DDLN Etappe 9: Auf dem Ostweg von Calw nach Pforzheim

Letzte Etappe auf dem Ostweg von Calw nach Pforzheim (35 Kilometer)
gelaufen am 3. August 2019

Blick auf das Kloster Hirsau

Eigentlich hatten Friedel und ich uns ja vorgenommen, im Sommer jeden Monat mindestens eine mehrtägige Tour zu laufen – Aber wir hatten im Juli wieder drei brasilianische Gastschüler zu versorgen. Jeden Tag Frühstück und Abendessen zubereiten, Berge an Wäsche waschen, den einen oder anderen Ausflug organisieren – die drei Jungs haben uns ganz schön auf Trab gehalten!

Rodrigo, Gabriel und Jorge aus Rio de Janeiro – Ferien in Geislingen!

Da haben wir uns unseren Wandertag im Schwarzwald so richtig verdient. Ursprünglich hatten wir geplant, unsere letzte Etappe auf dem Ostweg auf zwei Tage zu verteilen. Aber da es keine gute Unterkunft gab, haben wir uns für den Durchmarsch entschieden. Und das Ganze war sehr gut an einem Tag machbar!

Angereist sind wir schon am Freitag. Am Ende der letzten Etappe,  beim Eildurchlauf zum Bahnhof nach Calw, hatten wir schon beschlossen, dass wir diesen Ort auf jeden Fall ausführlicher besichtigen wollen. So schlendern wir am Freitag also erst mal gemütlich durch die Gassen, essen einen großen Eisbecher und sitzen am Abend lange auf der Terrasse vor unserem Hotel am Marktplatz. Der Ort hat die richtige Mischung von Historie, Tourismus und Alltagsleben, finden wir. Zumindest scheint der Tourismus dafür zu sorgen, dass es noch schöne Geschäfte, Cafés und Gasthäuser gibt.

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Toll, das Hotel macht am Samstag schon um sieben Uhr Frühstück! So sind wir schon um 8:00 Uhr auf der Piste und kommen hoffentlich so früh in Pforzheim an, dass wir noch einen Zug am frühen Abend erwischen können. Unsere App visiert für die Strecke von 35 Kilometern fast zehn Stunden an – ob wir das so schnell schaffen werden?

Das Wetter ist heute Morgen vortrefflich – 20 Grad, nicht zu sonnig und es weht ein leichter Wind. Kein Vergleich zu der Hitze im Juli. Und auf geht’s!

Schnell sind wir aus Calw heraus – kein endloser Marsch durch Wohngebiete, das ist ja schon mal was. Die ersten drei Kilometer bis zum Kloster Hirsau verlaufen über einen breiten Waldweg immer in Hörweite der B296. Zwar ist der Laufgrund nicht optimal (Schotter) und die Straße in der Nähe nervt ein wenig, aber wir sind einfach glücklich, mal wieder unterwegs zu sein. Eine richtig lange Etappe liegt vor uns und das Wandern mit Daypack ist leicht und unbeschwert!

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Der Abstecher zur Klosterruine in Hirsau hat sich nicht wirklich gelohnt. Dort findet wohl gerade irgendeine Open-Air-Veranstaltung statt und der ganze Klosterhof ist mit Autos zugeparkt und die Gemäuer mit Werbebannern zugepflastert. Unser Rundgang dauert nicht länger als zehn Minuten und wir machen, dass wir weiterkommen.

Kloster Hirsau
Kloster Hirsau

Die Wegführung des Ostwegs aus Hirsau heraus ist – unschön! Es geht circa einen Kilometer lang an einer dicht befahrenen Straße entlang, und dann auch noch steil hoch!
Als wir genug Autoabgase eingeatmet haben, führt der Weg uns zum Glück etwas von der Straße weg auf einen waldigen und wurzeligen Pfad. Endlich ein richtiger Weg!

Wie ich gelesen habe, wurde der Ostweg bereits 1903 angelegt. Im Vergleich zu moderneren Wanderwegen fällt auf, dass der Weg a) durch jeden Ort in der Nähe der Strecke führt und b) ein hoher Anteil der Strecke auf Asphalt verläuft. Während andere Wege über Pfade um Orte herumführen oder neben Straßen besondere Routen für Wanderer anlegt wurden, trottet man auf dem Ostweg weite Strecken über Teer und direkt an Straßen entlang – entbehrlich!

Auch die folgenden drei Kilometer bis nach Bad Liebenzell verlaufen zwar hübsch an der Nagold entlang und durch einen schönen Wald, aber auf der anderen Flussseite lärmt die B463 und wir haben die ganze Strecke Asphalt unter den Füßen.

Haben wir schon erwähnt, dass wir Kurorte nicht mögen? Auch Bad Liebenzell wartet mit einem kitschigen Kurpark samt Konzertmuschel auf und das Stadtbild wird wie in fast allen solchen Orten von hässlichen Kurhotel-Klötzen aus den Siebzigern dominiert.
Der Weg führt direkt durch den Kurpark, aber rechts des Weges liegt hübsch die Nagold, also schauen wir halt nach rechts. Außerdem gibt es auf dem Berg eine alte Burg, die wir aber nur von Weitem sehen.

Eingang zum Kurpark
Burg Liebenzell

Vielleicht wirken wir bis jetzt etwas sauertöpfisch, aber das hört gleich auf. Denn nun kommen wir in das wunderschöne Monbachtal – vier herrliche Kilometer Pfad winden sich durch eine enge Schlucht, mal auf der linken Bachseite, mal auf der rechten geht es über Stock und Stein und immer am murmelnden Bächlein entlang, einfach herrlich! Zwar kommen wir durch die Springerei über die Steine nur langsam voran und wir steigen im Monbachtal etwa 200 Meter auf, aber das merken wir gar nicht. Der Schweiß rinnt in Strömen, denn hier unten ist es schwül und fast windstill. Als wir in Neuhausen aus dem Tal herauskommen, kühlt uns der Wind gleich ein wenig ab.

Den Durchmarsch durch den Ort Neuhausen vermeiden wir, indem wir uns nicht an die Ostweg-Route halten und uns am Ortseingang gleich nach Norden über eine kleine Teerstraße direkt zum Dorf Hamberg schlagen. Zwar ist der Weg nicht unbedingt kürzer, aber wir ersparen uns ein langes Stück an einer Bundesstraße entlang und den Marsch durch zwei Dörfer.

Der Weg über die Hochebene ist eine schöne Abwechslung. Das Auge schweift weit über Wiesen und Felder, das Korn ist teilweise schon geerntet und die Wiesen stehen in voller Blüte.

Der Himmel bezieht sich zusehends und es beginnt sogar etwas zu regnen. Was soll denn das? Das hat der Wetterbericht nicht vorhergesagt und wir haben zwar Regenjacken, aber keine Regenhosen dabei! Aber – Glückes Geschick – unter dem einzigen Baum an der Strecke steht eine Bank, mit dichtem Blätterdach gerade richtig für unsere Mittagspause (Nach 17 Kilometern ist dies übrigens unsere erste Pause und genau auf der halben Strecke).

Zwar müssen wir unsere Regenjacken doch noch auspacken, aber es hört bald wieder auf zu regnen. Auch verläuft der weitere Weg größtenteils durch Wald ins Tal hinunter und der Boden ist noch trocken.

Unten an der Liebenecker Sägmühle überqueren wir ein weiteres Flüsschen, diesmal ist es die Würm. Hier geht es gleich wieder hoch zur Ruine Liebeneck. Hier kommen wir wieder gut ins Schwitzen und wir merken in den Waden, dass wir bereits rund zwanzig Kilometer gelaufen sind. Die Ruine ist leider komplett abgesperrt, aber wir haben auf dem folgenden Wegstück schöne Ausblicke in das Tal der Würm.

Burgruine Liebeneck

Im Folgenden führt der Ostweg bis kurz vor Pforzheim immer an der Würm entlang, über wurzelige Pfade dicht am Wasser. So mögen wir es! Unsere Füße finden das auch toll und halten bis Pforzheim gut durch.

An der Würm

Am Kupferhammer am Ortseingang von Pforzheim endet oder beginnt der Ostweg. Und nicht nur der – auch der Westweg und der Mittelweg haben hier ihren Aus – bzw. Eingang. Das große und fotogene Eingangstor steht aber nur für den Westweg, den berühmtesten der drei Wege.

Kupferhammer – Beginn aller drei großen Wege durch den Schwarzwald

Jetzt müssen wir noch zwei Kilometer an der Nagold entlang bis zum Bahnhof laufen und kommen dort um 16:40 Uhr an. Genial – wir haben nur acht Stunden und vierzig Minuten gebraucht, und dabei haben wir uns nicht mal beeilt! So sind wir schon gegen 19:00 Uhr wieder zurück in Geislingen und zischen uns noch ein wohlverdientes Radler im Geislinger Biergarten.

Die Nagold in Pforzheim

Unser Fazit zum Ostweg: Der Weg führt durch eine liebliche Landschaft, wenn auch nicht mit so spektakulärer Szenerie wie auf dem Westweg. Dafür geht es mehr durch hübsche Ortschaften und der Kulturwanderer kommt durch die vielen Klöster und Burgen voll auf seine Kosten. Unschön sind auf jeden Fall die vielen Abschnitte auf Asphalt und die häufige Nähe zu Bundesstraßen. Dürften wir nur einen der Wege gehen – wir würden uns auf jeden Fall für den wilden Westweg entscheiden! Aber den sind wir halt schon mal gelaufen …

Zur Orientierung für die aufmerksamen Leser unseres Blogs: Diese letzte Etappe auf dem Ostweg hat eine Lücke auf unserem langen Weg durch Deutschland geschlossen. Nun sind wir von Schaffhausen/Schweiz bis nach Heilbronn alle Etappen gelaufen. Die Lücke von Heilbronn bis nach Crailsheim an der Grenze zu Bayern werden wir später in Tages- und Wochenend-Etappen ablegen, das lässt sich von Geislingen aus gut meistern.
In der zweiten Septemberhälfte werden wir dann voraussichtlich wieder länger unterwegs sein – in vier Tagen geht es von Crailsheim bis nach Treuchtlingen/Franken, wo wir das letzte Mal im Frühjahr auf dem Frankenweg gestartet sind. Im gleichen Wanderurlaub springen wir dann nach Pegnitz in die Fränkische Schweiz, um den zweiten Teil des Frankenwegs bis nach Thüringen zu laufen.
Bleibt uns gewogen! 🙂

DDLN Etappe 10: Auf dem HW8 von Pforzheim nach Maulbronn

24 Kilometer

Für unsere Deutschlandtour haben wir uns die Etappen, die von unserem Wohnort aus leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind, für Wochenendtouren aufgehoben. Da wir an diesem Pfingstwochenende drei Tage Zeit haben, ist dieses Mal der Abschnitt von Pforzheim nach Heilbronn dran – wir erwarten eine abwechslungsreiche Streckenführung mit einigen kulturellen und landschaftlichen Highlights!

Heute geht es von Pforzheim aus auf dem Schwäbischen Hauptwanderweg 8 zur Klosteranlage Maulbronn – da wollte ich schon immer mal hin!

Zwar fehlen noch die restlichen zwei Etappen auf dem Ostweg von Calw nach Pforzheim, aber die laufen wir ein anderes Mal.

Interessanterweise heißt der HW8 auch Frankenweg – er führt nämlich in seinem späteren Verlauf durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald bis nach Bayern.

Wir sind heute morgen extra früh aufgestanden, damit wir nicht zu spät in Maulbronn ankommen. Wir wollen uns für die Besichtigung der Klosteranlage (eine UNESCO-Weltkulturerbestätte) viel Zeit nehmen. So laufen wir schon um halb neun am Bahnhof in Pforzheim los.

Zum Glück ist der Weg durch Pforzheims Nordstadt ein recht schöner und wir sind schnell zwischen Wiesen und Feldern. Das Wetter ist vortrefflich – nicht zu heiß und es weht ein angenehmer Wind. Das ist auch wichtig, denn heute gibt es nur vereinzelte schattige Wegpassagen. Zum Glück ist es nicht mehr so heiß wie noch vor ein paar Tagen!
Der Weg führt uns durch eine sanft-hügelige Kulturlandschaft mit weiten Blicken bis zum Schwarzwald hin. Der Weizen auf den Feldern steht schon recht hoch und besonders schön ist, dass die Feldränder mit viel Klatschmohn und Kornblumen gesäumt sind. Knallige rote und blaue Farbtupfer vor schilerndem Grün – großartig!

Mitunter haben wir das Gefühl, in der früheren DDR unterwegs zu sein. Statt auf Asphalt laufen wir auf sogenannten ¨Panzerstraßen¨, also großen, aneinandergereihten Betonplatten, zwischen denen das Gras sprießt. Wir kommen an einer historischen Hofstatt voebei, die uns sehr an die alten Gutshöfe im Osten unserer Republik erinnert. Sehr heimelig, das würde uns als Alterswohnsitz schon gefallen!
Skurril sind die zwei ¨Eisinger Löcher¨, auf die wir gegen elf Uhr stoßen. Mitten zwischen hohen Wiesen ist das Erdreich in Form einer Doline eigestürzt und hat zwei große Krater hinterlassen. Leider ist das neue Eisinger Loch mit Müll verschandelt. Das alte Loch ist über abenteuerliche, total zugewucherte Glitschstufen zu erreichen. Unten finden wir einen total anderen Mikrokosmos als oben vor – Moose, Farne und umgestürzte Bäume. 

Gegen Mittag wird es dann doch recht heiß. Zum Glück geht es aber nun über halbwegs schattige Waldwege bis nach Maulbronn.

Die Klosteranlage ist – groß! Riesig! 
Über zwei Stunden laufen wir auf dem Gelände hin und her, es gibt wirklich viel zu sehen. 


Das im 12. Jahrhundert gegründete Kloster hat sehr lange und nachhaltig die Entwicklung in der Region geprägt. Vor 25 Jahren wurde die gesamte Anlage und die Umgebung (inklusive ihrer Fischteiche, Weinberge und der unterirdischen Wasserkanäle) zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben. Die Gebäude sind außerordentlich gut erhalten sind und alle wichtigen Stilepochen sind repräsentiert.


Wir sind schwer beindruckt, aber die ganze Verwaltung der Anlage wirkt auf uns ein wenig lieblos – die muffelige Dame an der Klosterkasse, zugewachsene Klostergärten, viele Absperrgitter, nicht zugängliche Bereiche, nur wenige und sehr knapp gefasste Informationstafeln. Da sind wir aber Besseres gewohnt!
Richtig toll ist aber das Radler im baumbeschatteten Kloster-Biergarten. Selten hat es so gezischt!

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