Coast to Coast 5: Die Yorkshire Dales

Tag 7, 8 und 9 auf dem nordenglischen Coast to Coast Walk im Mai 2014:
Kirkby Stephen – Keld: 19 Kilometer
Keld – Reeth: 18 Kilometer (davon 4 Kilometer mit dem Bus)
Reeth – Richmond: 17 Kilometer

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Foto von Carla

Als wir am Morgen in Kirkby Stephen aufbrechen, regnet es bereits in Strömen. Da wir ja gestern noch nicht viel vom Ort gesehen haben, versuchen wir das schlechte Wetter mit einer Stadtbesichtigung auszusitzen. Der Ort gibt jedoch nicht viel her, also auf in die Yorkshire Dales!

Auf die Dales freuen wir uns schon besonders. Googelt mal „Yorkshire Dales“ und ihr seht den Inbegriff englischer Postkarten-Landschaften: Sattgrüne Wiesen, romantische Mauern und Ruinen, Swaledale-Schafe.
Es gibt Landschaften, die sehen bei jedem Wetter toll aus. Andere wirken umso dramatischer, wenn es regnet oder nebelt. Und manche sehen bei schlechtem Wetter einfach nur öde aus, da nutzen keine fototechnischen Raffinessen: Letzteres gilt leider für die Hochebenen der Yorkshire Dales … 🙁

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Zum Glück gibt es zwischendurch auf diesen windgepeitschten Hochebenen mal das eine oder andere Bachtal, in dem ein paar Ginster-Büsche um ihr Überleben kämpfen und die netterweise ein Rastplätzchen bieten – aber nur für den Alleinwanderer!

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Kirkby Stephen liegt auf 170 Metern Höhe. Unser heutiges Ziel bis zum Mittag sind die „Nine Standard Riggs“, neun charakteristischen Steinhaufen, die sich auf 662 Höhenmetern befinden. Uns erwarten 500 quälende Höhenmeter Aufstieg, denn der Wind bläst uns voll ins Gesicht und es wird immer kälter, je höher wir kommen.

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Foto von Carla

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Foto von Christiane

Niemand weiß genau, wann, warum und von wem die neun Steingebilde aufgeschichtet wurden. Einige Experten vermuten, dass sie marodierende schottische Banden davon überzeugen sollten, dass englische Truppen hier oben auf sie warten … eine echte Beleidigung der schottischen Intelligenz! 🙂
Wir jedenfalls freuen uns, dass die Standards ein windstilles Plätzchen für unsere Mittagspause bieten, auch wenn es mit der vielgerühmten Weitsicht bis zu den Bergen des Lake-Districts und zum Cross Fell heute nicht weit her ist.

Wenigstens bleibt es bis zu unserem Einmarsch nach Keld heute Nachmittag trocken  – jedenfalls von oben!
Heute machen wir nämlich unsere erste Bekanntschaft mit patschigen, schuhziehenden Mooren. Die finden Friedel und ich so toll, das wir uns zwei Jahre später freudig in das Abenteuer der berüchtigten Pennine Way-Moore stürzen werden. So muss es auf dem Pennine Way in der guten alten Zeit vor den Steinplatten ausgesehen haben!

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Von den Nine Standard Riggs bis zum Abstieg ins Swaledale gibt es drei verschiedene Routen: Eine wird von Dezember bis April gelaufen, eine von Mai bis Juli und die dritte von Juli bis November. Dies ist der starken Erosion geschuldet, die die vielen Wanderer auf den sensiblen Moorböden erzeugen. Der C2C ist bis heute kein offizieller National Trail, so dass es keine finanziellen Mittel gibt, den Weg zu pflegen und zu unterhalten, wie es zum Beispiel beim Pennine Way oder dem West Highland Way der Fall ist. Zwar wird schon seit Jahren vorgeschlagen, den Weg in das Programm der National Trails aufzunehmen, doch der kostspielige Aufbau des England Coast Path blockiert bis auf Weiteres alle Mittel.
Für uns als Wanderer macht sich der informelle Status darin bemerkbar, dass die Wege oft sehr matschig sind, die Stiles oft wackeln, die Hecken nicht geschnitten werden und die Wegmarkierung sparsam ist. Die Wegfindung gestaltet sich deshalb manchmal etwas schwierig, aber das alles macht der Beliebtheit des Weges keinen Abbruch!

Komischerweise sind wir heute auf den Nine Standards total allein und auch auf dem Weg nach Keld werden wir niemanden mehr treffen.

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Auf dem Weg nach unten wird es wieder ein wenig grüner, denn wir befinden uns bereits im oberen Swaledale. Hier treffen wir das erste mal auf den River Swale, der uns die nächsten zweieinhalb Tage begleiten wird.

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Ohne Sonne …
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… mit Sonne!

Außerdem ist heute der Tag der hässlichen Tiere: Was der eine zu viel hat, hat der andere zu wenig!

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Das Wetter wird kurz vor Keld auch wieder besser. Et voilà – somit auch die Fotos!

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Catrake Force – Foto von Carla
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Catrake Force

Keld ist das oberste Dörfchen im Swaledale und im Winter unter Bergen von Schnee begraben – heute bescheint uns gnädig die Nachmittags-Sonne und es wird auch gleich wieder wärmer.
Das Dorf liegt hübsch im Tal und ist mit seinen braunen Steinhäusern ein echtes Schmuckstück. Woanders gäbe es jede Menge Cafés, Souvenirläden, Woll-Manufakturen und einen großen Busparkplatz – hier nicht!

Unsere Unterkunft ist heute die wunderbare Keld Lodge, eine ehemalige Jugendherberge und unsere ewige Nummer Eins auf unserer „Beste-Unterkünfte in GB“-Liste. Hier kreuzen sich der C2C und der Pennine Way, so dass wir 2016 noch einmal in dieser supergemütlichen und hikerfreundlichen Lodge übernachten können …

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Am nächsten Morgen drücken wir uns noch lange in der Keld Lodge rum. Der Blick aus den große Panorama-Fenstern beim Frühstück verheißt nichts Gutes – es regnet wie’d Sau!!
Und es wird den ganzen Tag nicht aufhören. Von Keld nach Reeth gibt es zwei Varianten als Wegführung des C2C: Die Hauptroute führt durch das Moor und an alten Bleiminen vorbei. Sehr reizvoll, aber heute definitiv zu sumpfig. Sogar unser Reiseführer rät davon ab!
Eine Variante verläuft durch Muker und Gunnerside direkt durch das Swaledale. Hier versinken wir zwar nicht im Moor, aber der Weg verläuft fast ausschließlich über nasse Wiesen und es gibt Stiles, Stiles, Stiles. In den Yorkshire Dales sind ja alle Wiesen so pittoresk mit Steinmäuerchen eingefasst. Das bedeutet aber, dass man über jede Mauer klettern muss. Extrem anstrengend, auch wenn in die Mauern glitschige Trittsteine eingebaut sind, die das Überklettern erleichtern sollen (Stiles). Oder es gibt so Einschnitte in den Mauern, die so eng sind, dass kein Schaf sich durchzwängeln kann. Aber vor allem auch kein Wanderer mit Rucksack!

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Unsere Mittagspause verbringen wir in einem alten Schafstall – der einzige trockene Platz weit und breit!

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Foto von Carla

So schön das Swaledale auch ist – Schon mittags sind wir patschnass und die Moral sinkt. Unterwegs begegnen wir Wanderern mit riesigen Regenponchos – Friedel und Carla beschließen, sich solche Dinger zu kaufen, so lächerlich sie auch aussehen mögen. Christiane und Steffi würden sich nie, nie und nochmals nie in solche unförmigen Schwitzdecken hüllen. So vergeht der Nachmittag mit der Diskussion um angemessene Regenkleidung. Am nassesten aber sind die Füße!

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Vier Kilometer vor unserem Ziel geben wir auf. Wir sind ein Stück an einer Straße entlanggelaufen und die vorbeifahrenden Autos haben uns auch noch ordentlich nassgespritzt, da kommt ein Bus um die Ecke. Damals waren wir noch keine Puristen: Wir haben die Nase voll und steigen ein!

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Reeth mag ein hübsches Örtchen sein – Wir aber wollen nur noch in die Badewanne und in der herrlich überheizten Bar des Buck Hotels „Hornochse“ spielen! Am Abend sinken wir in unsere herrlich plüschigen Himmelbetten und träumen von besserem Wetter …

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An den nächsten Tag können wir uns gar nicht mehr richtig erinnern – das Swaledale öffnet sich und die Berge werden flacher, es geht über Wiesen, Wiesen Wiesen und Country Roads. Der Weg ist ganz nett, aber nicht atemberaubend. Noch dazu ist es kalt und schmuddelig. Wenigstens regnet es heute nur noch gemäßigt!

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Foto von Carla
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Foto von Carla – man beachte das Messer im Cairn???

Wir freuen uns, als wir die County-Grenze zu Richmond erreichen. Nun sind wir fast da und morgen haben wir einen wanderfreien Tag!

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Foto von Christiane

Richmond ist die einzige richtige „Stadt“ auf dem C2C -am Abend sind wir noch fit und motiviert genug, die Stadt und Richmond Castle zu besichtigen. So gibt es doch noch ein Highlight nach zwei eher mäßig schönen Wandertagen.

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Unser B&B in Richmond ist eher etwas steif und kühl. Die Empfehlung für das Abendessen ist ein veganes Restaurant in der City. Das trifft nun nicht unbedingt den Massengeschmack unserer Gruppe, aber wird mehrheitlich als „neue Erfahrung“ verbucht. Ich fand’s cool!

Da wir ja morgen einen Pausentag in York haben, können wir es abends im Pub mal so richtig „krachen lassen“! Wir kommen mit einem sehr interessanten Yorkshireman ins Gespräch, dem die einen in der Gruppe eher misstrauisch gegenüberstehen, aber von dem die anderen unserer Gruppe sich  gern und lange volllabern lassen. Sehr interessant, mal so einem echten Local zu lauschen – aber wir haben ihn mehr schlecht als recht verstanden. Lag das am berüchtigten Yorkshire-Dialekt oder am Ale? 🙂

 

Tag 59: Keld nach Bowes (Bowes Loop)

Beim Frühstück sind wir heute morgen die einzigen Gäste – so spät ist es schon im Jahr!

So hat unser Wirt Zeit, sich ein wenig mit uns zu unterhalten. Er ist sehr erstaunt, dass wir den Pennine Way laufen und nicht den Coast-to-Coast-Walk, der auch durch Keld führt. Seiner Statistik nach seien nur ca. zehn Prozent der Wanderer in der Lodge PW-Walker. Die große Mehrheit seien Coast-to-Coaster, dabei sei doch der Pennine Way „the real thing“ und seiner Meinung nach viel schöner. Wir aber können uns noch nicht entscheiden: Der Coast-to-Coast-Walk hat uns auch sehr gut gefallen!

Das Wetter heute Morgen sieht durchwachsen aus. Als wir schweren Herzens aus der Lodge aufbrechen, fängt es leicht zu regnen an. Zunächst verbringen wir einige Zeit am Catrake Force. Weil es auch in der Nacht reichlich geregnet hat, läuft eine erkleckliche Menge Wasser die Stufen herunter. Eine sehr hübsche Kaskade!

Nach dem Fällen geht es den Berg hinauf und wir haben eine schöne Aussicht zurück auf Keld und die Lodge. Ein bisschen sehnen wir uns zurück in die warme Stube der Lodge, denn im Moment ist es ziemlich ungemütlich – und es wird noch viel ungemütlicher werden! 🙂

Der heutige Tag wird uns als ein ganz besonderer in Erinnerung bleiben: Der Tag des wadentiefen Gepatsches! Aber eins nach dem anderen ..

Unsere erste Station für heute heißt Tan Hill Inn. Heute wartet der Pennine Way mit einer Besonderheit auf: Es wird voraussichtlich ein Zweitfrühstück geben!

Schon sechs Kilometer nach Keld werden wir auf das ausgesprochen isolierte Gasthaus treffen. Aber bis dahin patschen wir auf einem grasigen Pfad immer in Sichtweise zur Straße von Keld zum Tan Hill Inn. Der Weg ist aufgeweicht und immer wieder müssen wir über riesige Pfützen springen, denn der Pfad ist ausgesprochen nass. Die Straße sieht von unserer Warte sehr wenig befahren aus und wir fragen uns ernsthaft, warum wir nicht die Straße genommen haben. Aber die Macher des Weges haben sich nun mal für diesen matschigen Hang entschieden, also wollen auch wir nicht vom Wege abweichen …

Im Verlauf des Vormittags kommt jedoch immer wieder mal die Sonne raus -und verwandelt das graue Grasland in eine Farbenmeer aus Gelb, Orange und Moosgrün. Pennine at It’s best!

An der Straße angekommen trauen uns kaum, mit unseren patschnassen Füßen das Inn zu betreten. Nach unserem Eintritt bemerken wir jedoch schnell, dass wir uns übertriebene Sorgen gemacht haben – das Inn ist  .. nun, in welche Worte soll ich es kleiden .. ein ausgesprochen rustikaler Ort!

Gleich bei unserem Eintritt rennen drei große Hunde auf uns zu. Es riecht durchdringend nach nassem Hund – oje! Im dämmrigen Innern des Inns erkennen wir nach und nach verschiedene Menschen, die an der Theke und an den Tischen sitzen – allesamt Besitzer von mindestens zwei nassen, schmutzigen Exemplaren!

Zumindest Steffi ist es unbegreiflich, dass man so früh morgens schon Bier trinken kann. Die Gäste dieses rustikalen Ortes tun es jedoch allesamt. Und wir wissen auch schnell, warum – die Kaffeemaschine ist kaputt!

Wir können jedoch einen löslichen Kaffee bekommen. Den ziehen wir dem Bier vor, aber lecker ist was anderes!

Auch wenn dies der angeblich höchstgelegene Pub Englands ist – wir sind froh, dass wir hier nicht übernachtet haben …

Nach dem Tan Hill Inn beginnt das Abenteuer. Sieben lang Kilometer führt der Weg – ähhh .. welcher Weg? … durch eine matschige Graswüste. Zu Beginn versuchen wir noch von Bult zu Bult zu springen, aber bald geben wir es auf. Auf der Karte ist sogar ein Fahrweg eingezeichnet, der aber nun gar nicht zu erkennen ist. So bahnen wir uns unseren eigenen Weg durch knöcheltiefes Wasser – und dies ist wenigstens sauber! Aber sieben Kilometer können soooo lang sein. Bis an unsere Lebensende werden wir andere matschige Wegpassagen wohl mit diesem Abschnitt des PWs vergleichen: „Weißt du noch, als wir nach dem Tan Hill Inn in der Graswüste versunken sind?“

Ab Sleightholme Farm haben wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen und biegen kurz danach von der Hauptroute des Pennine Way nach Bowes ab. Der Pennine Way teilt sich hier in zwei offizielle Routen: Die eine führt direkt zum Balderhead Reservoir, die andere macht einem Umweg über den kleinen Ort Bowes. Der Vorteil ist hierbei jedoch, dass es in Bowes das „Ancient Unicorn Inn“ gibt und somit eine Übernachtungsmöglichkeit, ein Abendessen und ein gutes Pint!

Unsere letzten fünf KIlometer führen uns auf größtenteils festen Schotterwegen immer am River Greta entlang. Insgesamt ein schöner, gemütlicher Nachmittagsspaziergang, der uns bis zur Ruine des Bowes Castles führt. Das Castle ist insgesamt ziemlich klein und recht verfallen, aber schön einsam und auf einer Bank in der Sonne essen wir ein paar Kekse und trinken unseren Rest Tee aus. Ein erfolgreicher Wandertag geht zu Ende – und einer, an dem ein richtiges Pennine Way-Gefühl aufgekommen ist! 🙂

Steffi checkt ja immer schon lange im Voraus mögliche Tagesstrecken und Übernachtungsmöglichkeiten. So hat sie wohl registriert, dass das Unicorn Inn in der Vergangenheit keine gute Kritiken bekommen hat – aber in letzter Zeit plötzlich positiv bewertet wurde  … aha, Betreiberwechsel!

So sind wir ausgesprochen positiv vom Unicorn Inn beeindruckt. Das Inn ist wie ein alter Kutscher-Hof angelegt: Links liegt das Inn, geradeaus die Betriebsgebäude, rechts die „Ställe“, die heutzutage zu Zimmern umgebaut sind. So wohnen wir schön abgelegen vom Lärm der Gaststätte, unser Zimmer ist zudem sehr schön und groß!

Wir können uns gaaar nicht über das Ancient Unicorn Inn beschweren, denn das Essen ist auch gut. Der Laden brummt und wir fallen heute am Freitagabend beim Abendessen unter den ganzen Einheimischen gar nicht auf. Was den Preis angeht, ist dies eher eine der günstigeren Unterkünfte: Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut!

Tag 58: Hawes nach Keld

Am Abend haben wir gezittert. Was, wenn es heute auch wieder so diesig ist, so regnet und weht? Schließlich wartet heute die erste echte PW-Herausforderung auf uns: GREAT SHUNNER FELL!

Dieser Berg ist nur 716 Meter hoch. Lächerlich im Vergleich zu deutschen Höhenverhältnissen. Aber hier in den Pennines führt die Höhe dazu, dass auf dem Fell eine Steinwüste herrscht und der Gipfel die Hälfte des Jahre in Sturm und Nebel liegt. Zum Vergleich: Der Feldberg im Schwarzwald ist mehr als doppelt so hoch, aber auf dem Shunner Fell können alpine Verhältnisse herrschen!

Heute zum Glück vermutlich nicht. Der Morgen erwartet uns mit Sonnenschein und einem guten Wetterbericht. Praise the Lord! Wir hätten für heute sogar eine Exit-Stratgie oder Alternativ-Route in petto: Den Buttertub Pass. In 16 asphaltreichen Kilometern würde uns dieser ebenfalls nach Keld führen.Im Vergleich zu unseren 20 Kilometern heute wäre der Pass sogar eine Abkürzung, aber halt über Teer.

Nein, so wie das Wetter heute aussieht, wollen wir den PW im Original laufen. Und es wird ein wundervoller Tag!

Beim Abnmarsch regnet es dann doch wieder, aber immerhin kann man etwas sehen. Auch die umliegenden Berge haben freie Gipfel, wir gehen also den Great Shunner Fell an.

Der Weg führt bis nach Hardraw über matschige Wiesen, aber wir haben uns gleich unsere wasserdichten Socken angezogen. Auch wurden an verschiedenen Stellen Steinplatten verlegt, die aber häufig unter Wasser stehen. So gibt es zwar nasse Schuhe, aber sauber-nasse.

In Hardraw überlegen wir, ob wir den Umweg zum Wasserfall gehen sollen. Da es aber gerade ordentlich pladdert, haben wir nicht so viel Lust dazu.

Zu Glück wird der Regen schwächer und es gibt einzelne Sonnenlöcher, als wir uns an den Aufstieg zum Little Fell machen. Die umliegenden Berge sind abwechselnd in Regenwolken oder in Sonne getaucht, oft auch beides gleichzeitig. Bei so einem Wetter entstehen oft die besten Fotos!

Je höher wir heute steigen, desto windiger wird es. Wir schmeißen uns gegen den Wind und steigen tapfer nach oben. Warum regnet es eigentlich immer da, wo wir gerade sind? Um uns herum ist doch überall Sonne!

Trotz des Regens haben wir heute aber tolle Aussichten. Die Berge glitzern in der Nässe, mehrere Male gibt es tolle Regenbögen.

Nach einem seeeehr langen Anmarsch von sechs Kilometern erreichen wir endlich den Gipfel. Pünktlich hört es auf zu regnen, so dass wir tatsächlich eine gemütliche Mittagspause im Windschatten der Steinmauer auf dem Fell machen können.

Der Abstieg geht langsam und einsam durch die unendliche braune Moorlandschaft, weit im Hintergrund leuchtet grün das Swaledale. Wir freuen uns, dass es nicht mehr regnet!

Auf das Swaledale freuen wir uns besonders. Vor zwei Jahren sind wir den Coast to Coast Walk gelaufen und schon einmal durch das Swaledale gekommen. Damals haben wir uns vorgenommen, noch einmal durch dieses schöne Tal zu laufen, dann aber auf dem Pennine Way. Und heute sind wir hier!

Bergab geht es schneller als bergauf, so dass wir gegen 14:30 Uhr Thwaite erreichen. Hier genehmigen wir uns natürlich einen Kaffee auf der Terrasse eines süßen Cafés. Wir haben total nasse Füße und wollen drinnen nicht alles schmutzig machen, deshalb bleiben wir draußen. Mehrmals werden wir aufgefordert, doch hereinzukommen, aber wir bleiben stur.

Auf dem Weg nach Thwaite verlaufen wir uns prompt. Wir steigen nicht den Hügel hinauf, sondern bleiben im Tal und landen in Muker. Deshalb laufen wir nicht den PW am Berg nach Keld, sondern weiter unten durch das Tal, am Swale entlang. Da es auch wieder arg zu regnen beginnt, haben wir ein Dejá-Vu: Vor zwei Jahren sind wir hier auch durchgepatscht, aber in die andere Richtung, von Keld nach Muker. Das Tal hat uns aber schon damals ausnehmend gut gefallen, so dass wir den kleinen Umweg gar nicht bereuen. Oben angekommen lassen wir Kisdon Force rechts liegen, wir können den Wasserfall noch morgen besichtigen, da werden wir direkt daran vorbei laufen.

Wir sind supernass und freuen uns schon auf unseren Abend in der Keld Lodge. In jedem unserer Urlaube wählen wir am Ende die beste Unterkunft – auf dem Coast to Coast Walk hat dabei die Keld Lodge haushoch gewonnen. Selbstredend, dass wir wieder dort absteigen.

Die Lodge ist für uns einer der coolsten Orte, den wir bis in GB erlebt haben. Am oberen Ende vom kleinen Ort Keld gelegen, übersieht man von hier aus das ganze obere Swaledale. Große bodentiefe Fenster in der Lounge und im Restaurantbereich bieten eine tolle Aussicht beim Abendessen und Frühstück. Das Essen ist exzellent und die Mitarbeiter jung und unkompliziert. Noch dazu ist die Lodge ausgesprochen gemütlich, nicht zu groß und wanderfreundlich. Wenn man so wie wir total nass und kaputt dort ankommt, kann man sofort seine Sachen in den Trockenraum hängen, und im Nullkommanichts sind sie wieder trocken.

Und erst der Sternenhimmel! Wir lieben die Lodge!

Im Nachhinein haben wir uns gefragt, warum wir die Lodge so mögen: Es ist diese Mischung von Verwöhnt-Werden, aber auch Anerkannt-Werden, vielleicht gerade weil man ein schmutziger, nasser Wanderer ist. Dazu kommt dieser besondere Ort. Oh müder Wanderer, gönne dir die Keld-Lodge. Du wirst es nicht bereuen!