten Bauwerk ist nichts mehr zu sehen, aber an der Stempelstelle steht eine hübsche Hütte.

Um zur dritten Stempelstelle, dem “Schirm” zu kommen, habe ich uns mal wieder eine tolle Wegführung über schmale, verwunschene Pfade kreiert. Aber wie so häufig landen wir komplett im Dickicht. Laut unserer Wanderapp sind wir aber absolut auf der richtigen Route!

Zum Glück landen wir irgendwann wieder auf einem richtigen Weg, allerdings warten hier andere Gefahren auf uns!

Irgendwie sind wir beide aus der Wanderform, merken wir heute. Vielleicht sind wir zu viel Rad gefahren statt zu wandern oder haben zu lange im Homeoffice gesessen, aber uns tun heute die Füße (Steffi) und der Rücken (Friedel) weh. Zum Glück ist der Weg heute nur mäßig steil und steinig und wir kommen gut voran.

Die dritte Stempelstelle, der “Schirm”

Viel interessanter als die Stempelstelle “Schirm” finden wir ein altes Gedenkkreuz, das wir wenig später am Wegrand finden. Zu diesem gehört die Sage des “Armen Heinrich”, eines bei Kindern und Erwachsenen beliebten Vagabunden des Mittelalters, der an dieser Stelle gestorben sein soll und in dessen Taschen man siebenhundert eingenähte Taler fand. Vermutlich ist es aber nur eins der alten Büßerkreuze, die man noch überall in Deutschland finden kann. Wir meinen, dass der “Arme Heinrich” eigentlich auch eine Stempelstelle verdient hätte!

Jedenfalls mehr als die Stempelstelle “Grauwacke”, der Blick in einen noch immer aktiven riesigen Steinbruch. Der Weg dahin ist leider weit, denn die Stempelstelle ist ziemlich abgelegen.

Immerhin gibt es vor und nach dem Steinbruch ein paar hübsche Teiche. An einem der beiden legen wir unsere Mittagspause ein. Dabei müssen wir alle Tüten gut festhalten, denn der Wind weht ganz ordentlich!

Nach dem Kleinen Siebensteinteich geht es über wacklige Stufen und Serpentinen noch mal steil hoch in Richtung Schloss Ballenstedt. Von oben haben wir einen wunderschönen Blick zurück auf den Teich.

Die letzte Stempelstelle des heutigen Tages gibt nicht viel her. Der Kasten am Arboretum im Schlosspark ist recht unspektakulär, aber der Schlosspark herrlich verwildert.

Schloss Ballenstedt ist riesig. Wir haben uns schon mehrmals darüber gewundert, dass jede Kleinstadt am nördlichen Harzrand ihr eigenes Schloss hat. Dieses ist aber besonders groß und prächtig und, wie wir erfahren, das Stammschloss der Anhaltiner.

Wie so häufig ist das Schloss im Verlauf der Geschichte viele Male umgestaltet und verändert worden. Wir freuen uns über ein großes Modell der “Urburg” des Hauses Anhalt, das am Parkplatz vor dem Schloss zu sehen ist.

Wie immer sind alle Cafés in Schlossnähe geschlossen, wie sollte es auch an einem Montag anders sein. Kaffeelos schleppen wir uns die letzten drei Kilometer am Ortsrand entlang bis zum Auto. Auch hier gibt es keine Aussicht auf Erfrischung, auch wenn unsere Route auf dem Radwanderweg R1, dem Selketalstieg und dem Fernwanderweg E11 verläuft!

Zum Glück ist es nicht mehr weit bis zu unserer Ferienhütte in Meisdorf, die wir uns für vier Nächte gebucht haben. Wir sind entzückt, denn die Hütte ist wirklich hübsch eingerichtet und der Kaffee ist schnell aufgesetzt.

Hier werden wir es ein paar Tage aushalten!

R1: Von Nieheim über Detmold nach Stukenbrock

Am Donoper Teich bei Detmold

13. Oktober 2022: 55 Kilometer

Heute Morgen ist der Himmel ausnahmsweise mal bedeckt, aber es sind immerhin zehn Grad. Um diese Jahreszeit ist ein blauer Himmel leider oft mit tiefen Temperaturen am Morgen verbunden. Es stört uns also nicht, dass der Start in den Tag heute mal nicht ganz so strahlend ist!

Die Abfahrt von unserem Höhenhotel ist somit verträglich.

Was das Besondere an der heutigen Etappe bis Detmold ist – Wir fahren fast ausschließlich über kleine Teerstraße oder Waldwege, abseits vom Autoverkehr. Das gefällt uns natürlich sehr!

Gerade als wir uns darüber austauschen, dass es so langsam ins langweilig-flache NRW geht, treffen wir auf das hübsche Wasserschloss Vinsebeck: Perfekt mit weißen Türmchen und Wassergraben.

Unweit des Schlosses treffen wir auf den dicksten Baum, den wir in unserer Wanderkarriere bisher gesehen haben. Die alte Eiche ist seeehr beeindruckend und noch super in Schuss!

Nächstes Nahziel sind die Externsteine. Die stehen allerdings im Teutoburger Wald, der ein Höhenzug ist und folglich in bergigem Gelände. Soll heißen – es geht bergauf!

Allerdings wird der Aufstieg dadurch versüßt, dass es durch wunderschönen bunten Herbstwald geht.

Die Externsteine sind heute, unter der Woche, glücklicherweise nicht so sehr überlaufen. Friedel und ich tauschen uns darüber aus, wann wir das letzte Mal hier waren. Ich bin als Studentin mal den Herrmannsweg von Bielefeld nach Detmold gelaufen. Friedel wurde als Kind von seinem Vater hierher gescheucht. Lang ist‘s her und was uns früher mal gigantisch erschien, beeindruckt uns heute allenfalls ein wenig.

Interessant sind aber die Infotafeln, die beleuchten, wie mystisch aufgeladen der Ort ist: Eventuell bereits prähistorischer Kultort, mittelalterlicher Wallfahrtsort und dann von den Nazis als urgermanischer Versammlungsort deklariert. Wallhallakitsch pur!

Der R1 führt eigentlich elegant an Detmold vorbei. Wir aber wollen die schöne Beamtenstadt nicht verpassen. Zwischen Schule und Studium habe ich hier zwei Jahre in einem Backpacker-Laden gejobbt und war seitdem nicht mehr hier. Den Laden gibt es aber immer noch! Friedel hat viele Jahre in der Paderborner Umgebung gelebt und ebenfalls vage Erinnerungen an Detmold und andere Orte in dieser Region.

Uns überrascht, wie viele Menschen in der Fußgängerzone unterwegs sind und wie viele nette Cafés und Restaurants es hier gibt. Die ganze Stadt macht einen sehr wohlhabenden Eindruck, ähnlich wie einige Städte im Stuttgarter Speckgürtel, die wir so kennen. Nach dazu sind das Schloss, der Wallgraben und die vielen historischen Gebäude im Ort sehr sehenswert. Allein für unsere Mittagspause in einem Café im Schlosspark hat sich den Umweg schon gelohnt.

Das Schloss in der Detmolder Innenstadt
Landestheater

Leider führt der Weg aus Detmold an einer fiesen Straße entlang, und dazu auch noch arg bergauf. Erst nach vielen Kilometern sind wir wieder auf unseren geliebten Abseits-Wegen, die uns an der Senne (einem ehemaligen riesigen Truppenübungsplatz) zu unserem heutigen Ziel bringen, nach Stukenbrock. Unangenehm, dass unsere letzten zehn Kilometer zwar konsequent bergab gehen, aber leider an einer extrem dicht befahrenden Bundesstraße entlang. Bielefeld und Paderborn sind nahe, zwei Industriestandorte in Ostwestfalen, deren Einwohnerzahlen und Infrastruktur ihren Preis fordern. Hässlich und laut – entbehrlich!

Immerhin ist unsere Pension in Stukenbrock sehr nett und es gibt einige Auswahlmöglichkeiten, was unser Abendessen betrifft. Ansonsten muss man diesen Ort nicht gesehen haben. Es sei denn, man möchte ins Safariland!

Den Weg zum Abendessen legen wir im Regen zurück – Fast hätten wir vergessen, wie das ist! 🙂

Europa-Radweg R1: Von Dassel nach Nieheim

12. Oktober 2022: 65 Klometer

Mann, ist das kalt!
Als wir heute Morgen um 8:00 Uhr in Dassel losfahren, sind es nur zwei Grad. Überall liegt Rauhreif, die Nebel wallen … und die Finger verursachen unendliche Quallen!

Die lächerlichen Fahrrad-Fingerhandschuhe vom Aldi – komplett entbehrlich! Eigentlich wäre hier die Schottland-Ausrüstung angesagt. Das nächste Mal machen wir es besser!

Wir weichen heute gleich am Morgen vom R1 ab und umfahren den Solling nicht. Der R1 macht nämlich einen großen Bogen über Holzminden am Solling vorbei. Wir aber queren ihn durch das Hellental – wobei es nur am Anfang ein Tal ist. Später geht es über den Berg und dann ab Silberborn wieder abwärts zur Weser.

Wir wissen nicht, wie sehenswert Holzminden gewesen wäre. Aber das Hellental ist auf jeden Fall phänomenal schön, vor allem bei DEN Herbstfarben und DEN Nebeln. Wir teilen uns den Weg mit dem Weserberglandweg, der ja einer der besonders schönen Wanderwege in Deutschland sein soll. Was dieses kleine Stück angeht, können wir das nur bestätigen – und unsere bisherige Erfahrung, dass Wanderwege die viel schöneren Radwege sind!

Kurz vor Silberborn kommen wir noch an einem schönen Hochmoor vorbei. Tolle Passage, auch wenn der Holzbohlenweg eigentlich für Radler verboten ist, Heute Morgen sind wir hier aber ganz allein!

Die Abfahrt von Silberborn zur Weser ist auf jeden Fall klapperkalt! Gefühlte zehn Kilometer sausen wir durch den Wald bergab und sind froh und glücklich, dass es in Lüchtringen einen Supermarkt mit Bäckerei gibt, wo wir uns die Hände an einem Kaffee aufwärmen können.

Hier überqueren wir auch die Weser und landen somit in NRW. Heimatgefühle kommen hier aber noch keine auf.

Unterhalb einer schattigen Ahorn-Allee schlottern wir weiter zum Kloster Corvey bei Höxter, einem meiner Sehnsuchtsorte. Immer, wenn ich mit Friedel von Seesen auf dem Weg zu meinen Eltern die Weser überquert habe, habe ich gesagt: „Nach Corvey möchte ich auch mal!“

Aber nun finden wir die weitläufige Klosteranlage eher enttäuschend. Das ist kein Kloster, das ist ein Schloss, finden wir, und touristisch überorganisiert und abweisend. Schon wieder sind weite Teile der Ablage mit Baugerüsten verschandelt und die weltberühmte Bibliothek wollen wir mit Rucksack auf dem Rücken eh nicht besichtigen – UNESCO-Weltkulturerbe hin oder her. Wir fahren jetzt nach Höxter!

Auch dort – Die Katastrophe: Der ganze Ort ist eine einzige Baustelle. Zwar können wir mit dem Rad noch entlang der historischen Stadtmauer cruisen, aber die Altstadt ist komplett abgesperrt und mit superengen Baustellenwegen versehen – da sind sogar unsere Lenker breiter!

Höxter scheint aber sonst ein tolle Ort zu sein. Es gibt jede Menge Geschäfte und Restaurants, auch der originelleren Art. Der historische Stadtkern ist prächtig – auch wenn man es vor lauter Baustellen kaum sehen kann.

Der Radweg von Höxter nach Marienmünster verläuft zwar permanent parallel zu einer vielbefahrenen Landstraße, ist aber perfekt von dieser abgeschirmt. Wir radeln unter Eichen und Buchen auf und ab und unter unseren Reifen knacken die Eicheln und Bucheckern. Das mögen wir!

Das Kloster Marienmüster sieht aus, wie es sich für ein Kloster gehört. Die Anlage mit diversen halbverfallenen Gemäuern ist von einer Mauer umschlossen und trotzdem frei zugänglich. Es gibt einen Barockgarten, einen Klosterkrug, einen alten Friedhof .. perfekt!

Der Homerun nach Nieheim führt über einsame Apfelbaum-Alleen bergab. Unter den Bäumen liegen Millionen vernachlässigter Äpfel, die keiner mehr erntet und die vor sich hingammeln, einzig beachtet von Wespen und unseren Profilreifen.

Nieheim wirkt lebhaft, zumindest gibt es hier noch einige Geschäfte. Unser Hotel liegt hoch am Berg, sodass wir am Ende noch mal ordentlich bergauf fahren müssen, Am Ende schieben wir, schließlich wollen wir nicht vollkommen verschwitzt dort ankommen.

Uns erwartet ein Restaurant mit tollem Weitblick und großzügigen Zimmern. Befremdlich sind jedoch die schwäbische Speisekarte (Kässpätzle, hier „Käsespätzle“) und die Servicedamen im bayrischen Dirndl. Aber das Essen ist gut!!

Fazit: Wegen unseres Schlenkers durch den Solling und der langen Pause in Höxter waren die 65 Kilometer heute angenehm. Ein paar Kilometerchen mehr gingen noch, aber viel mehr wären unbequem – It‘s all about terrain!!

Wildes Niedersachsen: Auf dem Hildesheim-Harz-Weg von Seesen nach Derneburg

Gefahren/gelaufen am 17. September 2022
Seesen-Derneburg 38 Kilometer

Schon mal vom Hildesheim-Harz-Weg gehört?
Nein, wir bisher auch nicht. Der Weg beginnt in Hahausen am nördlichen Harzrand, einem Nachbarort von Seesen. Entdeckt haben wir den Hildesheim-Harz-Weg (HHW) erst auf unserer “Outdooractive”-Karte und siehe da – Genialerweise können wir die Tour direkt vor unserer Haustür beginnen. Und nach Hildesheim mit seinem weltberühmten Dom wollten wir auch unbedingt mal. Die knapp 58 Kilometer lange Wanderung steht deshalb schon lange auf unserer Liste, ließe sie sich doch bequem an einem Wochenende erwandern.

Eine Übernachtung auf halber Strecke müsste da aber schon sein, hatten wir bisher gedacht, denn 58 Kilometer an einem Tag, das schaffen wir zu Fuß nicht. Deshalb wanderte der Weg auf unserer Liste immer weiter nach unten – Unterkünfte auf dem Weg gibt es nämlich in der wenig besiedelten Gegend nicht und illegal im Wald schlafen wollten wir auch nicht. Also haben wir unsere Wanderpläne zum Hildesheim-Harz-Weg immer wieder verschoben.

Aber jetzt haben wir ja die Fahrräder! Warum radeln wir die Strecke also nicht? Die 58 Kilometer schaffen wir doch locker an einem Tag!

Während unserer kurzen Radlerkarriere haben wir festgestellt, dass wir am liebsten naturbelassene Wege radeln. Mit den typischen Radfernwegen können wir eher wenig anfangen, denn die führen fast immer über Asphalt, durch Orte und oft an breiteren Straßen entlang. Da haben wir nicht das Gefühl, wirklich in der Natur unterwegs zu sein.

Zum Glück sind wir auf den schmalen Naturwegen hier noch nie mit Wanderern in den Clinch geraten. Im Nördlichen Harz ist kaum jemand unterwegs und selbst auf dem Zertifizierten “Karstwanderweg” am südlichen Harzrand haben wir kaum eine Menschenseele getroffen. Wenn doch, sind wir brav abgestiegen und haben die Räder an den Wanderern vorbei geschoben. Wir können uns noch gut erinnern, wie oft wir uns früher über rücksichtslose Radler geärgert haben – Solche Waldrüpel wollen wir nicht sein!

Seit einer Woche steht nun unser Plan, heute am Samstag nach Hildesheim zu fahren. Jedoch ist es in den letzten Tagen empfindlich kalt geworden und für heute ist immer wieder mal Regen angesagt. Egal – wir haben unsere regendichten Wanderjacken und -hosen, die werden wohl auch auf dem Fahrrad funktionieren!

Beim Frühstück in unserer Gartenlaube prasselt der Regen auf das Überdach und es sind gerade mal neun Grad. Ein wenig mulmig ist uns da schon und wir erwägen kurz, die Radtour zu verschieben. Jedoch wollen wir im Oktober eine mehrtägige Radwanderung unternehmen und da wird das Wetter vermutlich noch schmuddeliger sein. Also wollen wir heute das Schlechtwetter-Fahren üben!

Kurz hinter Hahausen kommt dann sogar die Sonne raus. Bis Derneburg haben wir Glück – Sämtliche Regenschauer werden an uns vorbeiziehen.

Die ersten sieben Kilometer Richtung Hahausen radeln wir an der Landstraße entlang. Direkt hinter dem Ort geht es dann mittelsteil eine lange Strecke den Berg hoch. Wir sind stolz, dass wir es mittlerweile schaffen, solche Hügel zu erklimmen, ohne vom Rad steigen zu müssen. Das hätten wir früher nicht gedacht, dass uns das Radfahren mit Steigung auch noch Spaß machen würde!

Die lange Strecke durch den Wald ist eine echte Attraktion. Der Boden im lichten Wald steht voller Farn, der sich an den Spitzen schon rot und gelb färbt. Von den Bäumen tropft es und der Wald duftet frisch nach Nadelbäumen. Keine Menschenseele außer uns ist hier unterwegs und im sonst absolut stillen Wald krächzen über uns die Raben.

Auf die Bodensteiner Klippen – nach Kilometer 18 – waren wir schon gespannt. Bis jetzt konnten wir nämlich bequem fahren und mussten kein einziges Mal vom Rad steigen. Auf unserer Karte haben wir aber schon gesehen, dass der Hildesheim-Harz-Weg auf den nächsten Kilometern in Zickzacklinien den Hang hoch führt. Das verheißt eine schwierige Wegführung, bei der wir die Räder bestimmt schieben müssen. Und hier beginnt unser heutiges Abenteuer.

Die vielen Sandsteinklippen im Wald sind wirklich beeindruckend und der Wanderweg versucht, möglichst viele davon mitzunehmen. Der Weg ist dabei jedoch haarsträubend schmal und führt an fiesen Kanten und über steile Stufen kreuz und quer und hoch und runter. An vielen Stellen müssen wir unsere Räder tragen und ständig bleiben wir mit den Pedalen an Felsnasen oder Dornen hängen. Noch dazu ist der Weg schlecht markiert und wir landen ziellos in irgendwelchen Dornengebüschen oder an Abhängen. Für die zwei Kilometer bis zum höchsten Punkt, der Sofaklippe, brauchen wir fast zwei Stunden, auch weil wir natürlich ausgiebig staunen und fotografieren.

Die Felsen aus Sandstein erinnern uns an das Elbsandsteingebirge. Aber im Gegensatz zu dem touristisch überlaufenen Wandergebiet in Sachsen sind wir hier im niedersächsischen Hainberg ganz allein!

Oben auf der Sofaklippe habe zumindest ich Arme wie Gummi und wir haben uns unser Zweitfrühstück auf dem in den Stein gehauenen Sofa redlich verdient!

Von der Klippe wieder abzusteigen wäre auch ohne Fahrrad schon nicht einfach. Aber mit den Fahrrad an der Seite wird der Abstieg geradezu halsbrecherisch und wir wundern uns, dass unsere Knie das mitmachen und auch die Fahrräder heil bleiben.
Mit den Klippen hinter uns können wir auch wieder ein Stück auf den Fahrrädern verbringen, denn nun führt uns der HHW auf wurzeligen, aber befahrbaren Waldwegen nach unten, Richtung Hubertuskapelle.

An der Kapelle hören wir von Weitem lautes Gekreische. Wir staunen nicht schlecht, als vor uns eine wilde Horde Kinder in voller Feuerwehrmontur auf den Weg springt. Scheinbar übt hier die örtliche Jugendfeuerwehr ihren Einsatz. Ab hier werden wir immer wieder mal auf einzelne Fußgänger oder Radfahrer treffen – Schließlich ist Samstagnachmittag.

Eine Kapelle entdecken wir nicht, aber ein weites Arreal mit verschiedenen Veranstaltungsgebäuden. Früher gab es hier scheinbar mal eine Ausflugsgaststätte (Jägerhaus), aber heute sind alle Türen des schlossartigen Ensembles verschlossen.

Wir wollen nicht lange nach Kapelle und Grotte suchen, denn wir sind noch nicht weit gekommen und haben noch rund 35 Kilometer Fahrstrecke vor uns.

Kurz hinter der Hubertuskapelle/Jägerhaus teilt sich der HHW in zwei alternative Abschnitte. Beide führen über die A7, aber die südliche Variante erschien mir im Vorfeld auf der Karte attraktiver. Wie sich herausstellt, ist diese Wegvariante jedoch krass zugewachsen.

Auf den knapp fünf Kilometern nach Wohldenberg schlagen wir uns durch Brombeergebüsch und Brennnesseln, hieven unsere Fahrräder über vermoderte Baumstämme und kratzen mit unseren Helmen an tiefhängenden Ästen. Noch dazu ist ein starker Wind aufgekommen und über uns ächzen die Bäume und quietschen die Äste. Mit den sperrigen Rädern sind wir der norddeutschen Wildnis hilflos ausgeliefert. Wir brauchen ewig, um uns durch das Gebüsch zu schlagen!

In dem Chaos von Wind, Dornen und Gestrüpp verlieren wir irre viel Zeit. Friedel vergisst hier sogar das Fotografieren. Vor Sottrum kommen wir endlich aus dem Wald heraus und können ein paar Kilometer über Teer rollen. Doch erscheint es uns zu gefährlich, bei dem Wind noch weiter im Wald unterwegs zu sein. Auch drohen aus der Ferne schon die dicken Regenwolken. Wir beschließen hier und jetzt, in Derneburg unsere Tour zu beenden und mit dem Zug zurückzufahren. Hildesheim besichtigen wir dann halt ein anderes Mal!

Sottrum – endlich wieder übersichtliches Terrain!

Derneburg hat Schloss und Landschaftspark und wäre das Ganze nicht von einer großen Mauer umgeben und wäre der Himmel nicht so regenverhangen, hätten wir uns die Anlage gern angesehen. Im Schloss befindet sich eine große Kunstausstellung, so erfahren wir, aber für einen Museumsbesuch haben wir heute keine Zeit mehr. So werfen wir nur einen kurzen Blick auf das eher modern anmutende Schloss und suchen lieber nach dem Café, dass sich in einem der Nebengebäude befinden soll.

Ein Teil von Schloss Derneburg ..
… und ein der viel hübscheren Nebengebäude!

Im Café im Glashaus findet heute aber eine Hochzeit statt. An uns vorbei stöckeln elfenhafte Damen in cremefarbenem Plissee, viel zu luftig angezogen für den heutigen Tag. Wir aber, in unseren schlammbespritzten Radlerklamotten, trauen uns nicht, uns unter die Festtagsgesellschaft zu mischen.

Stattdessen checken die Feiglinge mal kurz ihre Bahn-App, wann denn der nächste Zug Richtung Heimat fährt. Wow! Vier Minuten bis zur Abfahrt am Bahnhof Derneburg! Das schaffen wir noch!

Wir schwingen uns in die Sättel, zum Glück geht es bergab. Am Bahnübergang leuchtet es bereits rot, die Warnhupe tönt. Wir flitschen unter der rotweißen Schranke durch – die ist schon halb unten. Noch dreihundert Meter bis zum Bahnhof, der Zug ist gerade eingefahren. Kurz vor der piepsenden Tür springen wir von den Rädern, Friedel wedelt mit den Armen, damit die Tür sich nicht schließt. Der Zugführer hängt aus dem Fenster raus und schüttelt missbilligend den Kopf. Aber egal – Wir haben es geschafft!

In der Bahn parken wir unsere Räder illegalerweise vor der Bahntoilette. Schnell buchen wir die Bahntickets auf unseren Handys, denn schwarz fahren wollen wir nicht auch noch. Ein Bahnticket von Derneburg über Goslar nach Seesen, noch dazu Niedersachsen-Fahrradkarte – da kommt Stress auf!

Fünf Minuten nach Abfahrt sind wir wieder entspannt genug, um der automatischen Durchsage aus den Lautsprechern zu lauschen. “Nächste Station Hildesheim Ost” – Ja, toll, wir sind in der falschen Richtung unterwegs!
Und erst beim Aussteigen fällt uns auf, dass die Leute vor der Tür auf dem Bahnsteig alle Masken aufhaben. ABER WIR NICHT! In der Hektik des Einstiegs war uns vollkommen entfallen, unsere Masken aufzusetzen!

In Hildesheim-Ost haben wir noch Zeit, bei Edeka Kaffee und Käse-Schinken-Brötchen zu vernaschen. Noch Zeit, uns beim Warten auf dem Bahnsteig noch gründlich nass regnen zu lassen. Dem Regen, dem wir entkommen wollten, sind wir geschwind entgegen gefahren. Schön blöd!

Und da der Zug schon bei der Abfahrt viel zu spät ist, steigen wir nicht wir geplant in Goslar um, sondern am Umsteigebahnhof Salzgitter-Ringelheim. Da wir die Räder dabei haben, können wir in der Zeit bis zum nächsten Zug noch den ganzen Ort inklusive vergammeltem Schloss besichtigen.

Zum Hildesheimer Dom fahren wir dann ein anderes Mal – hoffentlich dann nicht mit dem Zug, sondern mit dem Fahrrad! 🙂

Auf die Räder!

Da schwingen wir uns auf unsere alten Tage noch mal auf die Räder!

Damals an und auf der Alb haben wir unsere alten Drahtesel im Keller verstauben lassen. Viel zu eng und steil waren die schmalen Albwege und viel zu viele Wanderer sind dort unterwegs. Als eingeschworene Fußgänger haben wir uns oft aufgeregt über die fiesen Downhill-Biker, die uns auf den Albpfaden vom Weg gescheucht haben. Fußgänger und Radfahrer prügelten sich um den Platz auf den Wegen. Gehasst haben wir es, gehasst!

Hier im Nördlichen Harz jedoch treffen wir auf unseren abendlichen Touren kaum eine Menschenseele. Und zu Fuß würden wir es kaum schaffen, am Abend noch bis zur Kalten Birke und zurück zu kommen. Mit den Rädern aber haben wir unseren Aktions-Radius extrem erweitert!

Schnell haben wir aber festgestellt, dass unseren alten Tourenräder für die holprigen Harzwege recht wenig geeignet sind. Deshalb haben wir uns auch noch Mountainbikes gekauft – Wir, ja wir, die ehemals eingeschworenen Fußgänger!

Wenn es arg zu steil bergauf geht, schieben wir. So sind unsere Radtouren oft eine Mischung aus Radeln und Wandern mit Rad an der Seite.

Radwandern halt! 🙂

Wundert euch also nicht, wenn wir demnächst auch mal von unseren Radtouren berichten. So sind wir zum Beispiel mittlerweile fast den gesamten “Karstwanderweg” abgefahren. Wir werden berichten!

Und hoffentlich bleibt ihr uns gewogen, auch wenn wir nicht mehr ausschließlich zu Fuß unterwegs sind! 🙂

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