Thale, nochmal Bodetal und der Hexentanzplatz

Rundtour südlich des Bodetals, 5 Stempel, 20 Kilometer
gelaufen am 3. August 2022

Gestern haben wir uns noch ein wenig auf die Schulter geklopft, dass wir so früh aufgewacht und so zeitig am Morgen unterwegs waren. Heute jedoch haben wir irgendwie „verschlafen“ und waren erst eine Stunde später, um 8:15 Uhr, am Einstieg zum Bodetal. Und das, obwohl heute 32 Grad Hitze angesagt sind!

Die Kabinenbahn zum Hexentanzplatz fährt so früh am Morgen auch noch nicht, so wie der Sessellift auch noch nicht verkehrt. Wir sehen die Gondeln langsam zwischen Berg- und Talstation hin und her eiern, allerdings ohne Passagiere. Ganz Europa spart Energie, nicht so aber die Thaler Bergbahnen!!

Schon beim Aufstieg zum legendären Hexentanzplatz schwitzen wir ganz ordentlich. Trotzdem ist es gut, dass wir den Aufstieg gleich am frühen Morgen bewältigen – alles andere wäre eine Qual heute.

Oben angekommen sind wir froh, schon so früh am Morgen hier zu sein. Nur Bedienstete der umliegenden Touristen-Attraktionen wuseln über die Wege, aber noch keine Besucher. Die kommen erst nach halb zehn. Aber auch ohne Besuchermassen ist schnell zu erkennen, dass der vielleicht früher mal mystische Ort nun jeglichen Charme verloren hat. Es gibt hier ein Freiluft-Theater, ein auf den Kopf gestelltes Hexenhaus für Kinder, eine Art Geisterbahn, einen Tierpark und jede Menge Fressbuden. Dazu einen fulminanten Bauzaun, der die Besucher um eine Großbaustelle herumführt. Familien mit Kindern können im „Hexenkessel“ im Tal schon jede Menge Geld lassen, aber hier geht es gleich weiter. Jedwede Erinnerung an einen vorchristlichen Versammlungs- und Kultort wurde hier konsequent ausgemerzt und durch Hexenkitsch ersetzt.

Wir verlassen diesen unseligen Ort ganz schnell und nehmen uns vor, niemals wiederzukehren. Zum Glück sieht der Wald schon wenige Schritte nach dem Tierpark wieder ganz normal aus, nämlich wie Wald.

Von der La Viershöhe, unser ersten Stempelstelle für heute, haben wir einen phantastischen Blick auf die Berge der gegenüberliegenden Talseite, wo wir gestern waren.

Gut möglich, dass es sich hierbei aber auch um die Aussichten von der „Prinzensicht“ handelt. Wir hatten heute so zahlreiche Aussichten, dass ich nicht mehr weiß, was wo war!

Die Stempelstelle „Prinzensicht“ wird uns nicht nur wegen der tollen Aussicht in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des unsäglich langen One-Way-Anmarschwegs zu Aussicht und Stempelkasten. 1,2 Kilometer geht es über einen breiten, schattenlosen Schotterweg hin und desselben Weg wieder zurück. Keine Möglichkeit, der Abwechslung halber einen vielleicht einen anderen schattenlosen Schotterweg zu wählen. Da kann man sich nur ein Mountain-Bike wünschen!

Das „Pfeil-Denkmal“ ist eine dieser merkwürdigen Stempelstellen, bei der irgendwelche Forstmeister oder Pioniere des Harzclubs geehrt werden. Davon gibt es einige im Harz, gerade gestern haben wir den Hinkelstein zu Ehren von Georg von Langen bewundert. Bei diesem heute wird Wilhelm Pfeil, ein Forstwissenschaftler des 19. Jahrhunderts geehrt, von den der berühmte Lehrsatz stammt:

„Fragt die Bäume, wie sie erzogen sein wollen, sie werden euch besser darüber belehren, als die Bücher es thun!“ 🙂

Zum „Weißen Hirsch“, dem nächsten Aussichtspunkt mit Stempelstelle, rasen wir durch den Wald. Wie haben uns vorgenommen, noch vor der große Mittagshitze zurück im Ferienhaus zu sein, also beeilen wir uns!

Blick vom „Weißen Hirsch“ auf Treseburg

So, eigentlich haben wir für heute alle Stempelstellen abgegrast. Nur ist Friedel heute aufgefallen, dass ich eine Stempelstelle im Bodetale glatt übersehen habe. Der Kasten steht am Gasthaus Königsruhe, wo wir gestern früh schon vorbeigelaufen sind!

Wir fahren also nicht mit der Seilbahn zu Tale, sondern wählen einen – zugegeben ziemlich abenteuerlichen – Abstieg durch eines der Nebentäler zur Bode runter, am Dambach entlang. Wir klettern über umgestürzte Bäume, stapfen durch Pfützen und bahnen uns den Weg durch Brennesels und Brombeergestrüpp. Aber schön schattig und kühl ist es hier. Und abseits der ausgetretenen Wege findet man auch im Bodetal ein ruhiges Plätzchen!

Im Bodetal angekommen wundern wir uns über die vielen Menschen, die trotz der Hitze hier unterwegs sind. Wir treffen unter anderem auf folgende Spezies: Eltern mit kleinen Kindern, die verzweifelt versuchen, ihren quengligen Nachwuchs mit „Waldabenteuern“ bei der Stange zu halten. Gestresste Familien mit Teenagern, die grußlos und verkniffen an uns vorbeiziehen. Fitte Rentner, die mit BARFUSSSCHUHEN die extrem steinigen Wegpassagen meistern und dabei locker mit ihrer Frau plaudern. Rentnerinnen mit Wanderstöcken, tränennah, die von den extrem steinigen Wegpassagen wirklich überfordert sind. Die Familie mit dem Bollerwagen, die scheinbar den weiteren Weg gestrichen hat und mitten auf dem Weg ein Picknick veranstaltet. Rücksichtslose Mitwanderer, die niemanden außer sich selbst registrieren, sich mitten auf dem Weg die Schule zubinden und niemanden vorbeilassen. Gelegentlich treffen wir aber auch auf freundlich grüßende Wanderpaare, die ganz normal wirken!

Wir sind glücklich und dankbar, dass wir noch gut zu Fuß sind und nicht noch nebenbei Kinder bespaßen müssen. Das Bodetal hat im Vergleich zu gestern früh einen ganz anderen Charakter – es ist heiß, grell und wesentlich voller!

Am Gasthaus Königsruhe angekommen, stempeln wir hurtig und wollen uns Pommes und Kaltgetränke bestellen. Es bleibt aber bei der Holunderlimonde, weil mir die Wartezeit für die Pommes viel zu lange dauert und in der Schlage hinter mir die Kinder in die Waden treten. Ich schnappe mir unsere Getränke und verziehe mich auf die Aussichtsterrasse, wo Friedel unsere Rucksäcke hütet. Gegessen wird dann halt „zuhause“!

Das Gasthaus wirbt übrigens damit, über einen der „100 schönsten Biergärten Deutschlands“ zu verfügen. Wir fragen uns, wer die Lokalitäten dabei kürt und welche weiteren Biergärten noch auf der Liste stehen. Vielleicht sollten wir als Nächstes mal eine „Biergarten-Fernwanderung“ veranstalten?

Am Eingang/Ausgang zum Bodetal befindet sich der „Hexenkessel“, eine kirmesähnliche Anlage mit Hüpfburgen, Kletterpark und Fahrgeschäften, alles im Zeichen der Hexe. Trotz der Hitze tobt hier der Bär.

Wir beeilen uns, dieses lebhaften Ort wieder zu verlassen und genießen kurz darauf Kaffee und Eis auf unserer schönen Terrasse mit Blick auf die Wohnblocks gegenüber. So schön es im Bodetal auch ist, so freuen wir uns aber auch darüber, dass wir im wenig besuchten Nordharz wohnen dürfen!

8 Antworten auf „Thale, nochmal Bodetal und der Hexentanzplatz“

  1. Ich verfolge sehr gerne und immer wieder schmunzelnd eure Berichte, sehr treffend beschrieben, der Hexentanzplatz, das Bodetal (zu Ferienzeiten) und die Kirmes in Thale… 😅 Aber dass das Gasthaus Königsruh zu den schönsten Biergärten Deutschlands zählen soll, wusste ich tatsächlich noch nicht. Vielleicht der 100. Platz ?! Naja, schön ist die Umgebung schon, aber ich hatte dort eines meiner skurrilsten Erlebnisse mit dem Servicepersonal, die ich bis jetzt im Harz hatte (und davon gab es schon viele). Hach egal – trotzdem liebe ich es, durch den Harz zu wandern. Viel Spaß euch noch in Thale und liebe Grüße, Andrea

  2. Ach, Erzähl doch mal! Heute arbeiteten dort nur Chinesinnen, die aber ganz gut Deutsch sprachen! Aber laaaange hat alles gedauert!

  3. Oje, das habe ich befürchtet 😉 Ich versuche die Kurzfassung: Ich bestelle (damals noch Selbstbedienung an einer Art Essensausgabe) ein Stück Käse- und ein Stück Apfelkuchen. Der Apfelkuchen war ein sehr großes Stück, der Käsekuchen winzig klein. Vielleicht hätte ich nichts gesagt, wenn das große Stück für mich gewesen wäre. Aber der war für meine Wanderbegleitung 😉 … und ich hatte echt Hunger nach einer langen Wanderung! So sah ich auf mein winziges Stück und meinte etwas enttäuscht: „Ich hätte auch gerne ein größeres Stück.“ Darauf hin erklärte die Bedienung, dass das eine kleiner wäre weil das andere zu groß geraten sei. „Aber wenn sie unbedingt wollen …“ setzte sie hinterher und nahm kopfschüttelnd beide Stücke wieder nach hinten, tauschte das winzige Stück Kuchen gegen ein normalgroßes aus und schnitt dafür aber auch vom zu groß geratenen Apfelkuchenstück eine Scheibe runter. Ob dann diese Restscheibe Apfelkuchen gemeinsam mit dem zu klein geratenen Käsekuchenstück auf dem nächsten Teller landete (war ja dann zusammen irgendwie wieder ein ganzes Stück) – das bliebt Spekulation. Ach, übrigens, das Betteln um den Kuchen hätte ich mir sparen können, besonders gut war er nämlich auch nicht. Der Harz ist und bleibt abenteuerlich! Bin gespannt, was ihr noch so erlebt und erzählt …

  4. Oh danke! Ganz tolle Geschichte! 🤣
    Ich erinnere mich an einen deiner Beiträge, in dem du dich unter anderem ein wenig über die breiten (oder zerfahreneren) Forstwege und über die Servicekultur in den Harzer Gaststätten beklagt hattest. Du hast ja sooo recht!
    Trotzdem lieben wir den Harz und freuen uns jede Woche mindestens einmal, dass wir hier gelandet sind! 😄

  5. Ja, der Harz ist wirklich total schön und so mega vielseitig. Letztes Wochenende waren wir mal wieder an der Zeterklippe – wunderschön! Gerade jetzt im Sommer zeigt sich der Nationalpark dort von seiner schönsten Seite. Natur zum Dahinschmelzen … 🙏

  6. Da waren wir noch nicht, aber das kommt noch. 120 Stempelstellen warten noch auf uns!
    Wir haben ja schon einige schöne Landschaften in Deutschland gesehen, aber der Harz ist wirklich unglaublich, wie du sagst. Heute auf der Teufelsmauer roch es und sah es aus wie in den Wäldern am Mittelmeer, in der kälteren Jahreszeit denke ich oft, dass ich in Schottland bin. Da brauchen wir erst mal gar nicht weiter wegzufahren, hier gibt es genug! 😄👍

  7. Liebe Steffi,

    ich bin mit Euch durch den Harz gewandert. Schön, aber am Hexentanzplatz kam mir das Grauen. Immerhin habe ich die entsprechende Stelle im Faust Teil 1 mal wieder nachgelesen.
    Wo sind bloß Deine blonden Haare geblieben?

    Viele Grüße aus der LHS
    Johanna

  8. Liebe Johanna,
    das freu mich, dass du noch mitliest! 😘
    Das der Hexentanzplatz im Faust vorkommt, dass habe ich glatt vergessen! Muss ich auch noch mal lesen.
    Ein Beitrag kommt noch, von der Teufelsmauer. Und meine blonden Haare kommen wieder, sie brauchen nur noch mehr Sonne! 👍
    Liebe Grüße aus Seesen
    Steffi

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