Auf dem E11 von Goslar nach Seesen – wer braucht denn da noch Schottland?

Gelaufen am 23. September 2021: 23 Kilometer

Seit fast drei Monaten verbringen wir unsere Freizeit fast ausschließlich mit Abreißen, Verputzen, Streichen und Kistenpacken. Das Harzhaus soll fertig werden, bevor der große Umzug vom Schwabenländle in den Norden startet. Da sind wir Neubürger in einer wunderschönen Landschaft und wir haben einfach keine Zeit, die Gegend kennenzulernen!

Zwei Wochen hatte der Friedel Urlaub und die sind nun fast um. Heute habe ich seine Hände Finger für Finger von der Mörtelkelle gelöst und ihm seine Kamera umgehängt, ihm seine Wanderschuhe angezogen und aus der Tür geschoben. Ein wundervoller Spätsommertag ist angesagt und der muss genutzt werden. Nur EIN Tag mal ohne Kalkputz und Leimfarbe!

Direkt über die Einkaufsmeile von Seesen läuft ein Europäischer Fernwanderweg, der E11. Solche internationalen Wanderwege beflügeln immer meine Phantasie – Wie wäre es, direkt vor unserer Haustür loszulaufen und zu wandern und zu wandern und zu wandern, bis man fast in Russland landet? Der E11 startet nämlich in Den Haag an der Nordsee und führt bis Tallinn in Estland.

So weit werden wir heute nicht kommen, aber die 23 Kilometer von Goslar nach Seesen versprechen eine abwechslungsreiche Tour an zwei Stauseen entlang und führen uns dazwischen über waldige Hügel, so verspricht uns die Karte.

Die Fahrt mit dem Mini-RB von Seesen nach Goslar dauert nur 20 Minuten. In Goslar haben wir 2020 die letzte Etappe unseres Deutschlandwegs von Schaffhausen nach Lübeck beendet. Nie hätten wir damals gedacht, dass wir hier wohnen würden!

Friedel kann sich an den Bahnhof in Goslar kaum noch erinnern. Ich aber weiß noch ganz genau, wo wir vor zwei Jahren einen Kaffee und Rosinenbrötchen gekauft haben – und genau das machen wir heute auch!

Der E11 beginnt direkt am Bahnhof und führt uns heute nicht in die pittoreske Altstadt von Goslar, sondern direkt durch ein Villenviertel hoch in den Wald. Sehr bald entdecken wir die typische Wegmarkierung der Europäischen Fernwanderwege, das weiße Kreuz auf schwarzem Grund.

In den Medien sieht und hört man ja immer, dass der Harz ganz arg vom Borkenkäfer geschädigt sein soll und den Wanderer kilometerweite Wüsteneien von toten Bäumen erwarten. Wir sind also glücklich, dass hier “bei uns” der Wald scheinbar noch nicht ganz so betroffen ist. Wir freuen uns über Farne am Wegesrand, Blaubeerbüsche und Heidekraut. Jetzt im Herbst sprießen überall Pilze und der Wald macht einen fast wilden Eindruck. Wir sind begeistert!

Noch mehr freuen wir uns, als wir den ersten großen Stausee, den Granesee, erblicken. Der Stausee ist eingeschlossen von waldigen Hügeln und selbst die Uferlinie sieht ziemlich natürlich aus. Hier sieht es fast so aus wie in Schottland!

Hier unten am See windet es wie verrückt. Wir haben Schwierigkeiten, auf der Staumauer das Gleichgewicht zu halten. Obwohl der See nicht besonders groß ist, schwappen Wellen an das Ufer und es bilden sich Schaumkronen auf der Wasserfläche. Huuiiii!!!

Nach dem Grane-Stausee geht es wieder ein wenig bergauf, was zu erwarten war. Ein Anstieg von 300 auf 400 Meter ist dabei aber recht angenehm und schon bald steigen wir nach Wolfshagen ab, dem einzigen Ort auf der heutigen Strecke. Hier freuen wir uns über eine Bäckerei, die uns einen weiteren Kaffee und Laugengebäck beschert. Zwar liegt der Ort recht hübsch in waldige Hügel eingebettet, weist aber sonst keine weitere Besonderheiten auf.

Außer – hier wurde der Klavierbauer Heinrich Steinweg geboren, der sich nach seiner Auswanderung nach Amerika in “Steinway” unbenannte. Da er seine erste Werkstatt in Seesen errichtete, gibt es heute einen Wanderweg von hier in unseren neuen Wohnort. Diesen Weg zeigen wir euch ein anderes Mal!

2 Antworten auf „Auf dem E11 von Goslar nach Seesen – wer braucht denn da noch Schottland?“

  1. Hallo,
    ja diese Erfahrung mit den europäischen Fernwanderwegen habe ich auch gemacht. War gerade eine Woche am Taubertalweg unterwegs der teilweise mit dem E8 identisch ist. Da wo er abweicht, läuft man über Teerstraßen, auch auf dem E1 in der
    Lüneburger Heide ist es mir extrem aufgefallen. Nur gerade langweilige Sandwege, wo doch der Heidschnuckenweg so viele schöne Wegeführungen bietet.

  2. Ja, absolut! Gleiches gilt für viele Wege des Schwäbischen Albvereins. Ich glaube, diese Wege sind einfach zu „alt“, der Geschmack der Wanderer hat sich halt geändert. Zum Glück gibt es ja heute Apps. dir einem die Wegequalität anzeigen. Ich hab mir vorgenommen, das nächste Mal im Vorfeld genauer zu recherchieren. 😏

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