DDLN Etappen 58 und 59: Durch die Ostheide und das Wendland von Wahrenholz nach Reddereitz

16.05.2022: Wahrenholz nach Bad Bodenteich 28 Kilometer
17.05.2022: Bad Bodenteich nach Reddereitz 30 Kilometer

„Grüner geht’s nicht!“
Das beschreibt unsere zwei nächsten Wandertage auf unserer Deutschlandtour, dieses Mal durch die Ostheide und das Wendland, am besten.

Gern hätten wir uns weiter östlich gehalten und wären heute, an unserem dritten Wandertag im Mai 2022, lieber der Originalroute des E6 über Oerrel und Hankensbüttel gefolgt. Vielleicht hätten wir dann ein bisschen mehr Heidekraut gesehen und weniger Wald. Der E6 schlägt jedoch einen großen Haken nach Westen und leistet sich dabei auch noch den einen oder anderen Schlenker nach links und rechts. Flugs wären da auf der Originalroute des E6 satte 37 Kilometer bis nach Bad Bodenteich zusammengekommen – für uns eindeutig zu viel. Deshalb habe ich uns eine direktere Route zusammengebastelt, die uns in einer geraden Linie durch die Wälder westlich der Ise bis nach Wentorf leitet, wo wir dann wieder auf den E6 treffen und erneut entlang des Elbe-Seitenkanals Bad Bodenteich erreichen. Von dem Kurort hatten wir zuvor noch nie gehört – aber hier gibt es Abendessen und Bett!

Schön sind die Wälder rechts des Flüsschens Ise. Das ganze Gebiet „Ise mit Nebenbächen“ ist Naturschutzgebiet und wir wandern auf größtenteils schnurgeraden Wegen durch einen lichten Nadelwald mit Blaubeergebüsch und feuchtem Unterbewuchs. Friedel nennt solche Abschnitte oft „Wald im Wald“, was sehr schön beschreibt, dass es im Unterholz viel zu bestaunen gibt. Mitunter bricht die Waldlandschaft auf und wir erhaschen einen Blick auf sattgrüne Feuchtwiesen mit Binsen und Mengen an Schmetterlingen. Aber leider haben wir kaum die Muße, das schöne Arrangement ausgiebig zu betrachten und zu fotografieren …

… denn hier gibt es UNMENGEN an Mücken!

Die Mistviecher lieben vor allem den Friedel. Flügelschlagend eilen wir durch den Wald, denn viel Bewegung verhindert die Landung der Insekten auf Haut, Hose oder T-Shirt. Wir stellen nämlich fest, dass unsre Merinoshirts nicht mückenfest sind – verdammte Hacke!

Im Gegensatz zu sonst renne ich HINTER Friedel durch den Wald, wo ich dich sonst immer vorne laufe. Dabei schlage ich ihm die eine oder andere Mücke von den hinteren Waden oder aus dem Nacken. Keine Ahnung, warum der Friedel bei den Viechern so beliebt ist!

So manch schönes Fleckchen lädt zu einer Teepause ein, aber die Mücken geben uns keine Ruhe. So fliegen wir förmlich durch den Wald und freuen uns, dass wir nach sechzehn gehetzten Wanderkilometern bei Alt-Isenhagen endlich aus dem Waldsumpf auftauchen können. An der Böschung zum Elbe-Seitenkanal dürfen wir nun endlich eine wohlverdiente Pause einlegen.

Heute sind jede Menge Schiffe auf dem Kanal unterwegs und wir sitzen recht lange da und schauen zu, wie die bunten Kähne an uns vorbeiziehen. Diese Form des Transports von Waren und Rohstoffen finden wir gut!

Heute am Montag sind am Kanal viel weniger Radler unterwegs als gestern am Sonntag. Dementsprechend gemütlich können wir nebeneinander laufen und gemütlich wandern wir die restlichen neun Kilometer bis zu unserem Endziel für heute, Bad Bodenteich.

Kurz vor Bad Bodenteich kommen wir noch einmal durch eine heideähnliche, mückenarme Landschaft und siehe da – es gibt sogar eine Bank. Hier trinken wir unser restliches Wasser und aus den Tiefen meines Rucksacks ziehe ich noch einige Haferkekse. Wir schon viele Male vorher stellen wir fest, dass wir diese letzten Pausen kurz vor dem Tagesziel besonders lieben. Aber natürlich nur bei gutem Wanderwetter!

Bad Bodenteich ist ein schmuckes Städtchen: Im Ortskern gibt es zwei Seen, auf denen es sogar Tretboote gibt.

Wir schätzen Bad Bodenteich vor allem für sein Eiscafé … denn da gibt es den wohlverdienten Eiskaffee, auf den sich Friedel schon seit gestern freut!

Das Eiscafé befindet sich in Bad Bodenteich hinter den Mülltonnen und Autos!

Dieses Eiscafé nun wird uns als das mit dem autistischen Kellner im Gedächtnis bleiben. Als er unserer Rucksäcke ansichtig wird, zieht er uns mit der Bemerkung ins Gespräch, dass er auch ein großer Outdoor-Liebhaber sei. Er erzählt uns minutenlang von seinen Radtouren in Italien, Frankreich und sonst wo und wir kommen kaum dazwischen. Als er mit seinem Monolog am Ende ist, kassiert er und verschwindet. Er hat nicht mal gefragt, warum wir in Bad Bodenteich sind!

Weitaus weniger gesprächig ist der Wirt im „Gasthaus zum alten Ritter“, in dem wir heute nächtigen. Wir erreichen das Themenhotel durch ein kleines Waldstück, in dem allerhand Verlustierungen des Mittelalters aufgebaut sind: Bahnen zum Bogenschießen, Buden zum Tonkrug-Werfen, hölzerne Pranger. Witzig!

Auch die Gasträume, der Innenhof und die Zimmer sind stilvoll im Mittelalter-Look gestaltet. Als wir den Wirt auf die gelungene Dekoration seines Hotels ansprechen, verzieht er keine Miene – und den Rest des Abends auch nicht mehr.

Zum Abendessen bestellen wir jeder eine halbe gegrillte Ente mit Rotkohl. Fürwahr ein ungewöhnliches Mahl! Wir schaffen jeder nur ein Viertel des fettigen, aber überaus leckeren Vogels. Beim Abräumen betonen wir dem Wirt gegenüber, dass unsere Portionen zwar wohlschmeckend, aber wirklich nicht zu schaffen seien. Wir meinen, da die Spur eines triumphierenden Lächelns auf seinem Gesicht zu sehen – und schweigend verschwindet er mit unseren Bergen an Knochen in Richtung Küche. Hintergründig – solche wortkargen Zeitgenossen sind uns weitaus lieber als Schwätzer!

Nach dem Abendessen besichtigen wir noch Burg Bodenteich. Die Anlage ist hübsch restauriert und beheimatet einige lokale Behörden und ein Museum. Extra der Burg wegen hätte sich die Anreise nach Bad Bodenteich wohl kaum gelohnt – aber für die Verdauung von halben Enten an einem lauen Sommerabend ist die Anlage absolut geeignet!

Am nächsten Tag halten wir uns ziemlich genau an dieWegführung des E6 – die knapp dreißig Kilometer bis nach Reddereitz erscheinen uns für eine Tagesetappe im Flachland gut machbar.

Heute erwartet uns ein ganz entzückender Wandertag. Zum einen ist es heute nicht so warm und schwül, es nieselt sogar. Zum anderen laufen wir heute durch äußerst abgelegene, aber sehr reizvolle Landschaften. Das Wendland ist eine alte, sehr urtümliche Region mit alten Wegen und schönen Wäldern!

Die Gegend um Bad Bodenteich herum könnte man sogar als sumpfig bezeichnen. Da es aber bei unserem Auszug aus der Stadt regnet, haben wir heute kein Problem mit Mücken. Friedel hat sich heute eh gewappnet – mit seinem (so finde ich) äußerst lächerlichen Regencape schreckt er jede Mücke ab!

Hier im Wendland wandern wir durch eine eher trockene Gegend – selbst heute, nach dem Regen, werden die Felder großräumig bewässert.

Beim Durchmarsch durch die Bewässerungsanlagen müssen wir unser Timing gut optimieren: Erst Warten, bis der Strahl sich vom Weg entfernt , dann zügig auf dem Weg voranschreiten und dabei immer die bewegliche Düse im Blick behalten. Nach dreißig Sekunden heißt es auf dem Weg nämlich wieder „Wasser Marsch!“

Das Wasser wird übrigens aus einer Art Hydranten im Boden mit dicken Schläuchen zu den Düsen geleitet. Die dicke Spulen für die Schläuche stehen überall mehr oder weniger dekorativ in der Landschaft herum.

Verrostete Wasserschlauch-Spule, vorteilhaft beleuchtet

Heute ist deutlich zu bemerken, das wir uns in einer alten und irgendwie vergessenen Kulturlandschaft bewegen. Viel Kopfsteinpflaster, alte Höfe, schattige Alleen.

Zwischendurch lange Abschnitte mit dichtem Kiefernwald. Auffällig ist der sandige Boden und die völlige Abwesenheit von Bächen und Pfützen. Knochentrocken ist es hier, jedenfalls am Boden!

In einem Waldstück kurz vor dem Weiler Gledeberg treffen wir auf etwas, was wir in Deutschland noch nie gesehen haben: Eine Hütte des Europäischen Fernwanderweg E6!

Freunde der Europäischen Wanderidee, die im nahegelegen Gledeberg wohnen, haben die Betreuung des hiesigen Abschnitts übernommen und pflegen vorbildlich Hütte, Wegmarkierungen und Informationen zum Weg. Schon den ganzen Wandertag haben wir uns über die lückenlosen Wegmarkierung seit Bad Bodenteich gewundert, die den Einsatz unserer Wanderapp nahezu überflüssig macht. In der Hütte finden wir Karten und Beschreibungen der gesamten Route von der Adria bis nach Finnland und ein Wanderbuch, in das wir uns sogleich eintragen. Der letzte Eintrag vor dem unseren ist vom Februar!

Neben den Mücken wird der Friedel dieses Mal noch von einem weiteren Ungemach geplagt: Blasen an den großen Zehen!
Noch nie in unserer ganzen Wanderkarriere hatten wir bisher Ärger damit. Andere Wanderer klagen ständig auf jeder längeren Tour über Blasen, aber wir haben darüber stets milde gelächelt. Wir hatten bisher NIE welche!

Friedel hat sich gestern Abend gut verpflastert, aber ab Kilometer 25 schmerzen die Dinger immer unangenehmer. Die letzten fünf Kilometer geht der Friedel auf dem Zahnfleisch – der Vergleich „hinkt“, ich weiß! 🙂

Kurz vor unserem Etappenziel Reddereitz kommen wir am phänomenalen „Findlingspark Clenzer Schweiz“ vorbei. Hier hatten wir gehofft, große Findlinge in ihrer natürlichen Umgebung zu bestaunen. Aber die Steine sind größtenteils künstlich angeordnet und wurden nach geologischen Erdzeitaltern klassifiziert und beschriftet. Insgesamt ein nettes Plätzchen, aber für geologische Laien wir uns eher langweilig …

„Clenzer Schweiz“ heißt die Gegend wohl, weil es hier doch tatsächlich recht hügelig ist. Am Ende des Tages müssen wir sogar einige Hügel erklimmen!

Reddereitz ist gar kein richtiges Dorf. Zusammen mit dem benachbarten Kloster und dem nördlicher gelegenen Gohlefanz kommen vielleicht fünfzehn Gehöfte plus Nebengebäude zusammen, mehr nicht. Trotzdem leistet sich der Ort den „Heidehof“, eine herrlich altertümliche Hotelanlage!

Der Heidehof kocht nur für seine Gäste. Viel zu tun hat die Wirtin nicht – neben uns gibt es noch ein älteres Paar und einen allein reisenden Mann mit Badeschlappen, den wir für einen Radler halten. Bei mittlerweile schönstem Wetter sitzt das Paar drinnen, die „Outdoor-Sportler“ auf der Terrasse. Sowohl die Innen- als auch die Außenanlagen sind gepflegt, aber konsequent-durchgestylt in den Siebzigern stecken geblieben. Herrlich!

Friedel kann ich heute nach dem Abendessen gar nicht mehr überreden, noch einen Gang durch die Ortschaften zu machen, zu sehr schmerzen seine Füße. Stattdessen sitzen wir auf dem Balkon vor unserem Zimmer und beobachten den Pferdewirt von gegenüber aus Kloster, wie er eine Stunde lang ein Pferd nach dem anderen von der Koppel holt. Ein wahrhaftig abendfüllendes Unterhaltungsprogramm!

Aber wie es immer so ist – leider haben wir keine Fotos von unserem romantischen Abend mit Kunstrasen und Monoblock-Stühlen auf dem Balkon gemacht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als zum Schluss noch ein paar Highlights des Tages einzufügen!

In GB gibt es jede Menge nach Honig duftenden Ginster – in Deutschland duftet er nicht!

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Auf dem Weg zum Kaiserpaar – die Neu-Harzer gehen stempeln!

Ende November haben wir unser neues Haus im Harz bezogen. Zwar ist das Harzhaus noch lange nicht fertig renoviert, aber endlich haben Friedel und ich ein wenig Zeit, Schleifmaschine und Pinsel auch mal zur Seite zu legen und die eine oder andere kleine Wanderung zu unternehmen.

Und wir sind begeistert! Hier in Seesen haben wir alles was wir brauchen – Geschäfte, Ärzte, Cafés und Restaurants. Aber nur zwei Kilometer von uns entfernt beginnt der Harz – und der mutet uns im Vergleich zur Alb so richtig schön wild an!

Schon bei einer früheren Wanderung im Sommer hatten wir an der Tränkebachhütte so einen komischen grünen Stempelkästen entdeckt. Sieht aus wir ein altmodischer Briefkasten, hat eine Klappe mit einer Nummer vorne und drinnen ein Stempelkissen und einen runden Stempel, gegen Diebstahl gesichert mit einem langen Draht. Wir dachten uns gleich, dass der Stempel wohl einer ähnlichen Funktion dient wie die Pilgerstempel auf den Jakobswegen – Hier wollen welche beweisen, dass sie etwas erreicht haben und sich damit eine Urkunde oder ähnliches verdienen. So etwas brauchen wir nicht, dachten wir … 😆

Aber mittlerweile sind wir mit dem Stempelvirus infiziert. Letzten Freitag haben wir uns zwei dieser Stempelhefte der „Harzer Wandernadel“ geholt. Die Stempelei erscheint uns mittlerweile gar nicht mehr so blöd: Über den ganzen Harz verteilt gibt es nämlich sage und schreibe 222 Stempelstellen, die sich an besonders schönen Plätzen befinden. Mittlerweile beteiligen sich drei Bundesländer am System der „Harzer Wandernadel“: Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Natürlich gibt es einen Stempelkasten auf den Brocken, am Hexentanzplatz und an den Teichen des Oberharzer Wasserregals. Aber auch an weniger bekannten Plätzen kann man staunen und dann stempeln: An urigen Hütten, romantischen Wasserfällen, weiten Aussichten oder markanten Felswänden.

Stempelstelle 104 – Tränkebachhütte bei uns in Seesen

Allein in einem Radius von zwanzig Kilometern von uns gibt es an die zwanzig Stempelstellen, die wir demnächst erwandern können. Gerade weil wir uns hier in der neuen Umgebung noch nicht so gut auskennen, haben wir somit jede Menge interessante Ziele im Blick.

Von nun an sammeln wir also Stempel. Einige interessante Rundwanderwege haben wir schon in unserer Wanderapp gespeichert. Dabei gilt es, durch geschickte Wegführung gleich zwei oder drei Stempelstellen miteinander zu verbinden. Schon mit acht Stempeln könnten wir die erste Leistungsstufe erreichen und uns die bronzene Wandernadel an das Revers heften. Mit fünfzig Stempeln darf man sich „Harzer Wanderkönig“ nennen und mit allen 222 Stempeln im Heft wird man zum Kaiser gekrönt – für die meisten bedeutet dies jedoch ein mehrjähriges Wanderprogramm!

Wenn ihr mögt, könnt ihr uns auf unseren Entdeckertouren begleiten und mit uns den Harz kennenlernen. Von nun an wird gestempelt!

DDLN Etappe 52: Auf dem E6 von Altenau nach Goslar

2. Oktober 2020: 22 Kilometer

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Heute ist unser letzter Wandertag in diesem Urlaub – und er versöhnt uns ein wenig mit dem E6 und dem Harz!

Der Tag beginnt mit glänzendem Wetter und der typischen Harz-Szenerie, die wir schon vom Vortag kennen – breite Schotterwege, schlammiges Ambiente. Auch hier rund um Altenau brummt der Handel mit Fichtenholz!

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Aber schon nach wenigen Kilometern erreichen wir das erste Highlight des Tages: Den Oker-Stausee! Er ist groß, er ist blau – aber leider ist nur wenig Wasser drin.

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Auch nach dem Stausee geht es breitspurig weiter. Aber durch den ausgedünnten Nadelwald gibt es einige hübsche Ausblicke auf den See und die umliegende Landschaft.

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Schön ist der Abstieg nach Römkehall – endlich wandeln wir auf schmalen Wegen!

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Ab Römkehall wollten wir eigentlich einen anderen Weg nach Goslar nehmen, fernab vom E6. Dessen Route führt nämlich durch das Okertal immer parallel zu einer Bundesstraße, was wir uns laut und stinkig vorstellen. Aber im August hat Chrisi von „Wanderblende“ einen tollen Beitrag über das Okertal veröffentlicht, der uns inspiriert hat, nun doch die Route auf dem E6 durch das Oktertal zu nehmen. Falls es euch interessiert: Hier der Link zu Chrisis tollen Beitrag: https://wordpress.com/read/blogs/153741105/posts/5240

Im Gegensatz zu Chrisi sind wir nicht frühmorgens und im Nebel, sondern an einem sonnigen Nachmittag unterwegs – trotzdem sind wir schier begeistert von dem mit großen Findlingen übersäten, engen Tal.

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Im unteren Teil des Tals wird der Weg ausgesprochen steinig und artet über Felsen zu einer moderaten Kletterpartie aus:

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Der Verkehrslärm ist im Tal kaum zu hören: Die Straße verläuft oberhalb des Tals und das laute Rauschen der Oker übertönt den Autoverkehr. Was für ein toller Abschluss unseres Wanderurlaubs!

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In Goslar machen wir noch einen Schlenker über die Kaiserpfalz, einer repräsentativen Burganlage der Salier, ursprünglich aus dem elften Jahrhundert. Bei dem Gebäude handelt es sich um den ältesten Profanbau Deutschlands, was dem Ensemble den Status einer UNESCO-Weltkulturerbestätte eingebraucht hat. Leider wurde der Bau im 19. Jahrhundert ziemlich kaputt renoviert, ist aber trotzdem sehr eindrucksvoll.

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Am Abend ist es noch so warm, dass wir unseren Urlaub in einem Biergarten ausklingen lassen können. Dieses Mal fällt es uns besonders schwer, nicht weiterzulaufen – am liebsten würden wir unsere Wanderung bis Lübeck fortsetzen!

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DDLN Etappe 51: Auf dem E6 von Scharzfeld nach Altenau

Mittwoch, 30. September 2020: 28 Kilometer

Wer die Schönheit des Harzes kennenlernen möchte, sollte sich nicht auf den E6 begeben!

Wir vermuten mal, dass die Europäischen Fernwanderwege konzipiert wurden, um den Wanderer möglichst schnell und effektiv durch Europa zu führen. Es sind quasi europäische Wander-Autobahnen, die uns auf breiten Spuren möglichst gerade und ohne Hindernisse wie Steine und Wurzeln von einer Etappe zur nächsten bringen sollen. Nur so können wir uns erklären, dass der E6 fast nur auf Asphalt und breitesten Forstwegen durch den Harz verläuft – jedenfalls auf der Etappe, die wir heute gelaufen sind!

Der Tag beginnt für uns nass. Nicht dass es regnen würde, nein nein, wir steigen halt in den dichtesten Nebel auf und begegnen dem Phänomen des Flugregens, den wir schon aus Schottland kennen. Direkt hinter Scharzfeld geht es bergauf (von 240 auf 640 Meter) auf den Großen Knollen. Woher er seinen Namen hat, wissen wir nicht, denn wir sehen nichts!

Interessanterweise hat die Baude auf dem Knollen geöffnet und auf dem steinigen Weg dorthin kommt uns im Nebel ein einsamer Poncho-Träger entgegen. Dies wird der einzige Wanderer bleiben, den wir heute treffen.

Den Kaffee bekommen wir durch eine Durchreiche in der Wand serviert und wir trinken ihn auf nassen Picknickbänken vor der Baude.

So halten wir uns dort gar nicht lange auf, denn wir haben noch ein strammes Wanderprogramm vor uns. Nach 400 Metern Aufstieg geht der Weg nun nämlich wieder 300 Meter runter nach Sieber, um uns von dort gleich wieder 500 Meter hoch zu führen. Wir laufen heute 18 Kilometer nur bergauf!

Nach der Knollen-Pause geht es auf einem schmalen und glitschigen Pfad recht steil bergab. Das ist zwar anstrengend und bedarf einer hohen Konzentration, aber dies ist der schönste Abschnitt des heutigen Tages!

Sieber ist nicht der Rede wert und besteht größtenteils aus Pensionen, die Namen wie „Haus Gisela“ oder „Haus Iris“ oder „Tannengrund“ heißen. Die Gardinen vor den Fenstern erinnern uns an unsere Kindheit in den 70ern.

Nach Sieber geht es wieder bergauf, und zwar kilometerlang auf einer asphaltierten Forststraße. Auf meiner Outdoor-Active-Karte ist der Weg jedoch als Schotterweg eingezeichnet. Wir wundern uns über den Belag, aber schnell wird uns klar, warum dieser Aufwand des Asphaltierens getroffen wurde: Auf dem Weg überholen uns mindestes sechs brausende, riesige LKW, mit Baumstämmen beladen. Überhaupt scheint der Holzschlag hier ein einträgliches Geschäft zu sein – wir passieren riesige, abgeholzte Flächen.

Aber auch ohne die Teerstraßen wird es nicht besser: Als wir endlich mal wieder Naturwege unter unseren Füßen haben, müssen wir durch Schlamm waten und über Äste steigen. Was für eine Unverschämtheit, dies ist immerhin ein internationaler Wanderweg!

Als wir die Grenze zum Nationalpark Harz passieren, wird es etwas weniger mit dem Holzschlag. Angeblich werden hier die toten Bäume stehen- und liegen gelassen. Tatsächlich sieht der Wald ein wenig besser aus, aber auch hier gibt es große Flächen mit abgestorbenen Bäumen. Schön ist was anderes!

Kurz vor Altenau freuen wir uns auf den „Wildnispfad“, der auf den Wegweisern ausgeschrieben wird. Auf unserer Karte als dünne, rote Strichel-Linie eingezeichnet, müssen wir auch hier breite Schotterwege in desolatem Zustand passieren, vorbei an großen Wüstungen. Erst kurz vor Altena erfahren wir, dass der „Wildnispfad“ ein 1,5 Kilometer langer Rundweg auf Rindenmulch ist, auf dem die Besonderheiten des Nationalparks en miniature gezeigt werden. Das. Ist. Doch. Nicht. Wild!!!

Beim Einmarsch nach Altena freuen wir uns über eine kleine, letzte Passage auf einem naturbelassen Weg. Na endlich!

Altenau sieh aus wie eine Wild-West-Stadt. Die Häuser sind fast alle aus Holz und sehen aus, als wenn sie nur provisorisch hier ständen. Auch hier buhlen zahlreiche, altmodisch anmutende Pensionen um die wenigen Gäste, die jetzt, Ende September, noch auf den Straßen flanieren.

Viele Geschäfte stehen leer, haben geschlossen oder verkaufen altmodische Harzer Souvenirs aus Holz, Porzellan, Schnaps oder Wurstwaren. Als wir um eine Ecke biegen, kriege ich fast einen Herzanfall, als mich aus einem Hauseingang zwei lebensgroße, struppige Hexen aus Pappmarché angrinsen.

Unser Hotel hat heute Ruhetag und wir laufen ein wenig herum, um einen Platz zum Essen zu finden. Wir landen im ersten Hotel am Ort, das aber merkwürdig aus der Zeit gefallen zu sein scheint: In den Fenstern stehen Barbie-Puppen mit gehäkelten Ballkleidern, die Einrichtung ist rustikal aus den 70ern und in der Ecke sitzen Loriot und seine Verlobte Hildegard.

Aber die Wirtin ist sehr freundlich und das Essen ist gut!

DDLN Etappe 50: Auf dem E6 von Duderstadt nach Scharzfeld

Dienstag, 29. September 2020: 27 Kilometer

Das Hotel Budapest ist ein richtiger Familienbetrieb: Die ungarische Großmutter macht das Frühstück – und sie will uns mästen! Entgegen unserer Proteste schöpft sie uns nicht eine, nein gleich zwei, Friedel drei Kellen ihres Spezial-Rühreis mit Paprika und Zwiebeln auf den Teller – zum Glück hat sie heute die Chilis vergessen … 🙂

UnserWandermorgen beginnt erneut kalt, aber mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel. Was haben wir doch wieder für ein Glück!

Heute wandern wir von Duderstadt aus direkt auf dem E6 in die Hügel. Von hier aus werden wir im nächsten Urlaub dem E6 weiter bis zur Ostsee folgen.

Auf allen Wiesen und Feldern glitzert der Tau und in den Tälern steht noch der Morgennebel.

Interessanterweise haben Friedel und ich andere Routen des E6 auf der Outdoor-Active-App. Ich habe die Karte von Outdoor-Active, Friedel wandert nach der Open-Street-Map-Karte. Mal stimmt die eine, mal die andere Version. Wir wählen am liebsten die Route, die nicht durch’s nasse Gras führt oder im Gestrüpp endet. Aber leider lässt sich beides nicht ganz vermeiden …

In Breitenberg suchen wir nach einer Bäckerei für einen Kaffee, aber es gibt keine. Sehr einladend sieht wenig später das Forsthaus Hübenthal aus, aber es scheint geschlossen zu sein. Friedel lässt sich aber nicht so leicht abschütteln und geht fragen, während ich schüchtern an der Pforte stehen bleibe. Obwohl der Gasthof eigentlich heute Ruhetag hat, hat der Wirt ein Herz für Wanderer und kocht uns exklusiv einen Kaffee, den wir im sonnigen Biergarten so richtig zu schätzen wissen. Vielen Dank (und Frechheit siegt)!

Weiter gehts durch Feld und Wald zum Quelltopf der Rhume. Wie bei uns auf der Alb kommt das Wasser aus einer unterirdischen Karstquelle nach oben und bildet einen blauen Quelltopf mit kristallklarem, schnell fließendem Wasser. Der See im Wald sieht verwunschen und friedlich aus.

Von nun an geht es kilometerlang im Wald sachte bergauf. Die Sonne hat sich mittlerweile verzogen und es wird wieder kälter, sodass wir für die Anstrengung ganz dankbar sind. Wir hiken uns sozusagen warm!

Unsere Mittagspause findet heute auf einem luxuriösen Picknickplatz im Wald statt. Leider haben wir nicht so viel zu essen dabei und so geht es bald weiter.

Als wir auf dem Rotenberg oben ankommen, haben wir einen phantastischen Blick auf das Harzvorland und die grünbraunen Berge des Harzes. Auch die Sonne zeigt sich wieder, passend für den Marsch über die grasigen Wiesen und abgeernteten Felder auf den Hügeln. Es geht rauf und runter, leider größtenteils auf Asphalt. Wann immer es möglich ist, weichen wir auf den schmalen Grasstreifen neben den Landsträßchen aus. Das Asphalt-Treten geht uns nämlich auf die Hacken!

Am Fuß des Harzes, in Barbis, treffen wir auf eine Bäckerei und gönnen uns Kaffee und zwei riesige Kuchenstücke. Beim Schwatz mit der Bäckereiverkäuferin freuen wir uns darüber, wieder unsere heimatliche Sprechweise zu hören und nicht mehr aufzufallen, wenn man „Ja, ne?“ sagt! Denn eigentlich kommen Friedel und ich ja aus dem nordöstlichen NRW und sind bis heute des Schwäbischen nicht mächtig … 🙂

Das Ende heute ist unschön: Zwei stramme Kilometer an einer vielbefahrenen Landstraße entlang. Der Anmarsch zum Hotel zieht sich ewig hin. Der Lohn dafür ist dann aber ein Zimmer mit – Terrasse! 🙂

DDLN Etappe 49: Auf verschwurbelten Wegen und auf dem Grünen Band von Heiligenstadt nach Duderstadt

Montag, 28. September 2020: 28 Kilometer

Wenn ihr mal als Touristen in Heiligenstadt seid: Wir empfehlen das Hotel „Norddeutscher Bund“ – es erhält den Preis für das beste Essen auf dieser Tour und für den originellsten Teppichboden.

Heute ist es schon morgens milder als gestern. Die Zitterpartie von gestern wird sich heute wohl nicht wiederholen!

Wir haben noch nicht die gesamte Altstadt von Heiligenstadt gesehen und beginnen den Tag mit einer Besichtigung des Westteils der Altstadt. Es folgt ein langer Weg durch die Kuranlagen, das lieben wir ja nicht so. Aber wenigstens fahren da keine Autos!

Ansonsten wandern wir heute schön abwechslungsreich durch Feld, Wald und Wiesen. Einmal kommt ein richtiges Schottland-Feeling auf: Ein Weg durch ein Tal – auf der Karte sehr wohl vorhanden, ist schlichtweg nicht existent und wir schlagen uns durch Büsche, kniehohes nasses Gras. Dann laufen wir einen Bach auf und ab, um eine halbwegs passable Stelle zum Überspringen zu finden. Es dauert vier Stunden, bis unsere Schuhe wieder trocken sind!

Der Nachteil beim Wandern abseits von gekennzeichneten Wegen ist, dass es nur wenige Bänke oder Picknick-Plätze gibt. Auch Cafés oder Imbiss-Buden gibt es keine. Deshalb legen wir unsere Mittagspause vor der Feuerwache von Neuendorf ein, direkt neben der Hauptstraße durch den Ort. Sämtliche vorbeifahrenden AutofahrerInnen verdrehen sich schier die Hälse. Scheinbar laufen solche Tramps wie wir nicht jeden Tag durch den Ort.

Das Highlight des heutigen Tages ist das Außenareal des Grenzmuseums Eichsfeld. Nachdem wir schon einige Kilometer auf dem ehemaligen Kolonnenweg zurückgelegt haben, kommen nun noch ein paar Türme, Bunker und Grenzzäune dazu, samt geharktem Sandstreifen und Flutlichtern. Hier hat man etwa einen Kilometer des originalen Zauns stehen lassen. Sehr beeindruckend, aber auch bedrückend.

Die letzten drei Kilometer nach Duderstadt laufen wir größtenteils auf einem asphaltierten Radweg. Die ziehen sich echt ewig, wenn einem die Füße nach 25 Kilometern eh schon wehtun.

Als erstes steuern wir ein Café an, wir haben uns Kaffee und Kuchen verdient. Danach haben wir endlich einen Blick für die Schönheit von Duderstadt. Was für prächtige Fachwerk-Bauten!

Heute Abend dann machen wir einen Abstecher nach Ungarn – wir wohnen im Hotel „Budapest“ mit stilechter Gulasch- und Krautwickel-Küche. Egészségére!

DDLN Etappe 48: Auf den Naturparkweg Leine-Werra von Martinfeld nach Heilbad Heiligenstadt

Sonntag, 27. September 2020: 22 Kilometer


Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Der Tag heute kann folgendermaßen umrissen werden: Wald Wald Wald, kalt kalt kalt!


Am Morgen hängen die Regenwolken noch an den Bergen, aber es wird den ganzen Tag trocken bleiben. Unser Weg verläuft heute größtenteils auf weichen Waldwegen, die vom Regen gesättigt sind. Es gibt so Tage, da wünscht man sich den Schotter zurück! 🙂

Aussichten haben wir heute satt. Wenn sich dann auch noch die Sonne ein wenig zeigt, glüht die Herbstlandschaft förmlich, mit all den kräftigen Herbstfarben – orange, ocker, sattgrün.
Besonders schön ist der Blick kurz nach Bernterode, von den Dieteroder Klippen herab. Hier treffen wir auch auf die einzigen anderen Wanderer an diesem kalten Herbsttag.

Unsere Mittagspause verbringen wir in einer zugigen Hütte über dem Dörfchen Lutter. Es ist so kalt und windig, dass wir uns freiwillig die Regenjacken anziehen …

Wie gestern führt uns der Wanderweg ständig wechselnd bergauf und -ab. So kommen auch heute 600 Höhenmeter Anstieg zusammen. Zwischendurch wird uns dabei immer wieder mal richtig warm!
Kurz vor Heiligenstadt kommen wir an einem Denkmal für den Turnvater Jahn vorbei – das erste Denkmal dieser Art, dass wir gesehen haben!
Heiligenstadt ist überraschend prächtig. Das hatten wir so nicht vermutet, denn der Ort ist nicht besonders groß. Von der Stadtmauer stehen noch größere Teile, die Innenstadt ist mit reich verzierten Barockbauten ausgestattet und der Barockgarten an der Marienkirche ist eine Augenweide. Aber wie es so häufig in mittelgroßen oder kleineren Städten in Deutschland der Fall ist – jedes dritte Geschäft in der Innenstadt steht leer. Bedauerlich!

Heiligenstadt ist unsere letzte Station in Thüringen. Morgen geht’s auf nach Niedersachsen!

DDLN Etappe 47: Auf den Grünen Band und dem Naturparkweg Leine-Werra von Altenburschla nach Martinfeld

Samstag, 26. September 2020: 29 Kilometer

So schlimm wird’s heute dann doch nicht mit dem Regen – erst um 13 Uhr beginnt es zu tröpfeln und erst ab 16 Uhr regnet es sich richtig ein. Wir packen nicht mal die Regenhosen aus!

Heute stehen 29 Kilometer im Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal auf dem Programm. Wir sind erstaunt, wie bergig es hier ist – heute kommen satte 900 Höhenmeter Aufstieg zusammen, weitaus mehr als das tägliche Pensum auf dem Rennsteig.Die meiste Zeit der Strecke sind wir auf dem Grünen Band unterwegs, auf dem Kolonnenweg der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Bei der Errichtung der Grenzanlagen wurde scheinbar keine Rücksicht auf geografische Gegebenheiten genommen: Der Kolonnenweg führt wie bei einer Achterbahn ständig rauf und runter, teilweise mörderisch steil.Im Gegensatz zu dem Stück Kolonnenweg zwischen Blankenstein und Schlegel, das wir auch schon gelaufen sind, besteht der Weg hier nicht aus dem fiesen Lochbeton, sondern aus größeren Betonplatten – so muss man wenigstens nicht immer Sorge haben, in den Betonlöchern mit dem Fuß stecken zu bleiben.Spannend ist der „Stasi-Tunnel“, an dem wir gleich auf den ersten Kilometern auf dem grünen Band vorbei kommen. Die Röhre sieht aus wie ein gewöhnliches Abflussrohr, ist aber für die Stelle gänzlich überdimensioniert. Eine Infotafel verrät uns, dass hier Waffen und Menschen über die Grenze transportiert wurden, die nicht über die offiziellen Grenzübergänge gehen sollten.Später treffen wir noch auf zwei alte Grenztürme. Ansonsten erstaunt uns erneut, wie abgeschieden das Grüne Band ist: In der Nähe gibt es keine Dörfer, keine Straßen, keine Häuser.Uns kommt hier eine gute Geschäftsidee: Wir gründen einen Verein mit dem Ziel, die ehemaligen Grenzwege zu einem großen europäischen Fernwanderweg umzugestalten. Der ginge dann von der Ostsee bis an die österreichisch-slowenische Grenze. Unterwegs richten wir auf dem „ICT“ (Iron Curtain Trail) Camps mit Duschen ein und stellen Picknick-Bänke auf. Finanzieren wollen wir das Ganze, indem wir eine der Betonplatten-Spuren nach Schottland verkaufen! 😜In Geismar finden wir einen Netto-Supermarkt mit Bäckerei und kommen an einen Kaffee und den typischen Schmandkuchen der Region.

Als wir den Parkplatz verlassen, beginnt es so richtig zu regnen. Zum Glück liegen nur noch etwa acht Kilometer vor uns, die wir größtenteils durch Wald laufen. Durch das Blätterdach dringt nur wenig Regen durch, sodass wir nur mäßig nass werden. Und endlich kommen unsere Regenjacken zum Einsatz – die hätten wir doch sonst ganz umsonst mitgeschleppt!In der „Krone“ in Martinfeld nimmt uns die junge Wirtin gleich die nassen Klamotten ab und hängt sie in den Trockenraum. Das nennen wir hikerfreundlich!

DDLN Etappe 46: Auf dem Lutherweg und querfeldein von Hörschel nach Altenburschla

Freitag, 25. September 2020: 24 Kilometer

Glück gehabt!
Obwohl heute Regen angesagt ist, schauert es nur am Morgen, als wir noch im Hotel sind. Den Rest des Tages ist es windig und kalt, aber es bleibt trocken.

Kaum haben wir den Rennsteig verlassen, gibt es Aussichten! Wir wandern durch den Naturpark Werra-Leine und der Morgen beginnt mit einem Gang an der Werra entlang. Wir passieren den kleinen Ort Spichra und ein großes Hofgut, dass nun als Hotel- und Tagungszentrum dient. Die Auen um die Werra herum sind weit und flach und mir Binsen und Rohrkolben bestanden. Schon von Weitem erkennen wir Burg Creuzberg und die Kleinstadt am Fuß der Festung. Hier finden wir eine Bäckerei und freuen uns über Kaffee und Rosinenbrötchen auf einer Bank unterhalb der Burgmauer.Direkt nach Creuzburg geht es steil den ersten Berg des Tages hinauf – weitere werden folgen. Zwischen Schlehen-, Wachholder- und Weißdornbüschen schleppen wir uns einen steinigen Hang hinauf und kommen trotz der kühlen Temperaturen ganz schön ins Schwitzen.
Die Belohnung ist ein weiter Blick zurück ins Werratal und auf die herbstliche Kulturlandschaft um uns herum.

Oben auf der Ebene treffen wir auf die einzige Wanderin, die uns heute entgegen kommt. Wie wir ist sie mit Rucksack unterwegs und genauso überrascht wie wir, auf diesem abgelegenen Stück Weg jemanden zu treffen. Vermutlich war sie auch bei den Hügelgräbern von Scherbda, auf die wir beide besonders gespannt waren. Wir krauchen eine Viertelstunde durch’s dichte Unterholz und entdecken tatsächlich drei hügelige Erhebungen mitten im Wald, aber bronzezeitliche Grabbeigaben, Schätze gar, haben wir nicht gefunden!Tolle Dörfer haben sie hier! Viel Fachwerk, mächtige Trutzkirchen, idyllische Dorfanger. Aber Bänke für unsere Mittagspause finden wir keine. Hinter Schnellmannshausen packen wir unsere Sitzmatten auf einer Wiese aus und setzen uns ins Gras. Das findet eine Horde Kühe ganz toll – laut muhend laufen sie auf uns zu, nur ein Elektrozaun rettet unser Mittagsmahl. Charakteristisch für den heutigen Tag sind die steilen Auf- und Abstiege. Um wieder zur Werra hinabzusteigen, müssen wir durch eine dunkle, matschige Rinne steil nach unten absteigen. Solche Kniekracher gab es auf dem Rennsteig nicht!
Unten an der Werra treffen wir wieder auf ein altes Stück Grenzweg. Wir überqueren den Fluß über eine alte Metallbrücke mit Gitterboden, die vermutlich noch aus DDR-Zeiten stammt.Heldra und Altenburschla sind ebenfalls echte Schmuckstücke. Unser Gasthof liegt in Altenburschla an einem schmucken Dorfplatz unter Linden, der rundherum mit prächtigen Fachwerkbauten umstanden ist. Das Essen ist teuer, aber ganz besonders. Das haben wir uns heute verdient – wir feiern heute Bergfest! Sieben Wandertage liegen hinter uns, sechs kommen noch – und morgen soll es uns die Hucke voll regnen!

DDLN Etappe 45: Auf dem Rennsteig von Mariental nach Hörschel

Donnerstag, 24. September: 14 Kilometer

Mit dem Wetter haben wir heute noch mal Glück: Als wir die supersteilen Pfade zur Wartburg aufsteigen, regnet es einmal kurz, aber heftig. Im dunklen Buchenwald unterhalb der Wartburg trifft uns jedoch kaum ein Tropfen.

Es ist klug, die Wartburg gleich am Morgen anzugehen, bevor die Touristen-Massen in die Burg einfallen. Morgens um neun haben wir die Festung fast für uns allein!

Diese angeblich „deutscheste“ aller Burgen besticht vor allem durch ihre Historie und Lage. Fast alle heute bestehenden Gebäude auf der Feste sind aus dem 19. Jahrhundert, also nicht besonders alt. Eine UNESCO-Weltkulturerbestätte ist die Burg aber wegen ihrer Geschichte: Von Martin Luther über den Sängerkrieg und das Wartburgfest im Jahr 1848, wohl auf kaum einer anderen Burg in Deutschland haben so viele symbolträchtige Ereignisse stattgefunden.

Die Anlage ist auf jeden Fall beeindruckend und vom „Tugendpfad“ unterhalb der Burg haben wir einen weiten Panoramablick über den Thüringer Wald und die Stadt Eisenach.

Abenteuerlich ist die Wegführung, die ich uns von der Wartburg aus zurück zum Rennsteig ausgetüftelt habe: Die Pfade auf „Outdooractive“ existieren entweder gar nicht, sind steil und abschüssig oder mit Brennnesseln verkrautet. Das sind sieben wirklich anstrengende Kilometer, auf denen wir aber gar niemanden treffen! 🙂

Wir sind glücklich und dankbar, als wir in Claustal wieder auf den Rennsteig treffen. Auf den letzten Kilometern bis Hörschel kommen uns wieder einige Wanderer mit Rucksack entgegen, frisch aus dem Zug, mit sauberen Schuhen und einem seligen Lächeln auf den Lippen – haha, ihr wisst gar nicht, was euch erwartet: Schotter, Schotter, Schotter

Interessanterweise besteht der Wald nun nicht mehr aus Nadelgehölzen, sondern aus Buchen und Eichen. Der Charakter der Landschaft hat sich total verändert – über weite Wiesenflächen hinweg haben wir plötzlich weite Ausblicke in das Werratal hinunter. Besonders beeindruckend ist dabei die riesige Autobahnbrücke, die das Tal überspannt 🙂

Unser Zieleinlauf in Hörschel gestaltet sich eher enttäuschend: Das „Tor zum Rennsteig“ ist die Toreinfahrt zu einer Pension und die hat auch noch geschlossen. Wir ziehen uns eine Apfelschorle aus dem Automaten und feiern unser Finale auf dem Rennsteig auf einer Bank an der Werra. Dabei hat sich der Friedel doch so auf einen Eiskaffee gefreut!Zum Glück ist Hörschel nur neun Zugminuten von Eisenach entfernt und wir verbringen unseren Nachmittag mit einen kleinen Bummel durch die mittelprächtige Altstadt, dem Hochlegen unserer Füße im Hotel und – einem Eiskaffee!

DDLN Etappe 44: Vom Spießberghaus nach Eisenach-Mariental

Mittwoch, 23. September 2020: 29 Kilometer

Und weiter geht es mit den breiten Schotterwegen. Mir persönlich geht das mittlerweile ordentlich auf die Nerven. Friedel ist da duldsamer, er ist begeistert vom lichten Wald und das übersteuert bei ihm den Ärger über den unschön knirschenden Belag.
Der Wander-Morgen beginnt mit leichtem Regen und dunklen Wolken, aber im Verlauf des Tages bessert sich das Wetter zusehends. Früh gibt es einige steile Anstiege, nach denen es gleich wieder runter geht. Trotz der Achterbahn kommen wir irgendwann am Fuß des großen Inselsbergs an. Der Berg selbst ist mit einer großen Telekommunikations-Anlage verschandelt, aber beim steilen Aufstieg über diverse Treppen gibt es endlich mal eine ordentliche Aussicht.
Die Landschaft hat sich verändert: Schon gestern gab es kaum mehr heideähnliche Flächen, stattdessen sind wir umgeben von lichtem Mischwald, in dem ein binsenähnliches Gras steht – Friedel nennt die Landschaft „Steppenwald“. Unter unseren Füßen knirscht nicht nur der Kies, beim Laufen treten wir auch auf Eicheln und Bucheckern, die untern unseren Füßen laut knacken.
An einem Picknickplatz kommen wir mit einem älteren Wegwart des Rennsteigs ins Gespräch. Er beklagt sich über den vielen Müll, den die Wanderer und Mountain-Biker hinterlassen. Uns beiden sind besonders die vielen Pipi-Tücher aufgefallen, die an allen Picknickplätzen die umliegenden Waldflächen übersähen – hier sind einfach viel zu viele Leute unterwegs!

Plötzlich gibt es auch Felsen – hier bestehen sie aus altem Granit und sind grau und mächtig. Die Felsformationen an dem Bergkanten ermöglichen es dem Rennsteig-Wanderer, endlich mal über die Baumwipfel zu gucken, sodass wir mehrmals einen Blick auf die weite Waldlandschaft um uns herum werfen können.

Nach 25 knirschenden Kilometern verlassen wir für heute den Rennsteig, um in einen Vorort von Eisenach abzusteigen. Von dort aus wollen wir morgen einen Schlenker zur Wartburg machen und dann weiter nach Hörschel laufen, dem Endpunkt des Rennsteigs. Und siehe da – kaum haben wir den Fernwanderweg verlassen, wird es richtig toll!

Wir steigen durch die Drachenschlucht ins Tal ab, einer engen Schlucht, die spektakulär über Holzstufen und Gitter durch eine enge Klamm nach unten führt. Die Felswände sind an manchen Stellen nur 70 Zentimeter auseinander und unter unseren Füßen sehen und hören wir, wie sich unter dem Metallgitter ein Bach rauschend in Richtung Tal bewegt.

Der Preis des spektakulären Abstiegs ist, dass wir uns morgen die ganzen Höhenmeter zur Wartburg wieder hochquälen müssen. Aber die heutige Belohnung dafür ist die tolle Küche unseres kroatischen Hotels!

DDLN Etappe 43: Auf dem Rennsteig von Oberhof bis zum Spießberghaus

Dienstag, 22. September 2020: 26 Kilometer

Oberhof steht voll im Zeichen des Sports: Diverse Sporthotels buhlen um Gäste, es gibt zahlreiche Skilifte und gleich am morgen kommen wir an einem Sport-Internat vorbei. Im Wald rund um den Ort gibt es einige ordentlich geteerte Strecken für Trocken-Biathleten und Warnschilder ermahnen uns, beim Überqueren der Strecken nach links und rechts zu gucken.

Der Wandertag heute gefällt uns richtig gut. Im Gegensatz zu gestern überqueren wir nur eine Straße. Auf 26 Kilometern kommen wir durch keinen Ort und wir wandern den ganzen Tag durch lichten Wald. Überall ist der Waldboden mit hellbraunen Gräsern bestanden, die sich wie Wellen im Wind bewegen.

Überhaupt, der Wind. Auf den diversen Anstiegen sind wir sehr dankbar für die kühle Brise und das Rauschen der Fichten begleitet uns den ganzen Tag.

Einen Punktabzug gibt es mal wieder für den Weg selbst – fast durchweg laufen wir über mittelbreite Schotterwege, nur sehr wenige Abschnitte verlaufen über waldige Pfade. Noch einen Punkt ziehen wir ab für die Aussichten: Um welche zu haben, soll man auf Türme oder Aussichtsplattformen klettern. Nein, das wollen wir nicht!Erst im letzten Drittel des heutigen Wandertages gibt es Weitblicke: Einer ist an einem alten, gefluteten Steinbruch und der andere von einer weiten Wiese aus.Wir vertreiben uns den Tag mit Zählungen: Friedel zählt die echten Runster – immerhin 39. Erstaunlicherweise sind es viele ältere Wanderer, denen wir das gar nicht zugetraut hätten. Ein singendes Rentnerpaar zieht dabei locker an uns vorbei. Ansonsten sind nur wenige Pärchen unterwegs, viele alleinwandernde Frauen oder Kleingruppen mittelalter Männer.

Ich zähle Grenzsteine. Fast den ganzen Tag wandern wir an der historischen Grenze zwischen Hessen und Sachsen-Gotha entlang, sodass ich auf die phantastische Zahl von 105 komme!Am Ziel kommen wir endlich mal zu einem Feierabend-Bier auf der Terrasse. Mitten im Wald steht das Spießberghaus, ein historisches Ausflugslokal. Hier nächtigen wir heute, inmitten von Grillen-Gezirpe und fernab jedes Verkehrslärms. Wir werden bestimmt gut schlafen!

DDLN Etappe 42: Auf dem Rennsteig von Neustadt am Rennsteig nach Oberhof

Montag, 21. September 2020: 28 Kilometer

Der Rennsteig ist ein Angeber: Noch nie haben wir einen Weg mit so einer aufgemotzten Infrastruktur erlebt. Der Weg ist vorbildlich markiert, alle drei Kilometer gibt es eine luxuriöse, saubere Hütte, innen mit lackierten Tischen und Bänken und fein geschottertem Boden. Da könnte man glatt drin schlafen – was auf dem Rennsteig angeblich sogar geduldet wird.

Rundherum stehen stets ein bis zwei neuwertige Picknicktische, oft mit dem charakteristischen „R“ in die Bänke geschnitzt.

An allen noch so kleinen Sehenswürdigkeiten gibt es Infotafeln, sodass auch die Bildung auf dem Rennsteig nicht zu kurz kommt. Chapeau!

Trotzdem hat es der Rennsteig bisher nicht in die Gilde der „Top Trails of Germany“ geschafft. Dafür ist der Schotter-Anteil wohl einfach zu hoch – selbst die schmalen Wege heute sind hier fast durchweg – wenn auch wurzelig – mit dem knirschenden Belag versehen. Vermutlich beugt der Schotter der Erosion der Wege vor, aber besonders fußfreundlich ist er nicht.

Auch geht die Tour heute fast durchweg an Straßen entlang. Gut ist dabei, dass der Rennsteigverein für die Fußgänger etwas abseits der Straße schmale Fußpfade eingerichtet hat, aber die Autos und Motorräder sind fast immer zu hören. Uns haben die schmalen und wurzeligen Fußwege jedoch erfreut, denn die finden wir viel besser als breite Schotter-Trassen.

Am historischen Rennsteigbahnhof kommen wir heute am späten Vormittag zu Kaffee und Kuchen. Und unser Vorurteil der letzten Tage müssen wir revidieren: Die Damen im Café sind ausnehmend freundlich!

Der Star des Rennsteigs ist der formidable Wald. Noch nie sind wir durch so ein großflächiges Waldgebiet gelaufen. auf dem Weg treffen wir kaum auf landwirtschaftliche Flächen und der Wald reicht bis dicht an die wenigen Ortschaften heran. Weil die Gegend hier so wenig besiedelt ist, stehen wir jeden Abend staunend unter einem phantastisch klaren Sternenhimmel – wir dachten, sowas gibt es nur in Schottland!

Heute haben wir übrigens den Mittel- und den höchsten Punkt (973 Meter) des Rennsteigs passiert. Wir hätten es nicht gemerkt, wenn es an beiden Stellen nicht wieder die Infotafeln gegeben hätte.

Eine Kurzweil von Friedel und mir ist heute, bei entgegen kommenden Wanderern einzuschätzen, ob sie „Runster“, „Halbrunster“ (Tageswanderer) oder Spaziergänger sind. Hauptkriterium für unsere Beurteilung ist die Größe der Rucksäcke und die Gangart. Am Ende zählen wir immerhin sechzehn echte Runster – fast alle kommen uns entgegen. Wir haben heute nämlich erfahren, dass wir falsch laufen – laut Wikipedia soll man den Rennsteig in geraden Jahren von Nordwest nach Südost laufen. Wir aber sind andersherum unterwegs. Peinlich!

Franz Wikipedia erklärt Friedel die richtige Marschrichtung.

DDLN Etappe 40: Auf dem Rennsteig von Steinbach am Wald nach Neuhaus am Rennweg

Sonntag, 19. September 2020
Rennsteig: 25 Kilometer

Endlich sind wir wieder auf einer längeren Wanderung!
In zwölf Wandertagen wollen wir dieses Mal vom Rennsteig bis zur Nordseite des Harzes wandern. Ein strammes Wanderprogramm von ca. 320 Kilometern erwartet uns!

Der Beginn unserer Reise gestern fing jedoch gleich kompliziert an: Wir pendeln eigentlich beide jede Woche mehrere Tage mit dem Zug nach Stuttgart und unsere Fahrt nach Bamberg sollte auch über Stuttgart gehen. Aber gerade bei unserem Urlaubsantritt gestern gab es einen Unfall auf dem Gleis und schon in Geislingen ging nichts mehr. Doch wir sind ja clever – kurzerhand haben wir uns in einen Bus nach Ulm gesetzt und haben die Unfallstelle großräumig umfahren. Am Ende waren wir nur zehn Minuten später als geplant in Bamberg.

Für dieses Mal haben wir uns vorgenommen, unbedingt Bamberg zu besichtigen, wenn auch nur für einen Abend. Abends wird es aber schon schnell wieder dunkel und wir sind erstaunt, wie wenig beleuchtet die Stadt ist. Und am Freitagabend und bei schönem Wetter ist die Stadt unangenehm voll. Menschenmassen auf der Straße, dicht an dicht, keine Maske im Gesicht. Hilfe, Corona-Alarm!

Heute früh wollen wir dann noch mal eine Stunde von Bamberg bis Steinbach fahren. Nur gibt es dieses Mal im Zug einen Notfall und in Kronach dauert es zwanzig Minuten, bis ein Sanitäter-Team das Alkohol-Opfer aus der Zugtoilette „abführt“ (O-Ton eines Mitreisenenden). Hoffentlich kommen wir ohne weitere Notfälle bis zum Harz!

Von Steinbach führt der offizielle Rennsteig fast sieben Kilometer an einer dichtbefahrenen Bundesstraße entlang. Zum Glück gibt es eine Alternativroute über schottrige Waldwege, aber auch wurzelige Pfade, die nur zwei Kilometer länger ist. Egal, wir wären doch blöd, wenn wir auf dem geteerten Radweg neben der ollen Fernstraße langzuckeln würden!

Generell erinnert uns der Thüringer Wald an den Schwarzwald: Viele Nadelbäume, breite Wege, wenig Aussichten.

Aber der Wald selbst ist sehr schön und nicht so dunkel wie der Schwarzwald. Wir bekommen heute viel Sonne ab und es geht durch Heide, Torfmoos und an großen Blaubeer-Beständen entlang.

Der Rennsteig soll ja der meistbegangene Wanderweg Deutschlands sein. So habe ich mit jeder Menge Wanderer gerechnet, gerade heute an Samstag. Friedel gegenüber habe ich schon von Menschenmassen in Jack-Wolfskin-Outfit und Meindl-Wanderbunken geunkt, die alle Pausenplätze belegen würden. Erstaunlicherweise – und sehr zu Friedels Amüsement – sind wir einen Großteil der Strecke ganz allein. Immerhin begegnen wir im Laufe des Tages vierzehn echten Fernwandern und zwei größeren, fröhlichen Rentnerrudeln mit Tagesrucksäcken – und Pausenplätze gibt es reichlich!

Das Gebiet hier ist historisch geprägt vom Schieferabbau. Wir kommen an einem großen ehemaligen Steinbruch vorbei, in dem früher besonders hochwertiger Schiefer für die Griffel-Herstellung abgebaut wurde. Heutzutage ist der Bedarf an Griffeln jedoch dramatisch gesunken und die Thüringer verkleiden nur noch die Fassaden ihrer Häuser mit dem Material – und schütten es statt Schotter auf ihre Wege!

Unser erster Zielort in diesem Urlaub ist Neuhaus am Rennweg, ein ausnehmend ungastlicher Ort. Der Einmarsch an einer Bundesstraße entlang zieht sich ewig hin und wir passieren Baumärkte und zahlreiche Handwerksbetriebe. Eigentlich hatten wir noch auf einen Eiskaffee spekuliert – Fehlanzeige!
Das Stadtzentrum ist mit moderner Zweck-Architektur verschandelt.

Der Ort war zu Beginn der Corona-Krise neun Wochen lang zum Sperrgebiet erklärt worden. Entsprechend scharf wurden wir im Hotel über die Corona-Regeln instruiert. Wir begrüßen diese Vorsicht, aber das Ganze könnte auch freundlicher ablaufen. Wir sind froh, dass wir schon vor unserer Wanderung einen Tisch in einem nahegelegenen Restaurant reserviert haben. Der ganze Ort ist nämlich wegen zahlreicher Jugendweihe-Veranstaltungen ausgebucht und wir fühlen mit den anderen Reisenden, die nicht allzu freundlich vom Wirt abgewiesen werden – Glück gehabt!
Irgendwie hat der Ort ein mieses Karma, zumindest kommt es uns so vor.

Zum Glück geht es gleich morgen wieder weiter! 🙂

Fazit für heute: Eine schöne, abwechslungsreiche Strecke mit vielen Wald- und Wurzelwegen und tolles Wanderwetter. So kann es bleiben, aber etwas weniger Schotter und Straße dürften es schon sein!

Aber einen tollen Sternenhimmel haben sie hier!

DDLN Etappe 41: Auf dem Rennsteig von Neuhaus am Rennweg nach Neustadt am Rennsteig

Samstag, 20. September 2020: 30 Kilometer

Der Rennsteig ist nicht nur der bekannteste und meist begangene, sondern auch der älteste der deutschen Fußwege. Die älteste bekannte Erwähnung des alten Handelsweg über den Kamm des Thüringer Waldes ist aus dem 14. Jahrhundert – wir wandeln also auf wahrhaft historischen Pfaden! Zeugen dazu gibt es viele unterwegs:

Neuhaus, Neustadt … die beiden Orte am Rennsteig konnte ich ewig nicht auseinander halten. Am Ende habe ich mir eine persönliche Eselsbrücke gebaut: Neustadt ist der kleinere Ort und kommt später!

Heute am Sonntag treffen wir nun doch seeehr viele Wanderer, noch dazu einige Fernwanderer mit großen Rucksäcken. Schon im Zug nach Steinbach gestern habe ich Friedel instruiert, dass der echte Rennsteigwanderer nicht „Hallo“ oder „Grüß Gott“ sagt, sondern ein zünftiges „Gut Runst“!
Wir wollen jedoch nicht übereifrig wirken und warten erst mal, was die anderen sagen. Dieses „Gut Runst“ erscheint uns doch gar zu albern. Also: Entweder grüßen uns die entgegenkommenden gar nicht oder sie rufen uns wie überall ein „Hallo“ zu. Erst am Nachmittag treffen wir zwei übereifrige Puristen mit handgeschnitzten Wanderstöcken, die uns laut den Rennsteig-Gruß entgegen werfen – aber das sind die einzigen!

Der Rennsteig heute verläuft in großen Teilen in steinigen Rinnen. Die dicken Steine und großen Stufen aus Wurzeln machen den Weg recht schwierig zu gehen und wir brauchen für die 30 Kilometer am Ende siebeneinhalb Stunden. Und die Füße tun uns weh!

Besonders ist der Rennsteig auch durch fast totale Abwesenheit von Aussichten. Eigentlich sind wir es gewohnt, dass am Ende eines langen, harten Aufstiegs eine Belohnung in Form einer tollen Fernsicht steht – nicht so auf den Rennsteig! Da kommt man prustend auf dem Gipfel an und man steht einfach nur mitten im Wald!

Andere tolle Fernwanderwege folgen oft Wasserläufen. Es gibt nichts Schöneres, als wenn sich ein munteres Bächlein neben einem murmelnd ins Tal ergießt. Aber auch Wasser trifft man auf dem Rennsteig nicht, schließlich ist es ein KAMMWEG!

Berühmt sind hier auch die vielen Bauden, kleine kiosk-ähnliche Buden mit Tischen und Bänken davor. Ich weiß nicht wie viele wir davon schon umlaufen haben, aber fast alle waren geschlossen, selbst heute am Sonntag. So müssen wir unsere Pausen mit trockenen Brötchen und unserem mitgebrachten Käse in einer der zahlreichen unbewirtschafteten Bauden verbringen.

Trotzdem gefällt uns der Weg. Der Wald ist phantastisch und um diese Zeit gibt es Unmengen von Fliegenpilzen am Wegrand. Interessanterweise sind sie hier aber rostrot bis braun, selten richtig rot.

In Masserberg, sieben Kilometer vor dem Ziel unseres heutigen Wandertages, haben wir endlich etwas Fernsicht.

Unser Hotel in Neustadt ist reichlich merkwürdig. Es gibt überhaupt nur zwei Hotels im Ort, das andere war ausgebucht. So sind wir im „Hotel Kammweg“ gelandet und mussten Halbpension buchen, sonst hätten wir im Ort nichts zu essen bekommen. HALBPENSION! Wann haben wir das das letzte Mal gehabt? Als Teenager mit den Eltern? Im Schullandheim?

Der Speisesaal versprüht den Charme einer Krankenhaus-Caféteria. Wir haben die Wahl zwischen Sauer – und Kasslerbraten, dazu gibt es Blumenkohl mit Speck und Knödel. Zum Nachtisch gibt es Wackelpeter! 🙂

Friedel ist sauer, weil er statt der Götterspeise ein Eis wollte, dies ihm aber verweigert wurde. Drei Herren am Nebentisch haben später aber eins bekommen! Wir fühlen uns diskriminiert und vermuten, dass wir hier als Kurzzeit-Gäste nicht den vollen Service bekommen. Gemein!

Auch hier ist das Service-Personal eher ruppig und das erinnert mich an Verwandten-Besuche zu DDR-Zeiten, als der Umgangston in Restaurants auch eher hemdsärmelig war. Jetzt, in der Corona-Krise, wird man sogar wieder platziert!

Aber wir wollen nicht meckern – das Wetter ist weiterhin prächtig und das Laufen macht Spaß!

DDLN Etappen 15 und 16: Durch Hohenlohe und den Schwäbisch-Fränkischen Wald von Crailsheim nach Murrhardt

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Schloss Vellberg

Crailsheim nach Schwäbisch Hall-Hessental: 32 Kilometer
Schwäbisch Hall-Hessental nach Murrhardt: 27 Kilometer
gewandert am 30. und 31. Mai 2020

Dieses Teilstück fehlte uns noch, um die letzte Lücke auf unserem Deutschlandweg zu schließen. Nun sind wir von Schaffhausen bis zum Rennsteig alle Etappen gelaufen!

Was gibt es über diese zwei Wandertage zu berichten: Ähhh … nix Besonderes! Wir hatten bestes Wanderwetter, es war sonnig, aber nicht zu heiß. Es ging durch viel Wald und Wiesen und an viel Wasser entlang. Besonders ist aber, dass es bei uns in Baden-Württemberg überhaupt erst seit diesem Wochenende wieder erlaubt ist, zu „touristischen Zwecken“ in Hotels und Gasthöfen zu übernachten. Da haben wir die Gelegenheit doch gleich genutzt!

Aber sonst war der Weg an diesen zwei Tagen wenig spektakulär. Am ersten Tag ging es über Schotter, Schotter, Schotter. Da es keinen ausgewiesenen Wanderweg zwischen Crailsheim und Schwäbisch Hall gibt, haben wir uns eine Kombination vom „Schwäbischen Hauptwanderweg 4“ und einer von Outdooractive vorgeschlagenen Route über schöne schmale Waldwege gebastelt. Der Hauptwanderweg war durchweg geschottert, was wir ja nicht so mögen. Man kommt zwar gut voran, aber das ewige Geknirsche unter den Schuhen nervt. Bergauf rutscht man zurück und bergab muss man höllisch aufpassen, nicht mit den größeren Steinen zusammen nach unten zu kollern. Außerdem sind die Wege ziemlich breit und so ein richtiges Wald-Feeling kommt für uns dabei nicht auf. Immerhin ging es über Wiesen und Felder und an dem einen oder anderen hübschen Waldsee vorbei.

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Hochmoor bei Crailsheim

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Das Highlight des Tages war das kleine mittelalterliche Städtchen Vellberg, das mit seiner befestigten Altstadt hoch über der Bühler thront. Und es gab sogar ein Eisscafé!

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Die Bühler

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Schloss Vellberg

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Dabei fiel uns auf, dass man es mit den Hygienevorschriften in solch kleinen schwäbischen Städtchen oft nicht so ernst nimmt: Zwar mussten wir uns die Hände desinfizieren und uns in eine Liste eintragen, aber bedient und abkassiert wurden wir von einer Bedienung ohne Mundschutz …

Nach Vellberg wurde es schlimm: Die von Outdooractive vorgeschlagenen Waldwege waren schlichtweg nicht mehr existent! Wir landeten nicht nur einmal im Gestrüpp und kämpften uns tapfer durch Kletten, Brennnesseln und über umgestürzte Baumstämme. Wenn wir dann wieder einen Schotterweg erreichten, waren wir richtig froh und untersuchten uns erst mal ausgiebig nach Zecken.

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Kunst am Einkorn

Am Abend nahm man in unserem Gasthof die Corona-Maßnahmen dann umso genauer: Wir durften nur den einen Eingang ins Hotel benutzen und mussten zur anderen Seite wieder hinaus. Auch wenn die Restaurant-Terrasse am Eingang lag und wir wirklich niemanden auf den Gängen getroffen haben …

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Die Krone in Schwäbisch Hall-Hessental

Beim Frühstück wurden wir dreimal gefragt, ob wir denn auch wirklich unsere Hände desinfiziert hätten. Die arme Bedienung musste uns alles einzeln an den Tisch tragen, denn am Vorabend hatten wir ein ordentliches Hiker-Frühstück bestellt: Müsli, Obst, Joghurt, Wurst, Käse, Eier, Brötchen … Trotzdem war es schön, die arg strapazierten Knochen auf einem richtigen Bett auszustrecken und am Abend mal wieder im Biergarten eine richtige Halbe zu trinken!

Am nächsten Morgen merkten wir schon, dass uns das viele Laufen auf Schotter ein wenig auf die Waden gegangen war. Zuerst mussten wir steil zum Kocher absteigen, um dann auf der anderen Seite gleich wieder hochzusteigen, das ziepte ordentlich. Aber es kam noch schlimmer – die Etappe von Schwäbisch Hall nach Murrhardt verläuft auf einem Jakobsweg und unsere Vorurteile gegen deutsche Jakobswege bestätigten sich mal wieder: Gefühlt waren wir die Hälfte der Strecke auf Asphalt unterwegs! Ein weiteres Viertel führte über breit planierte Schotterwege durch den eigentlich sehr schönen und wilden Schwäbisch-Fränkischen Wald. Erst gegen Ende der Etappe kamen wir in den Genuss, einige Abschnitte auf weichen Waldpfaden zu laufen …

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Kurz vor Murrhardt gab es noch mal ein paar schöne Ausblicke auf das Tal der Murr.

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Insgesamt war es schön, mal wieder draußen zu sein, vor allem bei dem prächtigen Wetter. Die Wiesen und Wälder sind in dieser Jahreszeit auch wunderschön. Nur an unserer Routenwahl sollten wir noch ein wenig arbeiten – vielleicht sollten wir doch häufiger auf Premium-Wegen laufen?

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