Blankenburg… ist teuflisch!

An der Teufelsmauer am Hamburger Wappen

Von Timmenrode über die Teufelsmauer nach Blankenburg bis zur Ebertbrücke und wieder zurück, gelaufen am 4. August 2022: 17 Kilometer und 5 Stempel

Teufel auch!
Während unseres Kurzurlaubs in Thale habe ich fleißig jeden Abend geschrieben. Aber der letzte unserer vier Wandertage war natürlich auch Abreisetag. Als wir nach Hause kamen, mussten wir noch schnell zum Bäcker huschen, die Taschen auspacken, die Waschmaschine anschmeißen, die Post durchsehen, meine Mutter anrufen, den Garten wässern …

Ehe ich mich’s versah, war es schon dunkel und ich hatte noch keine Zeile geschrieben. Kein Problem, dann mache ich das halt morgen! Und dann übermorgen, und dann beginnt die Arbeitswoche wieder …

Dabei sind unsere Erlebnisse an diesem letzten Wandertag unseres Thale-Urlaubs besonders erzählenswert. Zum einen, weil die Kletterei über die Teufelsmauer wirklich etwas Besonderes war. Zum anderen, weil wir heute unseren einhundertsten Stempel gesammelt haben!

Wir parken unseren kleinen schwarzen Teufel am Sportplatz in Timmenrode und als wir aussteigen, herrschen schon höllische Temperaturen. Dieser Sommer wird uns als einer der wärmsten unserer Wanderkarriere in Erinnerung bleiben. Schon auf unserer DDLN-Tour von Braunschweig zur Elbe im Mai war es einfach nur heiß. Aber hier in unserer neuen Heimat gibt es so viel Neues zu entdecken, dass wir trotz hoher Temperaturen fast jedes Wochenende im Harz wandern waren. Soooo viele Touren haben wir unternommen – ich konnte gar nicht von allen berichten!

Auch heute Morgen brennt schon um neun Uhr die Sonne erbarmungslos. Auf der Karte haben wir gesehen, dass der erste Abschnitt über die Teufelsmauer größtenteils durch einen Waldstreifen verläuft. Aber der Boden hier ist extrem sandig und der Wald besteht fast ausschließlich aus lichten Kiefern – Viel Schatten spenden die nicht!

Eigentlich liegt die Teufelsmauer auch gar nicht richtig im Harz. Wie auch unsere Tour um die Sandsteinhöhlen am ersten Tag unseres Kurzurlaubs, verläuft unsere heutige Strecke größtenteils im nördlichen Harzvorland, etwa einen Kilometer vom nördlichen Harzrand entfernt. Wenn man dann oben auf dem felsigen Kamm einen Weitblick durch die Kiefern erhaschen kann, hat man gleich zu zwei Seiten eine Aussicht: Links schaut man auf die grünen, nördlichen Ausläufer des Harzes und rechts in die weite, zurzeit aber eher braune Ebene der Norddeutschen Tiefebene. Viele Wiesen sind schon abgemäht, das Korn ist eingefahren und wir blicken auf ein braungelbes Schachbrettmuster, das sich bis zur grünen Hügelkette des Huy zieht.

Auf der Hügelkette der Teufelsmauer zwischen Timmenrode und Bankenburg hat man die Wahl zwischen drei Wegen – dem nördlichen Hangweg, dem südlichen Hangweg und dem „Teufelsmauerstieg“, der in der Mitte verläuft. Natürlich entscheiden wir uns für den Weg in der Mitte, denn nur der führt einen direkt auf den Hahnenkamm der Formation. Hahaaaa, was für ein Abenteuer!

Die Kletterei über die ausgesetzten Felsen ist nicht unbedingt gefährlich – aber höllisch anstrengend! Eigentlich steigen wir nur knapp drei Kilometer direkt über die Felsen. Aber bei dem Wetter ist die Aktion total anstrengend und wir küren die zwei Stempel, die wir hier ergattern, zu den härtesten unserer bisherigen Kaiserkarriere. Zurück, nehmen wir uns vor, nehmen wir aber den südlichen Hangweg!

Nachdem wir den Stempel am Großvaterfelsen abgeholt haben, steigen wir ab nach Blankenburg. Dort warten Schloss und Barockgarten auf uns – und unser einhunderterster Stempel!

Auf dem Weg zur Stempelstelle 78 „Barocke Gärten“ passieren wir manch pittoreskes Wasserspiel und akkurates Heckchen. Aber das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier in dieser penibel gepflegten Anlage die Rasenflächen total verbrannt sind.

Auf dem Weg zum Burgberg schwitzen wir erneut ausgiebig. Gern hätten wir ein ein kleines Päuschen im Schatten eingelegt, bevorzugt mit Kaffee und Kaltgetränk. Aber weder im Barockgarten noch im Schloss sind die Cafés geöffnet. Und das mitten in der Ferienzeit!

Vor den verschlossenen Türen des Gasthauses „Obere Mühle“ befindet sich der Stempelkasten, der uns unseren Jubiläumsstempel beschert. Wir feiern diesen besonderen Augenblick mit einem ausgiebigen Schluck Wasser aus unserer Weithalsflasche.

Das Schloss von Blankenburg ist wunderschön, aber macht einen quasi abbruchreifen Eindruck. Wir wundern uns sehr darüber, dass sich das wunderschöne barocke Gebäudeensemble um den romantischen Innenhof in einem solch römisch-desolaten Zustand befindet. Vermutlich gibt es hier im Nördlichen Harzvorland einfach zu viele Schlösser, als dass sie alle unterhalten werden können?

Noch höher als das Schloss liegt die „Luisenburg“, ein Pavillion, der an der Stelle eines alten Lustschlösschens hoch über Blankenburg thront. Das total verkrautete Plätzchen hätten wir nie besucht, wenn wir hier nicht mit dem vierten Stempel unseres Wandertags belohnt worden wären …

Eigentlich hätten wir uns nun nur zu gern in die Innenstadt von Blankenburg begeben, die Stadt besichtigt, auf schattiger Terrasse zu Mittag gegessen und wären dann wieder zurück zum Auto gelaufen. Aber nein – westlich von Blankenburg gibt es im Wald noch eine Stempelstelle, die wir unbedingt noch mitnehmen müssen. Nichts an der Lokalität wirkt bei der Kartenansicht besonders verlockend. Mitten im Wald soll sich nahe einer Fußgängerbrücke über einer Bahntrasse ein Stempelkasten befinden. Wow!

Aber die Stempelstelle heute auszulassen und dann extra dafür noch mal in die Gegend um Blankenburg fahren zu müssen, das kommt gar nicht in Frage. Also machen wir uns auf den sechs Kilometer langen „Umweg“ durch den Wald und holen uns den Stempel an der Ebertbrücke. Zum Glück ist der Weg schön schattig und wir wandern auf schmalen, duftigen Wegen bis zur Brücke.

Die Ebert-Brücke besitzt außer ihrer Höhe in der Tat keine besonderen Qualitäten, die ihren Status als Stempelstelle des Harzes rechtfertigen könnten. Doch halt! Wie so häufig ist die Brücke mal wieder einem verdienten Förderer des Harzer Wandertourismus gewidmet. Otto Ebert war Bauleiter beim Bau der Rübelandbahn und wünschte sich als Natur- und Wanderfreund zu seinem 70. Geburtstag statt Geschenke Spenden zum Bau der Brücke. Manch Gedenkstein im tiefsten Wald hat dank solch rührender Geschichten nicht nur das Monument, sondern oft auch gleich eine Stempelstelle verdient. Für uns erschließt sich die Schönheit vieler dieser Orte nicht auf den ersten Blick – aber wir können es so stehen lassen! 🙂

Die Mittagshitze auf dem Rückweg ist mittlerweile nur noch mit Hut zu ertragen. Überraschenderweise hat der herrlich altmodische Berggasthof auf dem Ziegenkopf geöffnet. Zwar verweigert man uns den Aufenthalt auf der Terrasse … „Zu viele Wespen!!“ .. aber Käsekuchen und Kaffee im Kännchen munden im klimatisierten Teakholz-Saal mit den altmodischen Möbeln und dem altenglischen Kaffeeservice ganz vorzüglich! Wir sind entzückt und nehmen uns vor, hier mal ein stilvolles Wochenend-Arrangement zu buchen. Idealerweise sollten wir dann aber nicht mit unserem kleinen schwarzen Teufel, sondern mit dem Borgward anreisen!

Zurück in der Innenstadt von Blankenburg, hoffen wir auf eine erneute Gelegenheit, von einer schattigen Terrasse aus dem quirligen Kleinstadtleben zuzuschauen. Aber wie schon das Schloss ist die Innenstadt von Blankenburg verfallen, verrammelt und verwaist. Selbst in der Straße am Rathaus hat kein Geschäft mehr geöffnet und wir treffen keine Menschenseele – wahrhaft traurig, denn Blankenburgs Innenstadt ist eigentlich sehr schön!

Zurück geht es über den gleichen Höhenrücken wie auf dem Hinweg, jedoch nun unterhalb der Teufelsmauer, über den Südlichen Hangweg. Bei der Hitze verfluchen wir jeden Hügel und jeden wurzeligen Anstieg, den wir überwinden müssen. Die Sonne flirrt und es duftet nach Kräutern der Macchia.

Selten waren wir so glücklich, wieder am Parkplatz zu sein. Schon nach einstündiger Fahrt sind wir wieder in einer anderen Welt. Zurück im Alltag .. aber immerhin im Schatten! 🙂

5 Antworten auf „Blankenburg… ist teuflisch!“

  1. Glückwunsch zu 100 Stempeln!!! Ihr seid echt verrückt. Scheint eine eurer bisher schönsten Touren gewesen zu sein. Tolle Bilder und tapfer durchgehalten bei der Hitze 👍🏻

  2. War auf jeden Fall weit oben. Aber über so manch schöne Tour habe ich gar nicht geschrieben, ich faule Socke. Vielleicht mach ich im Winter mal ein Top-10-Ranking! 😄

  3. Meine Gratulation zum 100. Stempel 😊. Bei der Hitze seid ihr sehr lange gewandert! Eure Wanderung bei hohen Temperaturen kann ich sehr gut nachempfinden. Auf dem französischen Camino lief es ja auch wie im Backofen …. Danke für den wunderbaren Bericht über eure schöne Tour.

  4. Ja, ich habe auch bei deinem heutigen Bericht gut mitfühlen können. Man kann ja aber nicht nur im Oktober wandern! 😄

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