Tag 76: Peebles nach Carlops, 25km

Ginster, Wald, Moos und Sonne: Ein „langweiliger“ Tag auf dem Weg nach Cape Wrath

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Gestern Abend war das Wetter noch so schön, dass wir noch einen Spaziergang durch Peebles gemacht haben. Im Moment stehen die Apfel- und Kirschbäume in voller Blüte und Peebles hat besonders viele davon!

Unser Zimmer im Cross Keys Wetherspoon Hotel ist zwar toll, aber das Frühstück echt mies. Wie üblich haben wir zweimal Full Scottish Breakfast bestellt, das haben sie auch. Dann wollten wir noch Früchte und Joghurt dazu, die auf der Karte angepriesen werden. Beides gibt es aber heute nicht, ob wir eventuell zwei Portionen Porridge dafür… ? Naja, Porridge ist nun nicht gerade unser Lieblingsessen, aber auf der Karte mit einer Banane kombinierbar. ¨Sorry¨ kam der Barkeeper erneut an unseren Tisch, der Koch habe nur noch eine Portion Porridge und die Bananen seien leider auch aus. Aber er könne uns das Geld zurückgeben?

Okay, also heute gar kein Obst. Dann war auch noch die Kaffeemaschine außer Betrieb, so dass wir das kostenlose Refill nicht in Anspruch nehmen konnten. Nix wie weg hier! 🙂

Über den heutigen Tag kann man eigentlich gar nicht viel schreiben. Wir machen den ganzen Tag einen gemütlichen Gang durch eine ländlich-hügelige Landschaft mit einigen Aufs und Abs, die sich am Ende auf 700 Höhenmeter summieren. Obwohl wir heute am Morgen noch ein wenig staksig auf den Beinen sind – ¨War der Rucksack schon immer so schwer?¨ – kommen wir bald in unseren üblichen Trab, es geht wieder leicht und wir kommen schnell voran.

Der heutige Tag steht im Zeichen des Ginsters und des Waldes. Ersterer steht in voller Blüte und verströmt einen betörenden Honiggeruch.

Die Wälder sind größtenteils Nadelwälder, dunkel und voller Moos. Wir sind froh über die Schatteneinlagen, denn auch heute haben wir wieder vortreffliches Wetter.

Zwischendurch geht es durch Wiesen und ein bisschen Moor, aber nicht zu viel.

Optimistisch wie wir sind, haben wir heute normale Socken an und sie bleiben trocken!

Auch heute sind wir fast den ganzen Tag auf der Cross Borders Drove Road unterwegs. Dank eines besonderen Programms der Tweed Trails Commission ist der Weg super markiert und ausgeschildert und in bestem Erhaltungszustand. Es gibt sogar jede Menge Brücken! 🙂

In West Linton trinken wir Kaffee im Garten am alten Zollhaus, das sehr hübsch restauriert ist. Danach geht es durch eine rurale Landschaft bis nach Carlops, unserem heutigen Ziel. Unterwegs bestaunen wir wieder viele alte Bäume und erst hier treffen wir den ersten Spaziergänger mit Hund, ansonsten ist uns außerhalb von Peebles und West Linton niemand begegnet.

Insgesamt haben wir also einen unspektakulären, aber schönen Wandertag erlebt. Wir fühlen uns mittlerweile wirklich fit, so dass wir glatt noch bis Cape Wrath weiterlaufen könnten! Obwohl wir zwei längere Pausen gemacht haben, sind wir trotz der 25 Kilometer schon um 16 Uhr im Allan Ramsay Hotel in Carlops, einem Mini-Ort, von dem Friedel nicht glauben kann, dass es hier ein Hotel gibt 🙂

Das Hotel ist so, wie wir es mögen: Nicht überkandidelt, schön altmodisch und das Personal sehr freundlich. Wir freuen uns schon auf das bestimmt leckere Abendessen! 🙂

Eins noch: Beim Einchecken im Hotel wurden wir eben etwas gefragt, was von uns noch nie jemand wissen wollte: Ob wir nach John o‘ Groats laufen würden, also den ganzen weiten Weg ans Nordende von Schottland?

Als wir erklären, dass wir eigentlich dem Plan des Scottish National Trails folgen würden, also unser Endziel Cape Wrath sei, meinte der Wirt, jaja, gerade gestern hätten zwei Wanderer bei ihnen übernachtet, die auch nach Cape Wrath unterwegs seien. Scheinbar laufen sehr viele Wanderer diese Route über Carlops. Immerhin sind das ca. 2000 Kilometer von Land’s End nach John o‘ Groats, beziehungsweise unsere geschätzten 2400 LECW-Kilometer nach Cape Wrath! Für den Wirt war das vollkommen normal, wo wir sonst bisher eher keine Reaktion erhielten oder gar nicht verstanden wurden.

Die beiden Wanderer gestern hatten übrigens Unterstützung durch die Frau eines der beiden, die die ganze Strecke mit dem Auto begleitet und das Gepäck kutschiert! 🙂

Tag 75: Innerleithen nach Peebles, 18km

Ein eitler Pfau, ein uralter Weg und Moorfeen im Schafspelz

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Für heute war eigentlich schlechtes Wetter angesagt. Tatsächlich hat es die ganze Nacht geregnet. Aber wir sind ja Glückskinder – schon am Morgen klart der Himmel auf und den ganzen Tag über fällt kein Tropfen mehr! 🙂

Überhaupt hatten wir in den 14 Tagen bis jetzt nur einen Tag Regen – und der war an unseren ersten Tag, als wir noch voll motiviert waren 🙂

Heuten haben wir die Wahl zwischen zwei Wegen: Der eine führt durch das Tweed Valley auf einem alten Eisenbahn- Track, 12 Kilometer. Der Weg ist absolut flach und hat zwei Cafes auf dem Weg. Der andere geht über Berge, genauer über die alte Drove Road, auf der wir gestern schon gelaufen sind. Dies sind 18 Kilometer. Natürlich nehmen wir die Drove Road! 🙂

Die Drove Roads haben eine sehr alte Geschichte. In der vorindustriellen Zeit wurden diese einsamen Wege über die Berge genutzt, um das Vieh aus den Highlands in die englischen Städte an der Grenze zu treiben. Die Drovers, also die Viehtreiber, waren die Cowboys Europas – Sie wählten besonders diese hohen Routen, weil das Vieh unterwegs grasen konnte und die Drover von der Höhe aus potentielle Viehdiebe identifizieren konnten – die sogenannten Border Reivers. Den langen Weg nahmen sie auf sich, weil sie in England bessere Preise für das Vieh erzielen konnten. Die Drovers waren wochenlang unterwegs und liefen im Schnitt 16 bis 20 Kilometer pro Tag, mit nichts als ein paar Handvoll Haferflocken und ein paar Zwiebeln als Verpflegung, so erklärt uns ein Schild am Wegesrand. Wir sind da heute wesentlich privilegierter – auch mit dem Wetter!

Die ersten fünf Kilometer laufen heute über Asphalt. Auf dem Weg nehmen wir noch schnell Schloss Traquir mit, Schottands ältestes bewohntes Castle. das Schloss ist sehr beindruckend, aber noch besser ist der eitle Pfau am Wegesrand. 🙂

Wir überholen eine große Gruppe von jugendlichen Wanderern mit ihrem erwachsenen Tourguide, die dann wie wir hinter uns den Berg hochächzen. Nur am Anfang gibt es einen nennenswerten Anstieg und der Weg ist zwar matschig, aber nicht zu arg.

Die Bilder zeigen eine ähnliche Landschaft wie gestern, so könnte euch dies etwas langweilig erscheinen – für uns ist es dies aber nicht, man muss die grandiosen Aussichten in die grünen Täler einfach selbst erleben!

Auf der Höhe treffen wir drei freundliche Schafe, die einen Kilometer lang vor uns her laufen und uns den Weg zeigen. Oder wollen sie uns in die Irre führen? Sind es vielleicht Moor-Elfen, verwandelt in Schafe? Wir vertrauen ihnen nur begrenzt und halten uns lieber an unsere OS-App, zumal die drei plötzlich den Hang hinunter rennen.

Außer der Teenie-Wandergruppe treffen wir den ganzen Tag niemanden, erst kurz vor Peebles kommen uns ein paar Spaziergänger entgegen.

Als wir schon fast eine Stunde in einem Cafe an der Highstreet sitzen, kommt die Gruppe Teenies vorbei. Friedel kann es sich nicht verkneifen, den Begleiter anzusprechen: ¨Na, hast du deine Herde sicher über die Drove Road gebracht?¨ Die Teenies sind empört, der Begleiter lächelt gequält… 🙂

Peebles ist ein schmuckes Örtchen mit schönen Geschäften und einer scheinbar funktionierenden Infrastruktur. Auch unseren alten Freund, den River Tweed, treffen wir wieder.

Die heutige Unterkunft ist ein Wetherspoon Pub, der ausnahmsweise auch Zimmer vermietet. Dies ist die billigste, aber gleichzeitig auch die komfortabelste Unterkunft, die wir auf dieser Tour hatten: Mit Gartenblick!

Tag 74: Galashiels nach Innerleithen, 25km

Auf dem Southern Upland Way: Von Viehtreibern, Feen, drei Brüdern und ein wenig Kunst

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Heute wird es wieder bergig. 25 Kilometer auf dem Southern Upland Way stehen auf dem Programm, eine Etappe, auf die wir uns schon lange gefreut haben. Irgendwann werden wir den Weg auch komplett laufen. Für dieses Mal gibt es nur einen Vorgeschmack auf den Weg – Und er hat uns sehr gefallen!
Im Vergleich zum Pennine Way ist zumindest diese Etappe des SUW viel grüner – grün im Sinne von waldig, nicht sumpfig! 🙂

Zunächst geht es über Wiesen sanft nach oben. Das Wetter ist wunderbar, auch der Wind der letzten Tage hat nachgelassen. Es weht den ganzen Tag eine sanfte Brise, die einen nicht frieren, aber auch nicht schwitzen lässt.
Unser erstes Ziel sind die drei Brethren, die drei Brüder. Der Weg führt uns zuerst von 110 auf 300 Meter hoch, aber dann wieder runter auf 110 – unser alter Freund River Tweed fließt durch das Tal. Wir passieren den Fluss über eine alte Brücke und verlaufen uns danach erstmal – ein Kilometer matschiger Waldweg hin und zurück ist der Preis.


Danach geht es über schattige Waldwege langsam, aber stetig nach oben. Der Wald hier ist sehr abwechslungsreich – Nadelwald und Laubbäume wechseln sich ab, der Boden ist mit Mooos, Farnen und Blaubeeeren bestanden: Hübsch!

Am Ende tauchen wir aus dem Wald auf und kommen in eine Moorlandschaft mit Heide, aber der Weg ist weiterhin grasig und angenehm zu laufen. Die drei Brüder auf 470 Metern kommen erst in letzter Sekunde in Sicht, plötzlich sind sie da.

Die Brüder sind drei Steincairns aus dem 16. Jahrhundert und bieten einen Rundum-Ausblick. Hier sitzt schon ein einsamer Wanderer mit großem Rucksack, mit dem wir kurz ins Gespräch kommen. Er ist den ganzen Weg vom westlichen Startpunkt des Weges an der Irischen See heraufgelaufen. Auf dem ganzen Weg hat er nur sechs – SECHS- andere Wanderer getroffen! Man merkt ihm an, wie begeistert er vom Weg ist. Er schenkt uns zwei Abzeichen vom SUW, die er unterwegs in einem Cache gefunden hat – Dabei sind wir den Weg doch noch gar nicht gelaufen, aber wir fühlen uns geschmeichelt und nehmen sie dankend entgegen.

Oben geht es berab und bergauf über heidebestandenes Moorland. Es bieten sich weite Ausblicke zu allen Seiten bis zu den Cheviots und damit zum Ende des Pennie Ways. Sogar die Schneefelder auf den Flanken des Plateaus sind gut zu erkennen, auch die drei Buckel der Eildon Hills, durch die wir gestern gelaufen sind. Gestern Nacht hat es etwas geregnet und die Sicht ist viel besser als in den letzten Tagen.


Da heute Samstag ist, treffen wir einige Tageswanderer und am Nachmittag dann jede Menge Mountain-Biker, deren Zahl die der Wanderer weit übersteigt.

Auf dem SUW gibt es auch Kunst! Mitten in der Einöde hüngen an Steinmauern zum Beispiel Tafeln mit Gedichten und Pferdenamen – Der SUW teilt sich ab Mittag den Weg mit der Cross Borders Drove Road, einer uralten Viehreiberroute, die über 800 Jahre alt ist.

An anderer Stelle hat ein Künstler Kreise in das Heidekraut gebrannt, in Anlehnung an die alte Tradition, das Heidekraut für die bessere Moorhuhn-Zucht abzubrennen.

Am Cheese Well, einer alten Quelle am Wegesrand, gluckert ein kleines Wässerchen und auf einem alten Stein neben der Quelle liegen jede Menge Münzen – Der Tradition nach soll man hier ein Opfer für die Feen der Moore ablegen. Wir lassen nichts da – Wir sind nicht abergläubisch, aber geizig – und die Feen lassen’s ja eh liegen! 🙂

Am Ende steigen wir wieder in das Tal des River Tweed hinab und laufen noch zwei Kilometer über Straße nach Innerleithen hinein, unserem heutigen Ziel. Die Stadt ist scheinbar ein Eldorado für Moutainbiker, man begegnet ihnen überall in der Stadt. Ansonsten macht Innerleithen auf uns einen eher langweiligen Eindruck. Genauso ist auch unser Hotel – nix Besonderes, aber okay für eine Nacht. Immerhin gibt es einen Biergarten, in dem wir uns noch schon um 17 Uhr ein Pint genehmigen. Morgen soll es regnen, also carpe diem! 🙂