Tag 77: Carlops nach Ratho, 24km

Wie unsere Helden das Moor verlassen müssen, den Firth of Forth erspähen, eine lange Mauer entlang traben, den Bullen entkommen und mit dem Union Canal endlich sicheres Fahrwasser erreichen

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Heute geht es ein letztes Mal in diesem Urlaub durch die Berge. Diesmal sind es die Pentland Hills, die wir schon einige Male vom Flughafen Edinburgh aus gesehen haben. Unser Hotel liegt direkt am Fuße der Hügel.

Dank des frühen Frühstücks im sehr netten Allan Ramsay Hotel kommen wir früh los. Das Hotel liegt leider direkt an einer sehr vielbefahrenen Straße, was jedoch ein Schwalbenpärchen nicht davon abhält, ständig im Sturzflug zwischen den Autos in ein unserem Fenster gegenüberliegendes Bushäuschen einzufliegen. Sie haben dort ihr Nest gebaut! 🙂

Fast direkt hinter dem Hotel geht es hoch auf einen Pass in den Pentlands, Bore Stane. Unser Weg führt uns erneut über die typischen Schafsweiden nach oben. Obwohl der Weg kein offizieller Trail ist, ist er ausgeschildert und in recht gutem Zustand, weil es trocken ist. Zunächst kommen wir am kleinen North Esk Reservoir vorbei. Der See ist eine Vogelkolonie mit vielen kreischenden Möven und Wildgänsen und von grünen Bergwiesen eingerahmt.

Schnell sind wir oben am Pass angekommen, wo wir eine kleine Teepause einlegen.

Der Blick von hier oben ist toll und zeigt uns, was wir schon geschafft haben: Wir sehen die weiße Forth-Hängebrücke mit ihren drei weißen Bögen in der Ferne und … das Meer!

Also, den Firth of Forth …. was als Meer gilt, weil das Wasser salzig ist. Das ist dann das Meer, oder? 🙂

Nun geht es hinunter in das dicht besiedelte Flachland zwischen Glasgow und Edinburgh. Hier hatte Steffi bei der Planung einige Schwierigkeiten, wie man den Abschnitt von den Pentland Hills bis zu den schottischen Highlands angenehm überbrücken kann. Die Lösung heißt: Union Canal!

Bis dahin aber versuchen wir uns möglichst angenehm durchzuschlagen: Wir nehmen heute einen kleinen Umweg in Kauf und wandern nicht direkt zum Kanal, sondern machen einen kleinen Schlenker über zwei Stauseen, den Treipmuir- und den Harlaw-Stausee. Zunächst geht es noch einmal über hügeliges, eher eintöniges braunes und gelbes Moorland. Der Feldweg, auf dem wir laufen, ist jedoch gut befestigt und wir behalten trockene Füße. Die Stauseen sind von Wald umgeben und sehen schön natürlich aus. Es ist kaum zu erkennen, dass es sich um Stauseen handelt.

Nun kommt der schwierige Teil, wir müssen über Edinburghs Vorort Currie zum Union Canal. Der Weg nach Currie führt schon mal über eine asphaltierte Straße. Das mögen wir nicht so, aber sie ist zum Glück nicht arg befahren. Von einem Hügel aus breitet sich Edinburgh unter uns aus.

Wir lassen die Stadt jedoch rechts von uns liegen und laufen in Richting Currie Station, in der Hoffnung, irgendwo einen Kaffee zu ergattern. Currie wirkt jedoch wie eine typische Schlafstadt ohne eigentliches Zentrum.

Nun kommen die schlimmsten vier Kilometer unseres Urlaubs: Steffi dachte sich, es wäre tolle Idee, an der Herriot Watt Universität vorbeizulaufen. Schließlich ist dies eine der Partneruniversitäten der Institution, bei der sie arbeitet und eine ihrer lieben Kolleginnen hat dort studiert. Steffi hat sogar versprochen, ein Foto von der Uni zu machen. Jedoch haben wir uns die falsche Seite des Campus ausgesucht – Alles was wir rechts sehen, ist eine große Mauer, und das auf drei Kilometern Länge. Friedel kann so gerade drübergucken, Steffi leider gar nicht. Links von uns gibt es eine dicht befahrene Straße und keinen Gehsteig. Tatsächlich gibt es ein einziges Mal eine Lücke in der Mauer – scheinbar eine Lieferanteneinfahrt. Wir verlieren irgendwie die Lust auf den Campus hinter der Mauer und machen, dass wir weiter kommen. Dann gibt es halt kein Foto!

Wir sind sogar so genervt von der Straße, dass wir den erstbesten Feldweg in Richtung Union Canal einschlagen und prompt auf einer Wiese mit kleinen Jungbullen stehen. Die finden wir erst sehr niedlich, aber als sie uns verfolgen und wild mit den Köpfen rotieren und laut schnauben, sehen wir zu, dass wir über einen Stacheldrahtzaun zum Kanal kommen. Endlich in Sicherheit! 🙂

Die letzten drei Kilometer zockeln wir gemütlich über den Treidelpfad am Kanal entlang. Diese Kanäle gibt es überall in England und Südschottland und sie wurden in der frühen Phase der Industrialisierung angelegt, um Rohstoffe effektiv in die Industrie-Zentren zu bringen. Die langen ¨Narrowboats¨ wurden von Pferden gezogen, die auf den Treidelpfaden neben den Kanälen liefen. Heute sind auf den alten Treidelpfaden jede Menge Fußgänger und Radfahrer unterwegs – So auch wir!

Unser Inn ist eine alte Pferdestation und liegt genau am alten Bootshafen. Leider regnet es heute Abend, so dass wir nicht am Bootssteg sitzen können.

Morgen aber sind wir den ganzen Tag am Kanal unterwegs – So werden wir noch genug Kanalwasser schnuppern!

Tag 76: Peebles nach Carlops, 25km

Ginster, Wald, Moos und Sonne: Ein “langweiliger” Tag auf dem Weg nach Cape Wrath

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Gestern Abend war das Wetter noch so schön, dass wir noch einen Spaziergang durch Peebles gemacht haben. Im Moment stehen die Apfel- und Kirschbäume in voller Blüte und Peebles hat besonders viele davon!

Unser Zimmer im Cross Keys Wetherspoon Hotel ist zwar toll, aber das Frühstück echt mies. Wie üblich haben wir zweimal Full Scottish Breakfast bestellt, das haben sie auch. Dann wollten wir noch Früchte und Joghurt dazu, die auf der Karte angepriesen werden. Beides gibt es aber heute nicht, ob wir eventuell zwei Portionen Porridge dafür… ? Naja, Porridge ist nun nicht gerade unser Lieblingsessen, aber auf der Karte mit einer Banane kombinierbar. ¨Sorry¨ kam der Barkeeper erneut an unseren Tisch, der Koch habe nur noch eine Portion Porridge und die Bananen seien leider auch aus. Aber er könne uns das Geld zurückgeben?

Okay, also heute gar kein Obst. Dann war auch noch die Kaffeemaschine außer Betrieb, so dass wir das kostenlose Refill nicht in Anspruch nehmen konnten. Nix wie weg hier! 🙂

Über den heutigen Tag kann man eigentlich gar nicht viel schreiben. Wir machen den ganzen Tag einen gemütlichen Gang durch eine ländlich-hügelige Landschaft mit einigen Aufs und Abs, die sich am Ende auf 700 Höhenmeter summieren. Obwohl wir heute am Morgen noch ein wenig staksig auf den Beinen sind – ¨War der Rucksack schon immer so schwer?¨ – kommen wir bald in unseren üblichen Trab, es geht wieder leicht und wir kommen schnell voran.

Der heutige Tag steht im Zeichen des Ginsters und des Waldes. Ersterer steht in voller Blüte und verströmt einen betörenden Honiggeruch.

Die Wälder sind größtenteils Nadelwälder, dunkel und voller Moos. Wir sind froh über die Schatteneinlagen, denn auch heute haben wir wieder vortreffliches Wetter.

Zwischendurch geht es durch Wiesen und ein bisschen Moor, aber nicht zu viel.

Optimistisch wie wir sind, haben wir heute normale Socken an und sie bleiben trocken!

Auch heute sind wir fast den ganzen Tag auf der Cross Borders Drove Road unterwegs. Dank eines besonderen Programms der Tweed Trails Commission ist der Weg super markiert und ausgeschildert und in bestem Erhaltungszustand. Es gibt sogar jede Menge Brücken! 🙂

In West Linton trinken wir Kaffee im Garten am alten Zollhaus, das sehr hübsch restauriert ist. Danach geht es durch eine rurale Landschaft bis nach Carlops, unserem heutigen Ziel. Unterwegs bestaunen wir wieder viele alte Bäume und erst hier treffen wir den ersten Spaziergänger mit Hund, ansonsten ist uns außerhalb von Peebles und West Linton niemand begegnet.

Insgesamt haben wir also einen unspektakulären, aber schönen Wandertag erlebt. Wir fühlen uns mittlerweile wirklich fit, so dass wir glatt noch bis Cape Wrath weiterlaufen könnten! Obwohl wir zwei längere Pausen gemacht haben, sind wir trotz der 25 Kilometer schon um 16 Uhr im Allan Ramsay Hotel in Carlops, einem Mini-Ort, von dem Friedel nicht glauben kann, dass es hier ein Hotel gibt 🙂

Das Hotel ist so, wie wir es mögen: Nicht überkandidelt, schön altmodisch und das Personal sehr freundlich. Wir freuen uns schon auf das bestimmt leckere Abendessen! 🙂

Eins noch: Beim Einchecken im Hotel wurden wir eben etwas gefragt, was von uns noch nie jemand wissen wollte: Ob wir nach John o’ Groats laufen würden, also den ganzen weiten Weg ans Nordende von Schottland?

Als wir erklären, dass wir eigentlich dem Plan des Scottish National Trails folgen würden, also unser Endziel Cape Wrath sei, meinte der Wirt, jaja, gerade gestern hätten zwei Wanderer bei ihnen übernachtet, die auch nach Cape Wrath unterwegs seien. Scheinbar laufen sehr viele Wanderer diese Route über Carlops. Immerhin sind das ca. 2000 Kilometer von Land’s End nach John o’ Groats, beziehungsweise unsere geschätzten 2400 LECW-Kilometer nach Cape Wrath! Für den Wirt war das vollkommen normal, wo wir sonst bisher eher keine Reaktion erhielten oder gar nicht verstanden wurden.

Die beiden Wanderer gestern hatten übrigens Unterstützung durch die Frau eines der beiden, die die ganze Strecke mit dem Auto begleitet und das Gepäck kutschiert! 🙂

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