Tag 9: Port Isaac nach Tintagel

Heute ist unser letzter Tag in diesem Urlaub. Sehr schade, denn wir haben uns gerade erst richtig eingelaufen! Friedel hat jedoch am Wochenende ein Seminar in Ulm, das er auf keinen Fall verpassen möchte – Deshalb geht es schon morgen Abend zurück nach Deutschland.

An diesem Tag erwartet uns ein weiteres Highlight unserer Wanderung: Unser Ziel für heute ist Tintagel Castle, angeblich König Arthurs Geburtsort. König Arthur selbst interessiert uns jetzt nicht so, denn es gibt hier inflationär viele Orte, die mit ihm verbunden werden. Aber wir haben schon einige Fotos von der atemberaubenden Lage des Castles gesehen, also sind wir sehr gespannt!

Der Morgen beginnt mit einem bedeckten Himmel und es wird im Verlauf des Vormittags einige Male regnen. Hinter Port Gaverne erwartet uns wieder das offene Meer und Klippen, Klippen Klippen. Unser Reiseführer hatte uns auch schon vorgewarnt, dass es heute anstrengend wird. Uns erwarten einige steile Auf- und Abstiege – und so ist es auch. Wenn wir oben sind, schauen wir hundert Meter tief herunter. An einigen Stellen sind die Wiesenzäune so dicht an die Klippen gebaut, dass nur ein schmaler Fußweg bleibt. Wie gut, dass wir relativ schwindelfrei sind!

Jedoch geht es immer wieder tief in die Täler hinunter. In den Weg sind Stufen hineingebaut, die am Ende jeweils mit Brettern begrenzt sind. Da es gerade geregnet hat, steht vor fast jedem dieser Bretter eine Pfütze, in die man besonders bei den Absteigen voll hinein patscht. Also rentieren sich heute endlich mal unsere Gamaschen, die wir die ganze Zeit nutzlos im Rucksack herumgetragen haben!

Trotzdem gefällt uns der Weg heute wieder außerordentlich gut, zumal die Täler meistens pittoresk mit Farnen bewachsen sind. Immer wieder treffen wir dort neugierige Kühe, die sich nur ungern vom Weg verscheuchen lassen. Da wir nicht ganz sicher sind, ob die Viecher aggressiv sind, müssen wir uns immer wieder gedulden, bis sie freundlicherweise den Weg frei machen.

Ab Mittag wird das Wetter wieder sonnig. Außerdem kommt ein ordentlicher Wind auf, der die Wellen hochschlagen lässt. Friedel macht Millionen Gischt- Schaum- und Wellenfotos, die mit den vielen Felsen am Strand auch besonders gut wirken.

Schon ab ein Uhr können wir unser Endziel sehen: Die Kirche St Materiana, die auf einem Hügel bei Tintagel steht. Vorher geht es zwar noch einige Male auf und ab, aber es sind ja heute nur 16 Kilometer – da können wir ganz gemütlich weiterschlendern und uns schön viel Zeit nehmen, die Klippen und die Wellen zu bewundern.

In Trebarwith Strand kommen wir zwar zu einem Kaffee, aber uns überkommt auch so etwas wie ein kleiner Kulturschock: Der Ort scheint sehr beliebt zu sein – Nachdem wir den ganzen Tag wirklich niemanden getroffen haben, schocken uns nun die Massen an Rentnern, die auf der Terrasse des Port William sitzen. Die sind natürlich mit dem Auto und nicht zu Fuß gekommen. Der Gasthof liegt aber wirklich schön in einer schmalen Bucht und bietet einen ordentlichen Blick auf die Wellen, die nun bei Flut ganz besonders hoch an die Felsen spritzen. Vom Strand sehen wir so allerdings nichts.

Der Abschnitt von Trebarwith Strand nach Tintagel ist von Schiefer geprägt: Früher wurde dieser auf diesem Wegstück abgebaut, und davon zeugen noch einige Steinbrüche an den Klippen und die vielen Mauern und „Stiles“ aus geschichteten Schieferplatten – dies erinnert uns sehr an den Lake District oder Wales.

Kurz vor Tintagel verlassen wir den SWCP, um uns die St Materiana Kirche anzuschauen. Die Kirche stammt aus dem späten elften Jahrhundert und beeindruckt nicht nur durch seine exponierte Lage und den trutzigen Turm, sondern auch durch den großen Friedhof mit vielen alten Grabsteinen. Auch von Innen ist die Kirche sehr beeindruckend. Da es erst 15 Uhr ist, können wir uns viel Zeit für die Kirche lassen.

Trotzdem wollen wir nicht zu spät zum Tintagel Castle kommen, denn wie wir ja bereits wissen, schließen viele Sehenswürdigkeiten in England bereits um 17 Uhr. So sind wir gegen 16 Uhr dort – und erfreulicherweise ist das Kassenhäuschen schon geschlossen, aber die Burg noch geöffnet! Auf wieder ein Vorteil der Nachsaison?

Von der Burg selbst ist nicht wirklich viel erhalten. Ein Paar Mauerreste, das ist alles. Aber der Weg dorthin über in den Felsen gehauene Stiegen und eine schmale Holzbrücke über dem Abgrund ist schon sehr beeindruckend. Circa eine Stunde klettern wir auf dem großen Felsen herum, dann ruft uns die Aussicht auf ein Ale in der Abendsonne. Hoffentlich hat unsere Unterkunft einen Biergarten?

Hat sie! Um zum Tintagel Arms Hotel zu gelangen, müssen wir jedoch erst das ganze Straßendorf durchlaufen. Der Ort ist ziemlich lang gestreckt und unser Hotel liegt am anderen Ende des Ortes. Allerdings haben wir so den ganzen Ort schon gesehen und brauchen abends nicht noch einmal extra los. Außer dem alten Postoffice finden wir aber aber auch nichts wirklich Schönes am Ort. Wir freuen uns über ein Ale im improvisierten kleinen Biergarten hinter dem Haus, der auch tatsächlich noch Sonne hat.

Am Abend essen wir im Hotel – und sind die einzigen Gäste! Es wird uns ein wenig bange, denn sowas ist ja meistens kein gutes Zeichen. Das Essen ist jedoch sehr gut und im Speisesaal im Ritterstil läuft guter Jazz – Was will man mehr an seinem letzten Abend?

Es tut uns allerdings ein wenig leid für den Wirt des Hotels, dass so wenig los ist. Hier scheint es eine große Konkurrenz an anderen Hotels zu geben, das Hotel liegt am weitesten entfernt vom Castle und in der Nachsaison scheint es nicht mehr viele Gäste zu geben. Wir nehmen uns vor, hier wieder zu logieren, wenn wir den nächsten Abschnitt des SWCP laufen: Von Tintagel über Minehead nach Washford, den Beginn unsere Somerset-Tour.

Am nächsten Morgen reisen wir voller Bedauern ab. Der Wirt hat uns am Abend noch freundlicherweise ein Taxi bestellt, das uns zur Bahnstation Bodmin Parkway fährt – die Busfahrt mit drei Umstiegen würde sonst einfach zu lange dauern. Von dort aus sind wir fast den ganzen Tag bis nach London unterwegs. Das ist jedoch kein Problem, denn unser Flieger in Heathrow geht erst um 19:00 Uhr – Das haben wir locker geschafft.

Tag 8: Padstow nach Port Isaac

Nach dem (zugegeben guten) Frühstück ist unser erster Akt heute, die Fähre über das Camel Estuary nach Rock zu finden – was gar nicht so einfach ist, denn es gibt verschiedene Abfahrtsstellen, je nachdem ob Ebbe, Flut, „Halbflut“ oder extremes Niedrigwasser herrscht. Wir fragen uns jedoch erfolgreich durch und landen bereits um 9:30 Uhr auf der anderen Seite in Rock. Es erwarten uns: Ein endloser, breiter Sandstrand und ein dunkler Himmel, der jedoch immer wieder von der Sonne durchbrochen wird. Tolles Fotowetter.

Der Weg von Rock nach Polzeath ist wieder mal Küstenlinie at its best: Sauberster Sandstrand, Dünen, Wellen, und wenn man sich mal ein wenig vom Strand entfernt, eine hübsche Dünenlandschaft mit blühenden Ginsterbüschen, Ilex und Heide: Das lieben wir, ganz im Gegensatz zu den langweiligen Wiesen von gestern!

Was wir auch lieben, ist das Surfercafé in Polzeath, in das wir bereits um elf Uhr einkehren: Extra für uns öffnen sie die Tür! Vermutlich sind wir bei dem Wetter heute die einzigen Gäste.

In der Tat wehen uns auf der Terrasse fast die Mützen vom Kopf. Viel Wind bedeutet aber auch, dass es ordentliche Wellen gibt. Rauhes Nachsaisonklima, das uns aber durchaus gefällt! Außer uns gibt es nur ein paar Surfer-Bullis am Strand. Wanderer haben wir schon seit gestern nicht mehr gesehen.

Da wir nur gemütliche 19 Kilometer vor uns haben, folgen wir dem SWCP heute regelgerecht und machen den Schlenker über Pentire Point und Rumps Point. Tatsächlich werden wir mit Sonne und einer schön zerklüfteten Küstenlandschaft belohnt.

Der Weg bleibt wunderschön, bis wir Fort Quin erreichen. Dies ist ein hübscher kleiner Fischerort mit dazugehörigem kleinen Kastell – ach was, es ist nicht mehr als eine Ansammlung von Häusern. Ein Café gibt es nicht, aber unverhofft wird der Nachmittag noch einmal windstill, sonnig und warm. So setzen wir uns einfach auf ein paar Steine oberhalb der Bucht und genießen den „Altweibersommer“ und den Blick auf die Bucht.

Den Rest des Tages bummeln wir gemütlich bis nach Port Isaac. Zwar geht es am Nachmittag noch einige Male ordentlich rauf und runter, aber wir lassen uns Zeit und genießen die Sonne und den preiswürdigen Wegabschnitt. Hinter jedem Anstieg erwartet uns ein neuer toller Blick nach unten, in jedem Tal eine neue steinige Bucht mit tiefblauem Wasser. Die Hänge sind mit Ginster, Heidekraut oder Farnen bewachsen, so wie wir es besonders mögen.

Kurz vor Port Isaac schlängelt sich der Weg hoch über dem Meer in einer terrassenartigen Landschaft – aber dann geht es noch mal hundert Stufen nach unten – und wieder hundert Stufen auch oben – Port Isaac ist schon im Blick. Und nochmal um eine Bucht herum – nach unten – wieder hinauf – und noch eine Bucht. Es ist anstrengend, aber wunderschön.

Nachdem wir Port Isaac erreicht haben, sind wir uns einig, dass dies heute neben der Strecke von Pendeen nach St Ives der schönste Tag war. Zwar gab es keine besonderen „Sehenswürdigkeiten“, aber die Landschaft war so, wie man sich Cornwall vorstellt. Und das gute Wetter hat natürlich auch noch seinen Teil dazu beigetragen.

Port Isaac ist ein ausgesprochen hübsches Fischerdorf und gibt vor, noch wirklich zu fischen. Wir wohnen direkt am Hafen im Slipway Hotel. Das Hotel hat schon bessere Tage gesehen, aber der Schuppen hat Lokalkolorit und wir hegen die Hoffnung, am Abend auf der Terrasse mit Blick auf den Hafen sitzen zu können.

Vor dem Abendessen sind wir noch so fit, dass wir den ganzen Ort samt aller kleiner Gässchen rauf und runter erkunden und sogar noch mal den Weg zurückgehen, um den Sonnenuntergang über dem Meer zu sehen. Es lohnt sich!

Das hat unseren Appetit ordentlich angeregt und wir sind glücklich und dankbar, dass es tatsächlich am Abend noch warm und trocken ist, so dass wir den Abend draußen an der frischen – zugegeben etwas fischigen – Luft genießen können. Das war ein perfekter Tag heute!

Tag 7: Mawgan Port nach Padstow

In der Nacht hat es ordentlich geregnet und gestürmt. Der Blick am Morgen aus dem Fenster zeigt uns noch immer hohe Wellen und einen dunklen Himmel. Als wir nach dem opulenten Frühstück losziehen, lässt sich jedoch sogar die Sonne blicken. Das T-Shirt-Wetter ist nun wirklich vorbei, aber wir hoffen auf eine relativ trockenen Tag. Das würde uns doch schon reichen!

Leider regnet es dann doch den ganzen Vormittag immer wieder. Wir passieren eine Menge pittoresker Sandbuchten, teilweise mit Höhlen und kleinen Wasserfällen. Gegen zehn Uhr erreichen wir die berühmten Bedruthian Steps: Ein Reihe von imposanten Felsen im Wasser, die wie angelegt wirken, weil sie in einem ziemlich regelmäßigen Abstand zueinander liegen – gerade so, als habe der Riese Bedruthian sie ins Wasser geworfen, um von Fels zu Fels zu hüpfen. Eine ganze Reihe von Stufen führen hinunter zum Strand. Wir bleiben jedoch oben, denn von hier aus sind die Felsen am besten zu sehen und zu fotografieren. Hätte es unten ein Café, dann wären wir vielleicht nach unten gestiegen: Aber bei dem Regen sehen wir lieber zu, dass wir weiter kommen.

Auf dem weiteren Weg ist das typische Szenario zu sehen: Links die Steilküste mit Blick auf’s Meer, rechts langweilige flache Wiesen mit Kühen oder Schafen. Da freut man sich und freut sich auch nicht, wenn es mal wieder in ein Tal runtergeht: Es geht zwar bergab und wieder bergauf, aber geradeaus gibt es schon mehr zu sehen: Ein hübscher Bachlauf, eine Steilwand, ein Wasserfall, ein Stück Strand ..

In Porthcothan hoffen wir auf ein Café, finden aber leider keins. Also laufen wir weiter und spekulieren auf ein trockenes Plätzchen für eine Mittagspause. Tatsächlich hat die Jugendherberge in Trayarnon Beach ein kleines Café .. und geöffnet!

Wir setzen uns bei strömendem Regen unter ein Tarp im Hof und genießen unsere Kaffees und Flapjacks im Trockenen, aber draußen an der frischen Seeluft. So mögen wir’s!

Relativ zügig geht es weiter um Trevose Head und seinen Leuchtturm herum nach Harlyn, wo im dortigen Pub der nächste Kaffee wartet. Was geht es uns gut heute! Und mittlerweile hat es sogar zu regnen aufgehört.

Trevone ist uns nicht sonderlich sympathisch, wenn es auch einen netten Stand und eine berühmte Rettungsstation mit Bootsrutsche hat. Besonders am Ort ist nur, dass wir hier kurz den SWCP verlassen, um eine Abkürzung zu nehmen. Wir schlagen uns landeinwärts nach Padstow, anstatt den fünf Kilometer weiteren offiziellen Weg über Stepper Point zu nehmen. Puristen würden aufschreien, aber wir laufen schließlich nicht ausschließlich den Küstenweg, sondern sind auf dem Weg nach Schottland und müssen unsere Kräfte schonen. Da sei uns die eine oder andere Abkürzung verziehen :-).

Außerdem haben wir so auch noch die Zeit, uns in Ruhe Padstow anzusehen. Immerhin führt uns unsere Abkürzung zunächst an Prideaux Place vorbei. Der Palazzo ist Schauplatz zahlreicher Rosamunde-Pilcher-Filme. Der große Busparkplatz schreckt uns jedoch ab und es reicht uns, einen Blick durch die protzige Pforte zu werfen.

Padstow selbst gefällt uns sehr gut: Im Gegensatz zu St Ives hat man das Gefühl, dass es sich um einen „richtigen“ Ort handelt, in dem Menschen wirklich leben und arbeiten. Der Hafen ist hübsch, es gibt auch normale Geschäfte und es scheint noch andere Menschen außer Touristen zu geben. Jedoch kann dieser Eindruck auch dadurch entstehen, dass heute Dienstag ist und nicht Samstag, wie in St Ives erlebt.

Trotz überschäumender Kritiken für unser B&B in Padstow hält sich unsere Begeisterung für die Unterkunft in Grenzen: Der Weg dorthin ist steil, das Zimmer ist klein und die Wirtin versprüht ihren Charme wohl nur für ihre Landsleute. Uns hingegen fertigt sie relativ kühl ab. Leider regnet es am Abend wieder in Strömen und natürlich müssen wir das B&B verlassen, um an ein Abendessen zu kommen. Also patschen wir die Straße hinunter in den nächsten Pub, in dem es dann nur Fish and Chips gibt. Egal, einmal im Urlaub muss das auf jeden Fall sein. Und der Fisch war gut!

Ein Vorteil von B&Bs ist hingegen, dass sie oft ruhig sind, im Gegensatz zu Gasthöfen. Also schlafen wir wenigstens gut.

Tag 6: Perranporth nach Mawgan Porth

Die langen 26 Kilometer heute sind auf zwei Faktoren zurückzuführen: Erstens wollte Steffi nicht in Newquay übernachten, weil sie davon nur Schlechtes gehört hat. Zweitens war es möglich, dass es keine Fähre über das Gannel Estuary geben würde: Beides bewahrheitete sich!

Wieder beginnt unser Tag damit, dass wir in nassem Sand einsinken. Zunächst gilt es, das Ende des Strandes zu erreichen, eine Klippe mit dem Namen Crotty Point. Wir hatten gehofft, bei Ebbe die Klippe zu umwandern, doch das Wasser steht hoch: So steigen wir Crotty Point hoch, wieder herunter und was erwartet uns? Drei Kilometer erneutes Stapfen durch nassen Sand! Doch das stört uns nicht wirklich: Der Tag ist jung und es regnet nur ein bisschen!

Glücklicherweise legt sich der Regen im Verlauf des Vormittags. Im Nachhinein lässt sich bei uns immer gut rekonstruieren, wann es geregnet hat – es gibt dann nur wenige Fotos!

Was ich von diesem Vormittag jedoch noch weiß: Der Weg führt uns größtenteils hoch an Klippen entlang, immer wieder gibt es tiefe Einblicke auf unzugängliche Sandstrände. Die Wellen schäumen heute ordentlich, die Gischt spritzt dramatisch gegen die Felsen – da kann sich der Friedel dann doch nicht verkneifen, die Kamera einige Male auszupacken, trotz Regen.

Als wir das Gannel Estuary erreichen (breite Flussmündung des River Gannel), hat es aufgehört zu regen. Nun wird es spannend: Gibt es in der Nachsaison noch eine Fähre, die uns auf das andere Ufer nach Newquay bringt, oder müssen wir bis zur Holzbrücke laufen?

Nun, eine Fähre gibt es keine mehr. Das finden wir jedoch nicht weiter schlimm, denn 1,5 Kilometer weiter gibt es die Brücke über den Fluss, das ist dann ja nur ein kleiner Umweg, oder?

Ähmm  .. welche Brücke? Wir haben sie ernsthaft gesucht, aber einfach nicht gefunden!

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als das Ästuar zu Fuß zu umrunden, was einen zusätzlichen Weg von fünf Kilometer ausmacht. So kommt es zu den heutigen 26 Kilometern.

Der Weg entlang des Flusses gefällt uns auf jeden Fall: Auf der anderen Seite schaut man auf tropisch angehauchte Terrassengärten, denn die geschützte Bucht erlaubt Palmen, Ziergräsern und Agaven ein üppiges Wachstum. Später weitet sich das Tal und der Fluss mäandert durch eine breite Wattlandschaft mit vielen Seevögeln – außerdem machen wir gut Strecke, weil es kaum Höhenmeter zu überwinden gibt. Und was uns besonders antreibt, ist die Aussicht auf .. einen Kaffee!

In Newquay erwartet uns –  die Hässlichkeit! Ich hatte also ganz recht damit, diesen Ort  zu meiden und uns lieber ein ruhigeres Plätzchen zum Übernachten zu suchen.

Ich habe mich schon bei früheren Urlauben gefragt, warum es manche englische Seebäder schaffen, sich so derartig zu verunstalten. Newquay ist da ein schönes Beispiel. Das triste Wetter tut noch ein Übriges dazu, aber immerhin finden wir auf der Cliff Road zwischen allerlei Wettbüros und Ramschläden einen Wetherspoon-Pub, der ordentliche Hamburger und einen guten Kaffee im Programm hat. England-Tipp: Wenn man nicht lange fackeln will, sollte man nach eine Wetherspoon Ausschau halten!

Anschließend versuchen wir, möglichst schnell zurück zum Meer zu kommen: Durch verstopfte Straßen, über Parkplätze, an hässlichen Pizza-Express und Fish-and-Chips-Buden vorbei, durch eine dunkle Unterführung (sic!) zurück zum SWCP. Der führt uns zwar entlang einer großen Ausfallstraße aus dem Ort hinaus, aber immerhin hinaus! Endlich lassen wir die letzte hässliche Riesen-Hotelanlage hinter uns und .. die letzte Häuser .. und ein langweiliger Park … und wieder die Straße voller rasender Autos, Busse, LKW und hinunter in ein Tal, aus dem Tal heraus … und … das Meer! Die Weite! Wir fallen uns in die Arme. Der SWCP hat uns wieder! Die vier allerhässlichsten Kilometer des ganzen Urlaubs liegen hinter uns!

Auf dem Weg nach Mawgan Porth und zum Merrymoor Inn fängt es wieder zu regnen an, aber was soll’s? Wir wandern wieder durch wunderschöne Klifflandschaft, unterbrochen von sandigen und felsigen Buchten. Was soll man da meckern? Auch Friedel ist so glücklich, dass er trotz Regen zahlreiche Fotos macht. Erst eine Krise lässt einen wieder schätzen, was man am SWCP so hat!

Bei Tregurrian gibt es noch mal einen Flecken mit einer hässlichen Hotel- und Appartmentanlage und riesigem Parkplatz: Wie kann man da nur Urlaub machen, wenn es rundherum so schöne, lauschige Gasthöfe gibt, wie z.B. das Merrymoor Inn?

Sechs Kilometer nach Newquay erreichen wir es endlich. Wir sind schon etwas müde, aber haben die 26 Kilometer gut überstanden. Gut zu wissen, das so ein langer Tag auch mal geht.

Das Merrymoor Inn is ein echtes Kleinod. Es liegt geschützt in der Bucht direkt am Hafen. Der Wirt gibt uns netterweise ein kostenloses Upgrade auf ein Zimmer mit Meerblick – Nachsaison! Die große Terrasse mit Blick auf das Meer muss im Sommer sehr schön sein, jetzt jedoch sind wir froh, dass wir im Warmen sitzen können. Beim Rauchen kommen wir mit einem Camper-Pärchen aus Sunderland ins Gespräch – der Mann ist kaum zu verstehen. Ein Vorgeschmack auf die Dialekte Nordenglands – werden wir uns dort wohl verständigen können? 🙂

Es dauert jedoch nicht lange, und wir verziehen uns auf unser großes und schönes Zimmer. Alt werden wir heute nicht!

Tag 5: Portreath nach Perranporth

Am Morgen hat uns Andrea ein fürstliches Frühstück zubereitet: Außergewöhnlich gut! Gewöhnungsbedürftig ist jedoch die Frühstückskonversation, die uns erwartet: Andrea nimmt lebhaft Anteil an Deutschlands Flüchtlingsproblematik und hält mit ihrem – nun ja, nennen wir es konservativem – Gedankengut nicht hinter’m Berg. Das wird uns bei unserer Englandtour noch mehrmals begegnen: Total nette und herzliche Leute, die allerdings sehr negativ gegenüber „Fremden“ eingestellt sind und von ihrer eigenen Regierung verlangen, dass diese sich doch erst mal um die „eigenen Leute“ kümmern sollte – ein Vorgeschmack auf den Brexit. Gott sei Dank zählen wir wohl nicht zu den „Fremden“? 🙂

Nach einer lebhaften Zwei-Stunden-Diskussion machen wir uns endlich auf den (verspäteten) Weg. Gern wären wir noch länger in Andreas schönem Dachgeschoss geblieben, aber hätten wir so eine Diskussion jeden Morgen ausgehalten?

Der Vormittag heute zeigt sich bedeckt und kühl, aber immerhin regnet es nicht. Wir wandern erneut durch eine Minenlandschaft, wieder durch eine Unesco-Weltkulturerbestätte. Die Wheal Coates Minen sind besonders pittoresk: Friedel kann gar nicht aufhören zu fotografieren. Allerdings kann ich ihn mit der Aussicht auf einen Kaffee vorantreiben, denn heute haben wir endlich mal einen Zwischenstopp mit Einkehrmöglichkeit: Das kleine Hafendorf Porthowan.

Der Ort liegt hübsch in die Bucht geschmiegt, mit einem ordentlichen Sandstrand. Obwohl heute Sonntag ist, hält sich die Besucherzahl des Cafés am Strand in Grenzen: Der Charme der Nachsaison, der uns ab jetzt begleiten wird. Der Kaffee war gut!

Eigentlich laufen wir heute den ganzen Tag durch ehemaliges Minengebiet. Es gibt viel zu sehen: Steinhügel in den unterschiedlichsten Farben, scharfe Abbruchkanten, kraterähnliche Wasserlöcher, alte Schienen und Schächte, ein endloser Abenteuerspielplatz – hätten wir mehr Zeit, könnte man hier unendlich fotografieren. Hinter jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken.

Das kühle Wetter heute stört uns nicht wirklich. Ein Tag ohne groß zu schwitzen ist doch auch mal nicht schlecht, zumal es auch heute wieder ordentlich auf und ab geht. Außerdem passt das Wetter zu der rauhen Küstenlandschaft.

Schon kilometerweit vor unserem heutigen Etappenziel Parranporth sehen wir nicht nur den Ort, sondern auch den dazugehörigen riesigen Sandstrand. Aber vorher gilt es noch einige Abraumhalden zu umrunden, einige Abbruchkanten zu umtänzeln und einige eingeschnittene Schotterwege zu durcheilen.

Relativ früh kommen wir im Seiner’s Arms an. Das kühle Wetter hat dazu geführt, dass wir einen Schritt schneller gegangen sind.

Das Seiner’s Arms liegt direkt am Strand und wir haben einen direkten Blick auf den weiten Strand. Wir sehen: Windgepeitschte Palmen auf der Terrasse unseres Hotels, im Hintergrund eine verlassene Strandbar und ein paar wenige Menschen, die in Parka eingemummelt dem Wind trotzen. Unglaublich, dass es gestern noch so warm war!

Es gibt jedoch auch welche, für die beginnt sie Saison jetzt erst richtig: Die Surfer!

Tag 4: Hayle nach Portreath

Die beiden Engländer kommen aus Carlisle und heißen Carl und Lisa (natürlich heissen sie nicht so;)). Das erfahren wir beim gemeinsamen Frühstück. Da wir zwei Pärchen die beiden Zimmer im B&B belegen, sind wir die einzigen Gäste beim Frühstück – und haben scheinbar auch noch den gleiche Rhythmus, weil wir zur gleichen Zeit beim Frühstück eintreffen. Von Tisch zu Tisch sind wir plötzlich im angeregten „Gear Talk“ (Gespräche über die Vor-und Nachteile gewisser Outdoor-Gegenstände) und den SWCP: Die beiden laufen ihn jedes Jahr im Herbst, eine Woche lang, abschnittsweise. Leider ist heute ihr letzter Tag: Sie reisen heute morgen zurück nach Carlisle. So ist also unsere gemeinsame Zeit zu Ende, bevor sie angefangen hat. But this is the beginning of a beautiful friendship .. 🙂 Am Bahnhof von St Ives trennen wir uns schließlich, mit einem gewissen Bedauern auf beiden Seiten.

Friedel und ich werden im Winter nach Weihnachten noch einen Urlaub im Lake District (Ennerdale Bridge) einschieben, in dem wir uns mit den beiden verabreden. Aufgrund des Hochwassers im Dezember 2015/16 wird das Treffen jedoch vereitelt. Trotzdem werden wir vier von nun an in regem E-Mail-Verkehr stehen und uns über alle unseren weiteren Outdoor-Abenteuer austauschen.

Wie Carl schon so passend beim Frühstück erklärte: „You are no purists!“. Das war die Reaktion der beiden darauf, dass wir die langweiligen neun Kilometer von St. Ives nach Hayle skippen und erst in Hayle wieder in den SWCP einsteigen. Da wir wenig Zeit haben, wollte ich die Strecke bis Portreath (19 km) heute auf jeden Fall schaffen: Die neun langweiligen Kilometer entlang der Bahnstrecke nach Hayle dazu wären definitiv zu viel gewesen. Im Nachhinein ärgert es mich allerdings, das wir sie nicht gelaufen sind. Vielleicht holen wir sie später mal nach?

Die ersten Kilometer von Hayle geht es durch ein langweiliges Industriegebiet bis zum Meer. Aber dort werden wir dann mit einem weeeeeiten Sandstrand belohnt. Und die Sonne lacht! Und wie ist das Meer so türkisblau! Nachdem wir fertig gestaunt haben, haben wir die Wahl: Schlagen wir uns über den offiziellen und sandigen Weg durch die Dünen oder wandern wir bei Ebbe am Strand entlang? Wir probieren beides und beides ist gleich anstrengend: Knöcheltief durch trockenen oder knöcheltief durch nassen Sand – Aber wir wollen ja mal nicht meckern: Wir haben heute gemäßigte 19 Kilometer vor uns, es ist noch früh und das Wetter ist bombig.

Ab dem Godrevy Point wird es wieder felsig – und eine Auf und Ab Talfahrt beginnt. Unglaublich, denn auf der Karte sieht es nach NULL-Höhenmeter aus! Der Pfad geht immer an den Klippen entlang und nach unten gibt es atemberaubende Aussichten. In einer der Buchten unter uns entdecken wir sogar Robben!

Bis nach Portreath laufen wir durch eine bergige, aber auch wunderschöne Landschaft: Tiefe Täler, Wasserfälle, tolle Klifflandschaften – Schade aber, dass sich das Wetter im Verlauf des Nachmittags arg abkühlt. Regen gibt es noch keinen, aber wie wir in den nächsten Tagen sehen werden, nimmt der Herbst nun auch in dieser sonnenverwöhnten Gegend Einzug.

In Portreath laufen wir erst mal durch den ganzen langgestreckten Ort, um fernab der Küste an Andrea’s B&B zu klingeln – wieder ein B&B, denn in Portreath gibt es nichts anderes – aber das „Portreath B&B“ entpuppt sich als wahres Kleinod: Andrea vermietet nur ein Zimmer, aber was für eins! Wir haben ein riesiges Wohn/Schlafzimmer unter dem Dach, mit geräumigem Bad und eigenem Balkon. Die Landlady ist herb, aber herzlich und empfiehlt uns das „Basset Arms“ für das Abendessen – was dann auch eine gute Wahl ist. Erstmals sind wir die einzigen, die abends noch auf der Terrasse sitzen: Alle anderen hat es bereits nach drinnen getrieben: Wir halten aus!

Tag 2: Sennen Cove nach Pendeen

Heute haben wir es gemerkt: Der SWCP hat es in sich! Wir rechneten mit einen launigen Spaziergang am Meer, aber es geht ganz schön auf und ab!

Heute morgen ist es frisch, es ist ja auch schon Oktober. Die Sonne scheint, jedoch merkt man in der „Cove“ noch nichts davon, weil sich die Sonne noch hinter den Klippen versteckt. Es ist Ebbe, so dass wir einen schönen breiten Sandstrand haben und nicht den Pfad entlang der Klippen nehmen müssen. Der Sand ist schön fest und wir ziehen die Schuhe aus, lassen das Wasser unsere Zehen umspülen. Herrlich!

Bis zum Air Point kommen wir so gut voran, aber nun heißt es den Strand zu verlassen und sich in den Farn zu schlagen. Der Pfad windet sich den Hang auf und ab, es geht über Steine, durch teilweise mannshohen Farn, immer an der Kante entlang. Links das Meer, rechts die Klippen. Zwischendurch laden einsame Sandstrände unten zum Baden ein, denn mittlerweile ist es hübsch warm. Aber dann müssten wir ja ordentlich absteigen und danach wieder rauf, also verzichten wir heute auf das Bad.

Gegen Mittag wird es dann aber so richtig warm, und das Anfang Oktober! Da es einige steile Auf- und Abstiege gibt (immer dann, wenn ein Bach ins Meer fließt), kommen wir ganz schön ins Schwitzen – und erreichen endlich Cape Cornwall.

Auf dem Parkplatz in der Nähe einer kleinen Kirchenruine gibt es eine Kaffeebude, in der eine süße Dame selbst gebackenen Kuchen, Tee und Kaffee serviert. Wir sind begeistert, denn damit haben wir nicht gerechnet!

Als wir da so sitzen und gemütlich unseren Kaffee schlürfen, sehen wir das englische Pärchen wieder, das uns heute schon einmal begegnet ist. Die beiden sind vermutlich ein bisschen älter als wir, die Frau mit glatten, grauen Haaren, der Mann (etwas jünger?) mit einem sympathischen Dauergrinsen. Wir nicken uns kurz zu, nichtsahnend, dass wir uns von nun an noch häufiger begegnen werden …

An Cape Cornwalls höchstem Punkt gibt es einen riesigen Schornstein, ein Relikt aus der Zeit, als in diesem Gebiet intensiv Bergbau betrieben wurde. Das ganze Areal von hier bis Pendeen gehört dem National Trust und ist als Unesco-Weltkulturerbe geschützt. Ab hier durchlaufen wir ehemalige Minengebiete, in denen Kupfer und Zinn abgebaut wurde. Mehrmals passieren wir alte Industriegebäude und Schornsteine, außerdem gibt es riesige alte Abraumhalden, die das Bild der Landschaft prägen. Wir kommen uns vor, als ob wir durch eine Marslandschaft laufen!

Kurz vor Pendeen kommen wir an der Levant Mine vorbei, in der es eine alte Balancier-Dampfmaschine zu besichtigen gibt. Wir lassen das Museum jedoch links liegen, denn wir sind schon nicht mehr ganz frisch. Jedoch schauen wir uns die Info-Tafeln an, die überall angebracht sind. Wo wir heute Urlaub machen und uns den frischen Wind um die Nase wehen lassen, bauten früher bei Wind und Wetter Bergleute die Mineralien ab, teilweise in Stollen, die bis zu zweieinhalb Kilometer unter das Meer reichten. Frauen und Kinder sortierten danach über Tage Wertvolles von Unvertvollem. Das sind die riesigen Steinfelder, durch die wir laufen. Das Ganze bei Wind und Wetter. Da überkommt einen schon ein etwas ungutes Gefühl …

Ganz in der Nähe könnte man noch die Geevor Mine besichtigen, aber wir wollen noch weiter bis zum Leuchtturm Pendeen Watch. Außerdem freuen wir uns schon auf das Ale und darauf, unsere müden Knochen abzulegen.

Der Leuchtturm lässt sich nicht besichtigen, also machen wir uns auf den Weg ins Inland. Wir kommen an einigen Häusern vorbei, in deren Gärten Palmen stehen und riesige Agapantus-Stauden. Kaum zu glauben, dass wir hier in England sind.

In Pendeen haben wir uns im North Inn eingemietet, dem einzigen Pub im Dorf. Unser recht großes Zimmer liegt in einer Art Pavillon hinter dem Pub, wir haben sogar eine Terrasse! Die Gaststube ist gemütlich und das Essen gut, da haben wir auch keine Lust mehr, noch lange in Pendeen herumzulaufen, zumal es da vermutlich sowieso nicht viel zu sehen gibt.

Beim Abendessen treffen wir das englische Pärchen wieder. Wir kommen kurz ins Gespräch und sie erzählen uns, dass sie eine Woche auf dem SWCP unterwegs sind, allerdings nur bis St Ives. Sie haben das schöne Wetter heute genutzt und ausgiebig gebadet. Also nehmen wir uns das für morgen auch vor …

Tag 1: Die ersten 2 km auf dem Weg nach Cape Wrath

An unserem ersten Tag schaffen wir nur zwei Kilometer, was unser Ziel Cape Wrath betrifft, aber wir wollen unseren Urlaub ja auch genießen und den St. Michael’s Mount sehen – also laufen wir am Morgen gaaaaanz gemütlich zwischen Bahnlinie und Meer auf dem South West Coast Path (ab jetzt SWCP genannt) in Richtung Osten nach Marazion. Wir haben schon schönere Meerabschnitte gesehen, aber der Weg ist ruhig, die Sonne scheint, die Wellen klatschen an die Steine, also was will man mehr an diesem ersten Tag?

In Marazion ist am Morgen noch nichts offen, wir müssen aber warten, bis der Steinweg durch das Watt zur Insel St. Michael’s Mount von der Ebbe freigelegt wird. Also setzen wir uns ganz gemütlich auf eine Steinbank am Strand und sehen zu, wie sich das Wasser langsam zurückzieht.

Am Ende dauert es uns aber doch zu lange und wir nehmen die „Fähre“ auf die Insel, also eine Art Fischerboot mit ca. zwölf Plätzen für Passagiere. Das erweist sich als gute Entscheidung, denn als wir auf der Insel ankommen, sind wir fast allein!

Nach einer ausführlichen Fototour im Hafen und im kleinen Dorf setzen wir uns in das Café auf die Terrasse am Strand und bestellen: Milchkaffee und Scones mit Blick auf’s Meer. Was dem Friedel sein Ale, sind der Steffi ihre Scones!

Kaum haben wir die Dinger verputzt, ist der Causeway (Damm) auch schon frei und die Menschenmassen strömen auf die Insel! Wir sehen zu, dass wir wieder (Fest)land gewinnen, denn wir haben ja heute noch einiges vor. Land’s End ruft!

Gestern Abend haben wir ja nur wenig von Penzance gesehen, also fahren wir mit dem Bus flugs dorthin zurück. Da der Bus nach Sennen Cove, unserer nächsten Übernachtung, erst in eineinhalb Stunden fährt, haben wir noch etwas Zeit, uns die Stadt anzusehen. Aber … was soll ich sagen … Penzance ist laut! Voll! Heiß! Eng!

Also sind wir eine Stunde später froh, den wuseligen Ort hinter uns zu lassen. Die Einsamkeit weiter Strände ruft!

Der Bus fährt uns direkt bis nach Sennen Cove, und der Ort ist schon eher nach unserem Geschmack: Er besteht zwar nur aus ein paar Fischerbooten, B&Bs, Fish-and-Chips-Buden und einem Sommerkram-Kiosk, aber zumindest ist es hier nicht so voll. Unsere Unterkunft, das Old Success Inn, sah schon im Internet sehr vielversprechend aus.

Also checken wir schnell ein (Zimmer mit Blick nach links auf’s Meer), das Zimmer ist nicht groß, aber gemütlich. Wir beeilen uns, denn a) haben wir Hunger und b) wollen wir nach Land’s End! Wir ziehen uns also an besagter Bude jeder eine Portion Fish and Chips rein und schleppen uns dann mit vollem Bauch die steinigen zwei Kilometer an der Küste entlang bis zum Land’s End.

Land’s End: Dies ist der südlichste Zipfel Großbritanniens, okay, aber muss man dort dann gleich einen VERGNÜGUNGSPARK daraus machen? Dieser verströmt im September den Charme der Nachsaison, das heißt, diverse Karussells, Geisterbahnen und ähnliches sind geschlossen. Aber immerhin gibt es eine Kaffeebude, die geöffnet ist. Was auch zu besichtigen ist, ist eine Art Land’s-End-to-John-o’-Groats-Museum, in dem alle möglichen Fakten und Rekorde diverser Spielarten dieser 1500km-Herausforderung zu bestaunen sind. Recht interessant! (Die ca. 1500km sind Straßenkilometer – gelaufen sind es je nach Route deutlich mehr!)

Aber jetzt kommt das Unverschämteste: Am legendären Land’s End Signpost, also dem in Metall gegossenen Wegweiser nach John o’Groats, an dem sich alle Helden des Weges am ersten Tag ihrer langen Tour fotografieren lassen, soll man bezahlen, wenn man sich dort hinstellen will! Nein, das wollen wir dann doch nicht, schon aus Prinzip nicht *hmpf!*. Also macht Friedel ein Foto von mir, bei dem der Wegweiser nur weit im Hintergrund zu sehen ist. Das muss reichen. Aber nach unserem Kaffee hatte der Kassierer am Signpost wohl keine Lust mehr länger zu bleiben, das Fotomotiv ist nun frei!

Später Nachmittag: Da kann man ja noch ein wenig weiter laufen, zumal der Küstenabschnitt nach Land’s End in Richtung Gwennap Head auch noch einige interessante Fotomotive zu bieten hat: Felsen, Höhlen und die beiden kleinen Inseln Armed Knight und Enys Dodnan mit dem markanten Bogen. So laufen wir also noch weiter bis zur Mill Bay und dann im Sonnenuntergang zurück nach Sennen Cove.

Unser Abendessen nehmen wir glücklich und zufrieden draußen auf der Terrasse unseres Inns ein: Zwar sind wir die einzigen Gäste, die draußen sitzen, aber wir genießen den kühlen Abend mit dem Blick auf das Meer. Zu unserer großen Tour zählen heute nur zwei Kilometer von Land’s End zurück nach Sennen Cove. Doch waren wir heute nicht untätig und sind alles in allem doch 18 km gelaufen.

Tag 3: Pendeen nach St Ives

Mein englischer Reiseführer (Cicerone) hatte mich gewarnt: Dies sei eine der anstrengendsten Strecken auf dem SWCP. Wir hätten die Strecke in Zennor unterbrechen können, denn dort gibt es einen Pub mit Übernachtungsmöglichkeit. Da wir aber nur acht Wandertage zur Verfügung haben, laufen wir heute die 23 Kilometer bis St Ives in einem Rutsch durch. Nur 23 Kilometer, das schaffen wir!

Zunächst laufen wir von Pendeen aus den Weg zurück zum Leuchtturm und steigen dort wieder auf den Pfad ein. Der Weg, anfangs noch ein Fahrweg, verwandelt sich schnell in einen Trampelpfad, der 75 Meter über dem Meer an den steilen Klippen entlang führt. Unter uns liegt die einsame Portheras Cove, eine wunderschöne Bucht mit Sandstrand, in die wir fast bis auf Meeresniveau absteigen.

Anschließend geht es einen steinigen Weg wieder rauf auf einhundert Meter, und dann wieder runter in die nächste Cove, und dann wieder rauf … and so on. Morgens um zehn Uhr ist es noch dazu schon knallwarm: Aber wir beschweren uns nicht – kältere Tage werden kommen!

Nicht jede dieser Buchten, auf die wir hinuntersehen, hat einen Sandstrand – aber vielleicht hat die Flut den Sand auch verschluckt. Auf jeden Fall sehen wir auf fast weiße Felsen im Wasser, zwischen denen sich türkisgrün das Wasser bewegt. Man könnte stundenlang auf die Wellen schauen, aber wir müssen weiter!

Der Weg windet sich immer an den Klippen entlang, hoch über dem Meer. Links von uns liegen die Felsen und die Brandung, rechts von uns Farne, Farne, Farne. Weiter im Inland gibt es Weiden mit Kühen, Pferden oder Schafen, langweiliges Farmland. Wie schön, dass wir am Meer entlang laufen, und nicht wie andere LEJOG-Wanderer die kürzere Inland-Route nehmen.

Immer wieder haben sich tiefe Täler in die Klippen geschnitten, wenn ein Bach vom Inland zum Meer fließt. Hier geht es jedesmal einen steinigen Pfad hinunter (einige Male muss man gar die Hände zur Hilfe nehmen), aber natürlich auf der anderen Seite wieder hoch. Dies geht einige Male so.

Diese Täler bieten auch einiges an Abwechslung: Nur hier, in den geschützten Bachtälern, wachsen Bäume, Blumen, mediterrane Pflanzen. In einem dieser Täler gibt es auch ein schattiges Plätzchen für unsere Mittagspause – inklusive riesiger Brombeeren!

Ansonsten gibt es heute kein Café auf dem Weg, dafür aber so viel tolle Pausenplätze mit Blick auf das Meer.

Ab Wicca Pool halten wir Ausschau nach Seehunden, die hier oft zu sehen sein sollen – aber heute nicht. Auf dem letzten Stück nach St Ives gibt es zum Glück keine großen Auf und Abs mehr. Die 23 Kilometer anstrengenden Geländes sitzen uns in den Knochen.

In St Ives machen wir uns gleich auf den Weg zu unserem B&B. Normalerweise versuche ich B&Bs zu vermeiden, aber St Ives ist ein teures Pflaster: Entweder man mietet sich in ein teures Hotel ein oder halt in eins der vielen B&Bs. Gemütliche Pubs mit Gästezimmern gibt es kaum.

Unser B&B, Tregony Guest House, ist sauber und ruhig, das Zimmer aber wie in den meisten B&Bs eng und plüschig. Den beiden jungen Besitzern scheint das Lächeln im Gesicht eingefroren zu sein. Wir duschen und machen uns bald auf den Weg, um noch etwas von St Ives zu sehen und ein Ale zu trinken.

Nachdem wir die engen Gassen voller Craft-Shops rauf und runter gelaufen sind, landen wir relativ schnell am Hafen im Lifeboat Inn – und können sogar noch einem Platz auf der Terrasse ergattern!

St Ives ist ein nettes Örtchen, der Ort brummt – aber viel zu viele Touristen für unseren Geschmack. Außerdem ist auch noch Freitag. Das Essen im Lifeboat Inn ist okay, aber nichts Besonderes. Typisches Pub Food halt, aber wie immer gut essbar. Wir sind einfach nur froh, dass wir in diesem Touri-Ort ein nettes Plätzchen gefunden haben.

Als Friedel noch einmal in den Pub geht, um Bier-Nachschub zu holen, kommt und kommt er nicht wieder: Er hat an der Bar das englische Pärchen wiedergetroffen und sich recht lange mit ihnen unterhalten. Wie sich herausstellt, werden wir uns morgen früh beim Frühstück treffen: Sie sind im gleichen B&B wie wir!

Zum B&B müssen wir ein letztes Mal vom Hafen den Berg rauf – um dann todmüde im Bett zu landen. 23 tolle Kilometer, die es aber in sich hatten.

Abschnitt 1: South West Coast Path: Land’s End to Tintagel

Dies ist der erste Abschnitt unserer langen Reise, aber eigentlich ist es bereits unser Dritter: Im Herbst 2014 sind wir schon fünf Tage auf dem Offa’s Dyke von Monmouth nach Knighton gelaufen, und im Frühling 2015 haben wir die Somerset Levels und Bristol durchquert und den ersten Abschnitt des Offa’s Dyke in Wales bis Monmouth nachgeholt. Warum wir die Etappen nicht der Reihe nach angegangen sind, erfahrt ihr später im Kapitel „Der Weg und die Planung“.

Nun aber zu Cornwall: Nach einer ewig langen Zugfahrt von London nach Penzance kommen wir am Abend des 29. Septembers gegen 21 Uhr in Penzance an. Ich habe uns direkt gegenüber vom Bahnhof im Longboat Inn angemeldet: So kommt Friedel noch zu seinem sehnlichst erwarteten Ale und wir müssen auch nicht mehr lange in Penzance herumlaufen.

Nun, das Longboat Inn ist nicht die erste Sahne (das Zimmer ist ein wenig schmuddelig und „riecht“), aber das Frühstück am nächsten Morgen ist gut!

Friedel und ich haben uns ja vorgenommen, nicht straight durchzulaufen, sondern auch das eine oder andere Highlight links und rechts am Wege mitzunehmen: Also, wie kann man nach Penzance fahren, ohne den St Michael’s Mount mitnehmen? Deshalb sind wir extra einen Tag früher angereist.

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