Osteuropa für Anfänger: E11 Polen und Litauen – das Fazit

Nun sind wir schon wieder fast zwei Wochen zuhause und haben so manch eine Stunde im Garten gesessen, schön gegrillt und gemeinsam über unsere Erlebnisse nachgedacht. Was können und wollen wir aus dem Abbruch unserer Tour auf dem E11 für die Zukunft lernen? Was wollen wir beim nächsten Mal besser machen, was unbedingt vermeiden?

1. Nicht überfordern!
Im Blog klingt vieles schlimmer, als es uns heute in der Rückschau erscheint. Während der Tour haben wir die schönen Landschaftspassagen leider nicht immer wert schätzen können, denn sowohl in Polen als auch in Litauen gab es sehr schöne Abschnitte mit viel Wald. Allerdings waren gerade diese Landschaften oft sehr wild und besonders für mich mit dem Rad einfach viel zu anstrengend. In Zukunft wollen wir es auch weiterhin immer wieder versuchen, Naturwege mit dem Rad zu befahren – Wenn es denn geht. Aber wir werden schneller eine Alternative wählen und uns nicht „auspowern“, so wie in Polen geschehen. Es war blöd von uns, so lange daran festzuhalten, dass wir unbedingt den E11 weiter radeln wollten. Es soll ja schließlich Spaß machen!

2. Im Hochsommer zuhause bleiben!
In Zukunft werden wir es vermeiden, in Mitteleuropa im Sommer unterwegs zu sein. Zu heiß, zu viele Mücken, zu volle Städte und Campingplätze. Das hatten wir so nicht erwartet, denn bisher waren wir immer im Frühling und im Herbst unterwegs. Nun wissen wir es!

Uwaga! Grenze!

3. Verflixte Sprache:
Seit Friedel und ich uns kennen, waren wir immer in Ländern unterwegs, in denen wir wenigstens halbwegs die Sprache sprechen, verstehen oder wenigstens ableiten können. Englisch geht immer, Spanisch und Französisch kriegen wir hin, Italienisch ging auch irgendwie. Aber mit Polnisch und Litauisch, da standen wir voll auf dem Schlauch. Wo wir unterwegs waren, gab es kaum ausländische Touristen und mit Englisch kamen wir sogar in manchen Hotels kaum klar. Das haben wir so nicht erwartet und hat uns am Anfang ziemlich gestresst. Beim nächsten Mal wären wir besser vorbereitet – Wenigstens die zehn wichtigsten Wörter der Sprache würden wir kennen, uns mehr über Übersetzungs-Apps (auch für kleine Sprachen) informieren und vor Ort einfach hartnäckiger sein und uns nicht abwimmeln lassen, auch ohne Sprachkenntnisse!

Triumph! „Chleb“ gekauft!
Schild über den „Forest Trail“ in Litauen

4. Mehr Vorbereitung bitte!
Ehrlich gesagt, hatten wir vorab kaum Informationen darüber, was uns auf den E11 ab Polen erwartet. Es gibt keinen einzigen Wanderführer zum Weg und auch im Internet haben wir außer Listen und GPX-Tracks kaum Infos gefunden. In der Rückschau wundert uns das nicht – Niemand geht diesen Weg!
Die mangelnde Beliebtheit des Wegs hätte uns stutzig machen müssen. Und unsere Bereitschaft zu Abenteuern haben wir überschätzt …
Der E11 in Polen und Litauen existiert zwar (in verschiedenen Varianten) auf der Karte, aber nicht in der Realität. Nun wissen wir es, aber vor Ort haben wir zu lange am Anspruch festgehalten, dass wir DEN E11 fahren wollen. Tagelang haben wir darüber diskutiert, wie wir mit diesen Unsicherheiten umgehen wollen … Das nächste Mal wären wir da lockerer und würden schneller umdisponieren. Hoffentlich.

Ähhh .. E11?
Hotel versus …
… Camping!

6. Unsicherheiten ertragen lernen
Tolle Hotels hatten wir. Aber die Gewissheit, jeden Abend eine passable Unterkunft vorgebucht zu haben, schafft auch eine gewisse Unflexibilität und Stress. Bei den unsicheren Wegverhältnissen wussten wir nämlich nie, wie lange wir für eine Etappe brauchen würden. 70 Kilometer auf der Straße sind schnell abgefahren, aber in der „Wildnis“ brauchen wir dafür unendlich lange. Weil wir nie wussten, wie lange wir bis zur nächsten Unterkunft brauchen würden, haben wir wenig nach links und rechts der Strecke geschaut und uns nur wenige Pausen gegönnt. Zum Beispiel waren wir nicht einmal baden, obwohl wir an tausend Seen vorbei gefahren sind.

Camping könnte eine Lösung sein und wir hatten ja auch das Zelt dabei. In Polen ist das wilde Campen jedoch nicht erlaubt und in Litauen haben wir kaum geeignete Plätze für‘s wilde Zelten gesichtet. Um mehr Planungssicherheit hinsichtlich der Strecke zu erhalten, kann man als Radler nur die Straße wählen – Asphalt, 12 km/h, das lässt sich rechnen. Hinzu kommt, dass die Datenlage in Osteuropa recht fraglich ist: Wie soll man gescheit planen, wenn die Wander-App 250 Höhenmeter für die Etappe verspricht, das Navigationssystem aber 1050 Höhenmeter vorhersagt? Am Ende lag die gemessene Wahrheit irgendwo in der Mitte …

Probleme, die wir nun kennen – Aber eine Lösung hätten wir da heute immer noch nicht. Außer vielleicht wild zu campen, was wir in Zukunft mehr kultivieren wollen. Ist halt unbequem …

Das Bellen ist schon von Weitem zu hören …

7. Freilaufende Aggro-Hunde sind ein No-Go!
Osteuropäische Hundeattacken von einsamen Gehöften wollen wir nicht mehr ertragen, da sind wir uns beide einig. Wenn wir unsere Reise im Baltikum im nächsten Jahr fortsetzen (was wir vorhaben), dann werden wir uns an die offiziellen Radwege halten, idealerweise in Küstennähe. Wir gehen davon aus, dass die Hunde dort nicht frei herumlaufen. Wen doch, dann sind wir ganz schnell auf der Fähre nach Finnland!

Eigentlich haben wir uns bei unserer ersten längeren Radreise ganz gut geschlagen. Erfreulich auch, dass wir alles ohne Blessuren überstanden haben: Die Räder haben toll durchgehalten, unsere Muskeln und Bänder haben gut mitgespielt und all unsere Besitztümer auf der Reise sind mit uns zurück gekehrt. Wir werden auf jeden Fall weiter radeln!

Und nach der Reise ist vor der Reise: Ab morgen werden wir eine Woche auf dem Weserberglandweg wandern. Mitte September packen wir dann erneut unsere Radtaschen und radeln ins Mutterland des Radelns, in die Niederlande.
Dort erwarten wir, dass die Radwege viel luxuriöser sind. Wir werden berichten!

E11 – Ab nach Hause!

Ausfahrt aus Klaipeda

Telsiai nach Klaipeda
Gefahren und erlebt am 12. und 13. August 2021 101 Kilometer, 434 Höhenmeter

Heute stehen wieder einige Kilometer auf dem Programm. Aus der Erfahrung der letzten Zeit wissen wir, dass wir die einhundert Kilometer heute bis zum Fährhafen gut schaffen können, wenn wir viel Schotter-und Asphaltstraßen fahren und die Naturwege mit möglichen Schikanen meiden. So treffen wir in der ersten Hälfte des Tages immer wieder mal auf den E11, aber halten uns insgesamt kaum noch an die Route.

In Telsiai

Im ersten Teil des Tages geht es wieder viel durch Wald und ständig auf und ab. Wir kommen aber gut voran und nehmen uns auch noch die Zeit, ein wenig in Plunge und Klaipeda durch den Ort zu rollen und Kaffee zu trinken.

Klaipeda liegt in einer leider recht unreizvollen Gegend und zeichnet sich dadurch aus, dass sich am Ortsrand unzählige „Gated Communities“ befinden, also durch hohe Zäune und Schranken abgeriegelte Wohngebiete, die Häuser alle gleich und in Reih und Glied aufgestellt. Scheinbar misstrauen die wohlhabenderen Bewohner Klaipedas ihren Mitbürgern ganz gewaltig!

Klaipeda
Das Ännchen

Wir sind schon um 16:30 Uhr in der Stadt und müssen spätestens um 20:30 Uhr am Schiff sein. Klaipeda hat aber außer dem Ännchen von Tharau und ein paar alten Schiffen auf der Dane nicht viel zu bieten, finden wir. Mit Kaffeetrinken und einem Snack am frühen Abend können wir nur bedingt die Zeit totschlagen und sind schon um 18:30 Uhr am Hafen. Dort bekommen wir zunächst einen Warteplatz auf dem Parkplatz zugewiesen, aber da wird es uns schnell zu heiß und zu langweilig und wir mogeln uns an den LKW vorbei direkt auf das Schiff. Nachdem wir die Räder abgestellt haben und unsere zugewiesenen Plätze identifiziert haben, können wir uns nach dem Duschen an Bord nun endlich entspannen.

Von wegen! Zwar verbringen wir die Zeit bis 23 Uhr recht angenehm, indem wir dem Schiff beim Ablegen zuschauen, unsere Mitreisenden (vornehmlich litauische Familien und LKW-Fahrer, die Deutschen Touristen haben wohl fast alle Kabinen) abchecken und uns jeder zwei Bier als Einschlafhilfe genehmigen. An RUHE ist danach im Ruheraum aber kaum zu denken – Türenschlagen, lautes Palaver, eine unglaubliche Kakophonie an Schnarchgeräuschen. Unsere fährerfahrenen Mitreisenden haben sich Decken und Kopfkissen mitgebracht und legen sich kreuz und quer in die Gänge. Nur vor unseren Füßen bleibt der Gang frei, sodass sich die Hälfte der Passagiere im Ruheraum an (und über) unsere Füße bewegt.

Trotzdem schaffen wir es, immer wieder mal für ein halbes Stündchen einzuschlafen. Unglaublich, dass wir hier überhaupt ein Auge zumachen können!

Frühstück haben wir im Voraus gebucht und das gibt es ab 9:00 Uhr. Insgesamt müssen wir nur eine Stunde anstehen, bis wir mit unseren Tabletts im Frühstücksraum sitzen! Und es steht einem üppigen litauischen Hotel-Buffetfrühstück in keinster Weise nach! 🥴

Ich weiß, manche Menschen können Stunden damit verbringen, an Deck zu stehen und auf‘s Meer zu starren. Uns gelingt das nicht so richtig, wahrscheinlich sind wir zu ungeduldig. Heute ist ein sonniger Tag und das Meer ist schön ruhig, aber der Wind pfeift und gehörig um die Ohren. Auf dem komplett ausgebuchten Schiff sind alle halbwegs windgeschützten Bänke besetzt, sodass ich es nicht lange an Deck aushalte. So verbringen wir die meiste Zeit bis zum Anlegen des Schiffs um 16:30 Uhr auf unseren Plätzen im Ruheraum und lesen und dösen. Zum Glück sind die Schnarcher und Gangschläfer alle weg!

Männer, die ins Meer starren …

Der Nachmittag zieht sich doch ein wenig in die Länge, aber insgesamt sind wir recht zufrieden mit der Überfahrt: Wir konnten ein wenig schlafen, haben gut gefrühstückt und konnten uns zwischendurch an Deck die Beine vertreten. Mit den Rädern zu fliegen, das stellen wir uns wesentlich komplizierter vor und wäre wohl auch viel teurer gekommen. Also alles richtig gemacht! 😄👍

E11 – Wir sausen nach Klaipeda zur Fähre

Der ist extra langsam gefahren, als er die Kamera sah…sonst drei mal soviel Staub!

Siluva nach Telsiai
Gefahren am 11. August 2023
98 Kilometer, 634 Höhenmeter

Einmal den Entschluss zur Heimreise gefasst, verleiht uns das Flügel. Wir wollen möglichst schnell zum nächstmöglichen Fähranleger – und der heißt Klaipeda.

Teufels-Statuen an der Straße nach Tutuvenai

Zunächst hatten wir auch Liepaja in Lettland ins Auge gefasst. Bis dahin hätten wir einen Tag mehr gebraucht, dafür aber Litauen „abgeschlossen“. Unterwegs gibt es aber kaum Unterkünfte und so ist die Fähre Klaipeda-Kiel für uns die bessere Option. Zwei Tage Straße fahren und 90 bis 100 Kilometer strampeln, das schaffen wir!

In Tituvenai
Eine Holzkirche – wie in Clausthal! 😄

Unser heutiger Zielort Telsiai liegt am E11, aber wir halten uns heute nur in Ansätzen an die schleifige Wegführung des E11. Würden wir den Weg komplett nach Plan fahren, würden wir für die gleiche Strecke zweieinhalb Tage brauchen!

Wir haben gestern Abend eine Route entworfen, die sich in erster Linie an wenig befahrenen Straßen orientiert, jedoch auch die eine oder andere Wald-Passage des E11 mit einbezieht. „Straße“ heißt in Litauen natürlich auch Schotter und Sand. Aber insgesamt sind wir sehr zufrieden mit dem Weg heute!

Wir brechen heute gleich zwei Rekorde – Wir haben heute mit fast 100 Kilometern die längste Strecke auf unserer Tour in den Osten. Außerdem überschreiten wir heute die 2000er-Marke. Mehr als 2000 Kilometer sind wir in vier Wochen gefahren!

Morgen schaffen wir hoffentlich noch mal einen 90er und müssen bis 20:30 im Fährhafen eingecheckt haben. Das schaffen wir!

Kurz vor Telsiai

Richtig anstrengend wird es erst dann – bei unserer Last-Minute-Buchung waren keine Kabinen mehr frei. Also müssen wir die 18 Stunden Fahrzeit im Liegesessel verbringen. Aber das werden wir schon schaffen!

Telsiai – wow, ein Radweg!

Für uns beide ist das die erste lange Fährfahrt unseres Lebens. Wir werden berichten!

E11 – Jetzt ist aber Feierabend!

Ariogala nach Šiluva
Gefahren am 10. August 2023
55 km, 495 Höhenmeter

Gestern hatten wir einen sehr schönen Abend auf der Terrasse unseres keinen Häuschens am Fluss Dubysa. Gern wären wir noch ein wenig länger geblieben, aber das Haus war für heute leider nicht verfügbar.

Wir freuen uns, dass der E11 heute noch ein recht langes Stück am Fluss weiter führt. Was aber auf der Karte toll aussieht, entwickelt sich mal wieder zu einem typischen E11-Fiasko – der Weg ist teilweise fast unpassierbar, wir haben eine Furt und weil es keinen durchgehenden Weg durch das Tal gibt, müssen wir die Räder mehrmals aus dem Tal heraus über matschige und steinige Wege nach oben auf die Ebene schieben, um dann im nächsten Dorf wieder nach unten zu holpern. Nach der zweiten Aktionen dieser Art bin ich schon wieder bedient! 🥴

Schön, aber seehr anstrengend…

Insgesamt kann man schon sagen, dass der E11 hier in Litauen in einem besseren Zustand als in Polen ist. Es gibt Wegmarkierungen und wie wir es schon erwähnt haben, wird er hier als „Baltic Forest Trail“ beworben. Aber niemand scheint den Weg hier zu gehen! Wir haben jedenfalls nie andere Wanderer oder Spaziergänger getroffen, nicht einmal, seit wir in Litauen sind!

Ein markierter Weg, da!

Uns wundert das nicht – der Weg ist nämlich nur teilweise schön. Weite Passagen (unserer Schätzung nach mehr als die Hälfte) verläuft an Straßen oder über breite Sand-Schotterwege und führen mitnichten durch den Wald. Das liegt vermutlich daran, dass dieses Land nicht mal drei Millionen Einwohner hat und sehr dünn besiedelt ist. Verbindungswege finden sich nur zwischen den Dörfern und mitunter zwischen Gehöften, im Wald aber gibt es kaum Wege. Und extra einen neuen Weg zu konzipieren, das würde sich für die wenigen wandernden Litauer wohl kaum lohnen …

Links Wald …
rechts Wald …
Und hier der Forest Trail!

So fahren wir also auf dem E11 mal wieder durch eine endlose Weizenwüste nach der anderen und passieren ein ausgestorbenes Dorf nach dem nächsten – und das schon seit Tagen!

Noch ein gravierendes Problem sind für uns die Hunde. Mittlerweile sind wir vor jedem einzeln stehenden Gehöft nervös, wann denn der Hund oder die Hunde auf uns zurasen. Heute Morgen, im Tal der Dubysa, sind es einmal sogar gleich drei der Kläffer, die aggressiv bellend hinter uns her rennen und sich kaum abschütteln lassen. Pro Tag haben wir mittlerweile mindestens zwei Hundeattacken und unser Nervenkostüm wird immer dünner.

Bis jetzt hat uns noch keiner gebissen, was uns eigentlich wundert. Wir rechnen jeden Tag damit, dass es soweit ist. Die Hundeattacke ist für uns heute der Grund, das Dubysa-Tal zu verlassen und auf der Straße weiterzufahren.

Übel ist auch, dass im Gegensatz zu den Polen viele Litauer nicht gerade rücksichtsvoll gegenüber uns Radfahrern sind. Nur wenige reduzieren die Geschwindigkeit, wenn sie uns überholen und scheren bei Gegenverkehr viel zu früh ein. Auf den Sandpisten werden wir mehrmals täglich voll eingestaubt, weil die Autofahrer null Rücksicht auf uns nehmen. Heute trifft uns einmal sogar ein Steinchenregen, als uns ein riesiger Lastwagen im Affenzahn entgegen kommt. Teilweise hat man auch schon versucht, uns von der Straße zu hupen.

Das ist ein Radweg! Es gibt sie!

In den letzten Tagen haben wir immer wieder die Pros und Kontras für einen Ausstieg aus der Tour diskutiert. Nach der Hundeattacke und dem Steine-Regen heute sind wir uns einig, dass wir den Kanal voll haben. Ich persönlich habe einfach nicht mehr den Biss, mich weiter mit dem Rad durch das Dickicht und über steinige Wege zu quälen, Friedel hat absolut keine Lust mehr auf die vielen Straßen und die Hunde. Es wird Zeit, nach Hause zu fahren!

Wir haben vor, in den nächsten drei Tagen über Landstraßen nach Klaipeda zu kommen, um von dort aus die Fähre nach Kiel zu nehmen. Und wir geben zu – nach vier Wochen auf Tour freuen wir uns auch wieder auf unser Zuhause!

Hier in Litauen finden wir über „Booking.com“ kaum noch Hotels. Deshalb übernachten wir heute zum ersten Mal in unserem Leben in einer Pilger-Herberge!

Die berühmte Kirche in Šiluva …
… und ihr gegenüber die Wallfahrts-Kapelle

Interessanterweise sind wir die einzigen Gäste (Litauer pilgern auch nicht? ) und bekommen unser Abendessen schon um 16.30 Uhr serviert. Insgesamt sind wir aber sehr zufrieden – Das Zimmer ist sauber und günstig, das Essen lecker, die Nonnen sehr freundlich und wir haben heute Abend die Herberge und den Garten ganz für uns allein!

E11 – Baltic Forest Trail ohne Forest!

Die Memel

Kaunas nach Ariogala
Gefahren am 9 August 2023
77 Kilometer, 452 Höhenmeter

Friedel meint, gestern hätte ich Kaunas im Blog nicht genug Raum gegeben. Stimmt irgendwie, immer hin war die Stadt mal Europas Kulturhauptstadt und ist mit viel mittelalterlicher Bausubstanz gesegnet. Aber Kultur ist gerade nicht das, was wir wollen, wir wollen mehr NATUR!

Die Burg in Kaunas

Wie gestern schon erwähnt, wird der E11 in den baltischen Ländern als „Baltic Forest Trail“ vermarket. Was die Tour heute angeht, ist das eine echte Unverschämtheit!

Um aus Kaunas herauszukommen, müssen wir erst mal zehn Kilometer an einer Straße mit dichtem Verkehr rausfahren. Danach führt der Weg schön an der Memel entlang, da gibt es eigentlich nichts zu meckern. Aber Wald gibt es hier auch nicht!

Litauen ist irgendwie „Entweder-Oder“ – Entweder es gibt Wald oder nur Felder, Felder, Felder, ohne Baum und Strauch. Die großzügigen Ackerflächen werden gern mit Hochleistungs-Ackergeräten des deutschen Herstellers „Claas“ bearbeitet und die Kühe werden hier auf der Wiese nicht eingezäunt, sondern angebunden.

Wenn wir so über eine der sehr großzügigen Ackerflächen radeln, fühlen wir uns mitunter wie in der Inneren Mongolei – oder so, wie wir uns die Mongolei vorstellen!

In der zweiten Hälfte des Tages fahren wir immer wieder mal am Fluß „Dubysa“ entlang – sehr hübsch, sehr hübsch. Allerdings müssen wir dafür mehrmals steile An- und Abstiege bewältigen, denn das Flüsschen fließt in einem tiefen Tal. Aber das ist halt der Preis für ein bisschen Wildnis!

Von den rund 75 Kilometern heute ist rund die Hälfte auf Straßen. Wenn wir hier wirklich wandern müssten – Mann, was würden wir fluchen!

Ein echter Glücksgriff ist unser TinyHouse am Fluss, das wir für heute gebucht haben. So etwas hätten wir gern häufiger!

Westernstadt Cesike, kurz vor 12..

Zurück auf den E11 – What a wonderful day!

Birštonas nach Kaunas
Gefahren am 8. August 2023
78 Kilometer, 392 Höhenmeter

Wir sind froh, dass wir heute morgen unser Spa-Hotel verlassen können. Wir haben den Sauna-Bereich gar nicht genutzt, da war es uns zu voll und wir sind ja eh scheue Menschen!
Außerdem ging uns die weichgespülte Salonmusik in Endlosschleife eigentlich schon am ersten Tag gehörig auf die Nerven. Interessanterweise waren wir die einzigen Ausländer unter mindestens einhundert Hotelgästen. Wir haben den Parkplatz abgecheckt – nur Litauer!

Während es draußen schüttete, war es schön, mal wieder auf dem Zimmer und dem überdachten Balkon zu relaxen und zu lesen und die Touren der nächsten Tage zu besprechen.

Heute sind wir gespannt, wie der E11 hier in Litauen performt. Wir hoffen, dass die Straßenverhältnisse besser sind, der Weg durch schönere Landschaften führt und gepflegter ist. Wir erwarten nun endlich ein Naturerlebnis – Wenn das nicht bald kommt, dann fahren wir nach Hause!

Tatsächlich wird der E11 in den drei baltischen Ländern zusammenhängend als „Baltic Forest Trail“ vermarktet. Wir wollen nun endlich ein „gepflegtes Naturerlebnis“ mit fahr- oder wunderbaren Wegen und kalkulierbaren Streckenabschnitten – Und wir wollen nicht mehr jeden Tag kämpfen!

Und das bekommen wir heute!
Der E11 führt uns durch einen fast schwedisch anmutenden Mischwald, teilweise direkt mit Blick auf die Memel. Endlich haben wir heute unsere Aha-Erlebnisse!

Immer wieder passieren wir Gehöfte und Dörfer mit den typischen Holzhäusern der Region, leider auch hier oft verlassen. Der Verfall sieht hier aber recht hübsch aus! 😉

Zwar haben wir auch einige Straßenabschnitte zu befahren, aber die führen schön durch den Wald und wenn nur alle fünf Minuten ein Auto kommt, ist das Straßenfahren dennoch angenehm.

Kaunas ist die zweitgrößte Stadt in Litauen (nach Vilnius) und ehemalige Hauptstadt. Wir sind uns noch nicht einig, ob wir einen oder zwei Tage in der Stadt verbringen wollen. Die Innenstadt ist jedoch sehr übersichtlich und – so finden wir – längst nicht so prächtig und vielseitig wie die von Torun. Da wir am übernächsten Tag auch Probleme mit der Unterkunft in unserem nächsten Zielort Ariogala hätten, beschließen wir, gleich morgen weiterzufahren – Wir fühlen uns gerade recht fit, sind neu motiviert und gespannt auf das, was kommen wird!

Abstecher zum Medziai Dvynai…
… wo eine Eiche und eine Kiefer scheinbar aus demselben Stamm entspringen!

Zurück zum E11 – Der Wind aus der Hölle

Marijampole nach Birštonas
Gefahren am 6 September 2023
68 Kilometer, 610 Höhenmeter

Als wir am Morgen aufwachen, hat es zum Glück aufgehört zu regnen, aber dafür ist es schon morgens heiß und schwül – Kein Wunder bei dem Regen am Vortag!

Auf einer seeehr breiten Straße verlassen wir Mariampole, die siebtgrößte Stadt in Litauen. Die Architektur in der Innenstadt und die breiten Straßen wirken auf uns wie in einer sozialistischen Musterstadt. Alles ist sehr sauber und ordentlich, aber irgendwie auch ein wenig leblos …

Friedel hat gestern zwei mögliche Routen geplant – eine Schönwetterroute, falls der Untergrund nicht zu weich ist, und eine Route auf Asphalt, die wir als Alternative wählen können.
Sobald wir den Asphalt verlassen und auf einen Naturweg kommen, wird uns klar, dass wir den Weg heute so nicht fahren können – Ich versinke sogleich mit dem ganzen Fuß im Schlamm!

Wir beschließen also, die Alternativroute zu nehmen. Um dorthin zu gelangen, müssen wir aber etwa acht Kilometer über noch immer sehr nasse Sandstraßen fahren. Die sind hier in Litauen breit und glatt und bei gutem Wetter bestimmt gut zu fahren – heute allerdings sinken wir mit den Reifen zentimetertief ein und kommen nur schwer voran.

Wir merken also – die Sandstraßen müssen wir bei Regen meiden!
Die Sonne brennt heute erbarmungslos auf uns nieder. Wir fahren über schattenloses Kulturland und noch dazu weht heute ein sehr starker Gegenwind. Wir haben große Probleme, voran zu kommen!

Auf Asphalt rollt es sich ein bisschen leichter, aber der heiße Wind brennt förmlich im Gesicht und auf den Armen – direkt aus der Hölle, dieser Sturm!

Was die Häuser und die Landschaft angeht, wirkt Litauen erst mal recht gefällig auf uns – Es gibt viele alte Holzhäuser, leider aber auch viele verlassen. Es wird weniger als in Polen neu gebaut, so unser Eindruck, aber mehr in Stand gesetzt. Auch neuere Häuser sind erstaunlich klein und die Vorgärten sind gepflegt und ordentlich. Unser erster Eindruck: Ein properes, gepflegtes Ländchen, dieses Litauen!

Die asphaltierten Straßen sind bisher gut unterhalten, ordentliche Ränder, keine Schlaglöcher. Aber Radwege gibt es hier außerorts auch nicht!

Die letzten zwanzig Kilometer müssen wir uns auf einer schnurgeraden, vielbefahrenen Landstraße abstrampeln, der heiße Wind kommt entweder schräg von vorn oder von der Seite. Wir müssen sehr aufpassen, dass uns die Böen nicht auf die Straße wehen. Einmal muss ich an einer Bushaltestelle einbiegen und ein bisschen weinen – mir reicht es für heute einfach!

Als wir endlich – mit salzverkrusteten T-Shirts – im Hotel ankommen, beschließen wir, dass es mal wieder Zeit für einen Ruhetag ist. Außerdem ist für Montag wieder Regen angesagt.

Das war eine seeeehr gute Entscheidung! An unserem Ruhetag regnet es nämlich Bindfäden und gleich nach dem Frühstück legen wir uns wieder hin und schlafen bis Mittag. Das war scheinbar nötig!

Im Park unseres herrlich altmodischen Kurhotels an der Memel

Hier kann man es auch gut aushalten – beim Frühstück werden allein vier verschiedene Pancake-Arten angeboten, dazu Eier in vier Variationen, gegrilltes Gemüse und unterschiedliche Kuchen und Puddings – Wahnsinn! Trotzdem haben wir beide schon abgenommen – glauben wir jedenfalls!

Kleine Anekdote: Wir haben erst heute, an unserem eigentlich dritten Tag in Litauen gemerkt, dass wir in einer anderen Zeitzone sind Hier ist es eine Stunde später – Kein Wunder also, dass wir müde sind! 🤪