Coast to Coast 7: Die North York Moors

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Etappen 12 und 13 auf dem Coast to Coast Walk Mai 2014:
Ingleby Cross – Chop Gate: 18 Kilometer
Chop Gate – Lion Inn: 17 Kilometer

Endlich haben wir die North York Moors erreicht – jaaaa, es wird es wieder bergig!
Und zwar heute Morgen gleich mehr, als uns lieb ist. Wir sparen uns den Schlenker über die Mount Grace Priory, denn da waren wir ja schon gestern Nachmittag. Stattdessen nehmen wir einen Querweg durch den Wald, bei dem es aber ziemlich steil bergauf geht. Gleich auf dem ersten Kilometer müssen wir 200 Höhenmeter aufsteigen, aber zum Glück haben wir bei Beverleys Mum sehr gut gefrühstückt!

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Oben angekommen treffen wir zum ersten Mal die Australier – es sind elf! Alle Männer und Frauen sind in einem schon eher fortgeschrittenen Alter und tragen durchweg eine Kombination von kurzen Hosen, kleinen Rucksäcken und Gamaschen. Schließlich geht es heute wieder ins Moor! 🙂
Der Weg ist heute allerdings eher trocken – und nicht nur trocken, sondern staubtrocken! Schon um 10 Uhr brennt die Sonne ganz ordentlich und kein Baum ist in Sicht. Der Weg führt immer an der Kante entlang und bietet eine weite Sicht auf das Vale of Mowbray – phantastisch!

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Der Weg heute verläuft auf der gleichen Wanderstrecke wie der Cleveland Way – und der ist nicht umsonst einer der National Trails!
Im Vergleich zu den Mooren der Pennines sind die North York Moors viel farbenfroher – Grün wechselt sich ab mit verschiedenen Braun- und Grautönen, zwischendurch lugen überall ein paar Felsen hervor. Die Hochmoor-Hügel sind durchbrochen von grünen Tälern, in die es heute leider mehrmals hinuntergeht – und wieder hinauf!

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Wie schön muss es hier sein, wenn im Sommer die Heide blüht! Wir nehmen uns dringend vor, eines Tages wiederzukommen und den kompletten Cleveland Way zu laufen – im August!

Heute ist Sonntag und es ist jede Menge Volk unterwegs. Vor Carlton Bank werden wir plötzlich ständig von Läufern in Abendkleidung, mit Frack und Zylinder oder Brautkleidern überholt. Wir denken an eine ausgelassene Hochzeitsgesellschaft – aber dann folgen Leute mit Badehose, Taucherbrille und Schnorchel … und das alles bei dieser Hitze!
Des Rätsels Lösung: Heute kommen wir das erste Mal mit dem sehr englischen Konzept eines „Charity Run“ in Berührung. Die Engländer gehen oder laufen einen Weg nicht für sich selbst  – sie tun es für einen guten Zweck, zum Beispiel für die Krebshilfe, gegen Leukämie oder ähnliches. Mittlerweile gibt es das auch in Deutschland, aber 2014 war uns das vollkommen unbekannt. Auch wir auf unserem LECW-Weg werden später häufiger gefragt, für wen oder was wir den Weg laufen … äähh … nur für UNS!

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Aufstieg zu Carlton Bank

Der Aufstieg zur Carlton Bank bringt uns ordentlich ins Schnaufen. Als wir den „Gipfel“ erreichen,  brauchen wir erst mal ’ne Pause!

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Foto von Christiane

Nach dem Aufstieg folgt der sofortige Abstieg – ein echter Kniekracher! Aber zwei Kilometer weiter wartet eine echte Kuriosität auf uns – ein Ausflugscafé, und es hat heute am Sonntag geöffnet, so wie in Deutschland!
In der Tat ist es das erste Café, auf das wir auf dem ganzen C2C stoßen – was wohl auch daran liegt, dass der Weg durch wirklich einsame Landschaften führt und man nur nach einem langen Wandertag eine Ortschaft erreicht.
Das Lordstones Café ist eine hobbitähnliche, aus Feldsteinen gebaute Anlage mit Grasdach und fügt sich wunderbar in die umliegende Landschaft ein. Der Biergarten davor ist rappelvoll, so dass wir unseren Kaffee und Kuchen auf dem Rasen nehmen müssen – kein Problem, wir sind das ja schon gewöhnt!

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Bei der Planung dieser Etappe hatten wir echte Schwierigkeiten, für heute eine Unterkunft zu finden. In Urra gab es ein B&B, aber das hat mittlerweile geschlossen. Vier Kilometer vom Cleveland Way entfernt gibt es unten im Tal in Chopgate jedoch einen Pub mit Zimmern – da wollen wir hin!
Deshalb biegen wir bei Broughton Bank vom Cleveland Way ab und schlagen uns auf kaum noch erkennbaren Wegen über das Cold Moor – die schönste Strecke des Tages. Der  schmale Hügel ragt weit in die umliegende grüne Landschaft hinaus und es bieten sich weite Ausblicke nach links und nach rechts. We are on Top of the World!

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In Chopgate erwartet uns eine Überraschung – unser Wirt heißt Wolfgang und kommt aus Ebersbach/Fils!

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Foto von Carla

Wolfgang lebt schon seit über 20 Jahren hier am Ende der Welt, zusammen mit seiner englischen Frau. Er freut sich sichtlich über den Besuch aus der alten schwäbischen Heimat, denn so viele Deutsche verschlägt es nicht hierher.
Wir werden von Wolfgang besonders umsorgt, aber trotzdem wollen wir heute keine „Rippchen“ oder „Kaese Spaetzle“ bestellen, auch das „Erdinger Weissbraeu“ lassen wir links liegen. Wir entscheiden uns stilecht für den lokalen Fasan, Wildtaube und ein echtes lokales Real Ale  – schließlich sind wir in den Yorkshire Moors!

Heute Abend ist es so warm, dass wir noch lange auf einer Bank vor dem Pub sitzen und das Lichtspiel der Abendsonne auf den umliegenden Bergen genießen. Später am Abend haben wir einen fabelhaften Sternenhimmel – heute war der perfekte Tag!!

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Kriegerdenkmal in Chopgate

Am nächsten Tag bietet uns Wolfgang freundlicherweise an, uns zum Pass zurückzufahren. Aber nein, wir (vor allem Friedel und ich) wollen natürlich laufen. Und auf keinen Fall den gleichen Weg wie gestern zum Cleveland Way zurück gehen – ein verhängnisvoller Fehler!
Auf der Karte gibt es verschieden eingezeichnete Wege über’s Urra Moor zurück zum Cleveland Way – allein … wir finden sie nicht!
Als wir auf der Suche nach den eingezeichneten öffentlichen Wegen auf einer Farm landen, werden wir von der Besitzerin mal so richtig angepampt – sie hat die Nase gestrichen voll von den „bloody“ Coast-to-Coastern … scheinbar gibt es noch andere außer uns, die auf ihrem Grundstück herumirren!
Am Ende hat die Dame ein Erbarmen mit uns und schickt uns um die Farm herum … mitten ins matschige Moor! Wir freuen uns trotzdem, denn das Wetter ist gut und es ist noch früh am Tag, haha! 🙂

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Foto von Gisela – kurz vor dem Urra Moor

Das Urra Moor ist jedoch äußerst matschig und hubbelig und wir irren weglos durch’s Gelände. Uns ist das Lachen jetzt vergangen und wir sind heilfroh, als wir eher durch Zufall einen Weg erreichen, den die Eichel der National Trails ziert – zwar sind wir zurück auf dem Cleveland Way, aber bereits ziemlich kaputt!

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Der Weg heute ist grundsätzlich verschieden zu dem gestern – da ging es immer an der Kante lang, mit weiten Ausblicke ins Tal. In der Tat verläuft der Cleveland Way weiter an der Kante entlang, bis er das Meer erreicht. Der C2C jedoch nimmt eine Abkürzung mitten durch das Moor. Durch ein Moor, wie man es sich (nicht) vorstellt, in seiner ganzen flachen, eintönigen und nährstoffarmen Pracht. Uns erinnert es eher an die Innere Mongolei als an England …

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Zum Glück verläuft der Weg auf einem ehemaligen Bahntrack, so dass die Füße trocken bleiben.
Tatsächlich macht der Weg auf der ehemaligen Bahntrasse den halben Wandertag aus – während sich das Wetter zusehends verschlechtert. Das Ganze trägt nun nicht unbedingt zur einem lieblichen Eindruck der Landschaft bei.

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Foto von Christiane

Friedel und ich sind trotzdem fasziniert von der Weite und Einsamkeit der Landschaft. Weite Teile des Moors sehen abgebrannt aus – sind das Maßnahmen zur Hege der Moorhühner, oder waren die Brände Unfälle?

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Christiane zeigt sich mäßig begeistert vom Moor und Carla ist ein wenig genervt von der Einöde – wird das mal bald besser?
Keine Ahnung, warum Friedel und mich hingegen diese endlose, karge Weite so fasziniert – wir wollen mehr davon und machen uns zwei Jahre später auf zum Pennine Way … WIR lieben es!

Plötzlich beginnt der Wind hier oben ganz ordentlich zu blasen und der Himmel zieht sich zu. Zwar regnet es nicht, aber es wird deutlich kälter. Am Nachmittag müssen wir zum Schutz gegen den Wind unsere Regenjacken wieder auspacken – ein Abend auf der Terrasse wird das heute wohl nicht!

Wir sind froh, als wir in der Ferne unsere Unterkunft, das Lion Inn auf der Blakey Ridge erblicken – in dieser unwirtlichen Gegend wollen wir bei dem Wind nur ungern noch länger verweilen!

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Das Lion’s Inn von Weitem … hoffentlich ist es keine Fata Morgana!
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… und aus der Nähe!

Das Lion Inn von 1553/1558 ist eines der ältesten und einsamsten Inns in England und in der Tat ein schräger Schuppen  – es fällt einem nicht schwer sich vorzustellen, dass das vielfach verschachtelte Inn viele Jahrhunderte als Zollstation und Raststätte für müde Kutscher diente. Es soll hier sogar spuken – wir haben aber nichts gemerkt!

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Hier treffen wir auch die lustigen elf Australier wieder. Die Gruppe hat eine Art Pauschalangebot mit Rucksacktransport und Unterkunfts-Service gebucht. Zwei der älteren Damen erzählen uns, dass sie  Julia Bradburys Dokumentation über den Weg im australischen Fernsehen gesehen haben und sich nun mit dieser Wanderung einen ihrer Lebensträume erfüllen. Kaum zu glauben – wir träumen von Outback und von der Weite Australiens … und die Aussies von einem schafverköttelten Weg im alten Europa? 🙂

 

 

 

 

3 Antworten auf „Coast to Coast 7: Die North York Moors“

  1. Hey! Die Bilder sind wieder der Hammer! Und schon wieder steht etwas auf meiner To Do-Liste!!!!! Das Moor dort ist echt klasse, ich durfte es nur auf einer Tagestour erleben, aber was ich da gesehen habe, war atemberaubend. Ich mag diese karge Einsamkeit ja auch so gerne. Island wäre ein tolles Land für euch, da ist es nur so!
    Liebe Grüße, Britta

  2. Ja, das Tolle am C2C ist, dass er echt so abwechslungsreich ist. Und so eine Tour vom Meer zum Meer ist einfach immer reizvoll.
    Island ist auf auch schon auf unserer Liste. Die wird übrigens immer länger … 🙂

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