Osteuropa für Anfänger: E11 Polen und Litauen – das Fazit

Nun sind wir schon wieder fast zwei Wochen zuhause und haben so manch eine Stunde im Garten gesessen, schön gegrillt und gemeinsam über unsere Erlebnisse nachgedacht. Was können und wollen wir aus dem Abbruch unserer Tour auf dem E11 für die Zukunft lernen? Was wollen wir beim nächsten Mal besser machen, was unbedingt vermeiden?

1. Nicht überfordern!
Im Blog klingt vieles schlimmer, als es uns heute in der Rückschau erscheint. Während der Tour haben wir die schönen Landschaftspassagen leider nicht immer wert schätzen können, denn sowohl in Polen als auch in Litauen gab es sehr schöne Abschnitte mit viel Wald. Allerdings waren gerade diese Landschaften oft sehr wild und besonders für mich mit dem Rad einfach viel zu anstrengend. In Zukunft wollen wir es auch weiterhin immer wieder versuchen, Naturwege mit dem Rad zu befahren – Wenn es denn geht. Aber wir werden schneller eine Alternative wählen und uns nicht „auspowern“, so wie in Polen geschehen. Es war blöd von uns, so lange daran festzuhalten, dass wir unbedingt den E11 weiter radeln wollten. Es soll ja schließlich Spaß machen!

2. Im Hochsommer zuhause bleiben!
In Zukunft werden wir es vermeiden, in Mitteleuropa im Sommer unterwegs zu sein. Zu heiß, zu viele Mücken, zu volle Städte und Campingplätze. Das hatten wir so nicht erwartet, denn bisher waren wir immer im Frühling und im Herbst unterwegs. Nun wissen wir es!

Uwaga! Grenze!

3. Verflixte Sprache:
Seit Friedel und ich uns kennen, waren wir immer in Ländern unterwegs, in denen wir wenigstens halbwegs die Sprache sprechen, verstehen oder wenigstens ableiten können. Englisch geht immer, Spanisch und Französisch kriegen wir hin, Italienisch ging auch irgendwie. Aber mit Polnisch und Litauisch, da standen wir voll auf dem Schlauch. Wo wir unterwegs waren, gab es kaum ausländische Touristen und mit Englisch kamen wir sogar in manchen Hotels kaum klar. Das haben wir so nicht erwartet und hat uns am Anfang ziemlich gestresst. Beim nächsten Mal wären wir besser vorbereitet – Wenigstens die zehn wichtigsten Wörter der Sprache würden wir kennen, uns mehr über Übersetzungs-Apps (auch für kleine Sprachen) informieren und vor Ort einfach hartnäckiger sein und uns nicht abwimmeln lassen, auch ohne Sprachkenntnisse!

Triumph! „Chleb“ gekauft!
Schild über den „Forest Trail“ in Litauen

4. Mehr Vorbereitung bitte!
Ehrlich gesagt, hatten wir vorab kaum Informationen darüber, was uns auf den E11 ab Polen erwartet. Es gibt keinen einzigen Wanderführer zum Weg und auch im Internet haben wir außer Listen und GPX-Tracks kaum Infos gefunden. In der Rückschau wundert uns das nicht – Niemand geht diesen Weg!
Die mangelnde Beliebtheit des Wegs hätte uns stutzig machen müssen. Und unsere Bereitschaft zu Abenteuern haben wir überschätzt …
Der E11 in Polen und Litauen existiert zwar (in verschiedenen Varianten) auf der Karte, aber nicht in der Realität. Nun wissen wir es, aber vor Ort haben wir zu lange am Anspruch festgehalten, dass wir DEN E11 fahren wollen. Tagelang haben wir darüber diskutiert, wie wir mit diesen Unsicherheiten umgehen wollen … Das nächste Mal wären wir da lockerer und würden schneller umdisponieren. Hoffentlich.

Ähhh .. E11?
Hotel versus …
… Camping!

6. Unsicherheiten ertragen lernen
Tolle Hotels hatten wir. Aber die Gewissheit, jeden Abend eine passable Unterkunft vorgebucht zu haben, schafft auch eine gewisse Unflexibilität und Stress. Bei den unsicheren Wegverhältnissen wussten wir nämlich nie, wie lange wir für eine Etappe brauchen würden. 70 Kilometer auf der Straße sind schnell abgefahren, aber in der „Wildnis“ brauchen wir dafür unendlich lange. Weil wir nie wussten, wie lange wir bis zur nächsten Unterkunft brauchen würden, haben wir wenig nach links und rechts der Strecke geschaut und uns nur wenige Pausen gegönnt. Zum Beispiel waren wir nicht einmal baden, obwohl wir an tausend Seen vorbei gefahren sind.

Camping könnte eine Lösung sein und wir hatten ja auch das Zelt dabei. In Polen ist das wilde Campen jedoch nicht erlaubt und in Litauen haben wir kaum geeignete Plätze für‘s wilde Zelten gesichtet. Um mehr Planungssicherheit hinsichtlich der Strecke zu erhalten, kann man als Radler nur die Straße wählen – Asphalt, 12 km/h, das lässt sich rechnen. Hinzu kommt, dass die Datenlage in Osteuropa recht fraglich ist: Wie soll man gescheit planen, wenn die Wander-App 250 Höhenmeter für die Etappe verspricht, das Navigationssystem aber 1050 Höhenmeter vorhersagt? Am Ende lag die gemessene Wahrheit irgendwo in der Mitte …

Probleme, die wir nun kennen – Aber eine Lösung hätten wir da heute immer noch nicht. Außer vielleicht wild zu campen, was wir in Zukunft mehr kultivieren wollen. Ist halt unbequem …

Das Bellen ist schon von Weitem zu hören …

7. Freilaufende Aggro-Hunde sind ein No-Go!
Osteuropäische Hundeattacken von einsamen Gehöften wollen wir nicht mehr ertragen, da sind wir uns beide einig. Wenn wir unsere Reise im Baltikum im nächsten Jahr fortsetzen (was wir vorhaben), dann werden wir uns an die offiziellen Radwege halten, idealerweise in Küstennähe. Wir gehen davon aus, dass die Hunde dort nicht frei herumlaufen. Wen doch, dann sind wir ganz schnell auf der Fähre nach Finnland!

Eigentlich haben wir uns bei unserer ersten längeren Radreise ganz gut geschlagen. Erfreulich auch, dass wir alles ohne Blessuren überstanden haben: Die Räder haben toll durchgehalten, unsere Muskeln und Bänder haben gut mitgespielt und all unsere Besitztümer auf der Reise sind mit uns zurück gekehrt. Wir werden auf jeden Fall weiter radeln!

Und nach der Reise ist vor der Reise: Ab morgen werden wir eine Woche auf dem Weserberglandweg wandern. Mitte September packen wir dann erneut unsere Radtaschen und radeln ins Mutterland des Radelns, in die Niederlande.
Dort erwarten wir, dass die Radwege viel luxuriöser sind. Wir werden berichten!

5 Antworten auf „Osteuropa für Anfänger: E11 Polen und Litauen – das Fazit“

  1. Eure Erfahrungen was die Sprache angeht, kann ich sehr gut nachvollziehen, obwohl ich eigentlich gedacht hätte, dass es zumindest inzwischen etwas besser geworden ist.
    Ich war 2001 in Krakau auf einem Wettbewerb und die Erfahrung dass man sich dort kaum verständigen und natürlich auch die Sprache nicht lesen konnte, hätte uns zwar vielleicht nicht überraschen sollen, war aber trotzdem unangenehm.

    Außerdem haben wir einen Musikschulaustausch zwischen dem Kreis Minden-Lübbecke und einem Kreis in Estland und ich bin immer wieder überrascht, dass sich auch jetzt weder die Erwachsenen noch die Jugendlichen wirklich auf Englisch mit uns verständigen können.

    Eine vielleicht etwas naive Frage: der Buchstabe E steht doch für europäische FernWANDERwege, oder? Kann man zB in Deutschland trotzdem davon ausgehen, dass diese Wanderwege auch mit dem Fahrrad befahrbar sind?

  2. Wünsche euch für die anstehenden Touren alles Gute und viel Spaß. Mir hat unsere Reise durch das Baltikum vor 10 Jahren gefallen, aber geradelt oder gewandert wäre ich dort nicht gerne. Die Landschaft ist doch nicht so dramatisch und abwechslungsreich und die Highlights sind die Burgen und Städte.
    Das Verlagern körperlich anstrengender Aktivitäten in den Frühling und den Herbst ist in Zeiten des Klimawandels sicher eine gute Idee.
    Als ihr vor einiger Zeit auf meine Frage nach dem Wanderführer zum E 11 geantwortet habt, dass es nichts gibt, fand ich das gleich komisch, dachte aber, so fit wie ihr seid werdet ihr zurecht kommen. Was ja im Grunde auch stimmt, nur hattet ihr nicht so viel Spaß…
    In den Niederlanden und im Weserbergland wird es euch bestimmt gefallen.

  3. Ach ja,Kathrin! Dabei haben wir gehört, dass Estland noch das fortschrittlichste der Länder im Baltikum sein soll. Dass aber Zwanzigjährige im Laden nicht mal englische Zahlen bis zehn verstehen können, konnten wir nicht glauben. Wir denken, die trauen sich halt nicht ..
    Gute Frage mit den Europäischen Fernwandewegen – Der Wittekindsweg ist ja auch Teil des E11. Der Weg ist für Radler nur bedingt geeignet, aber er existiert und wird begangen! Da brauchten wir zwar ein wenig länger, weil wir auch mal schieben mussten, aber wir kamen voran. Man erkennt es auch am Höhenprofil. In Polen und Litauen war der Weg aber stellenweise gar nicht da oder so zugewachsen, dass man da auch nicht hätte wandern können.
    Sehr bergige Passagen auf den Fernwanderwegen würden wir eh nicht fahren wollen, z.B. über die Alpen oder Pyrenäen. Aber im Baltikum ist es ja eher flach, da hätten wir nicht nicht mit den Problemen gerechnet. Da läuft halt keiner! 😳

  4. Das glauben wir auch, liebe Inga!
    Du hast es sehr gut verstanden – unsere Perspektive ist natürlich die von Radlern. gerade die Städte haben uns auch sehr gut gefallen und die Ordensburgen waren zum Beispiel echt toll. das nächste Mal werden wir auch mehr die Küste mitnehmen, da wird es nämlich landschaftlich eigentlich nie langweilig! 😉
    Ich erinnere mich daran, dass du vor ein paar Jahren mal erwähnt hast, dass du den Weserberglandweg auf deiner Liste hattest. War dem nicht so?
    Wir wandern dann morgen los, mit 10 Kilo auf dem Rücken. Wir müssen das Campen üben! Wir sind schon ein paarmal mit dem Auto durch das Bergland gefahren, es wird bestimmt ganz toll! 👍

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