Allt Eindart über Ruigh Aiteachain bis Newtonmore, 32km, 01/02.10.2018

Der Durchmarsch: Kingussie ruft uns!

Als wir am Morgen im unserem klammen Zelt aufwachen, haben wir erst mal gar keine Lust aufzustehen, denn der Regen pladdert noch immer auf’s Zeltdach. Aber die Blase ist voll und wir müssen und wollen weiter!
Eigentlich hatten wir den Plan, heute nur bis zum Ruigh Aiteachain Bothy zu laufen. Die Schutzhütte wurde erst kürzlich renoviert und soll nun eine echte Luxusherberge sein! Aber schon am Morgen beschließen wir, dass wir bis Kingussie laufen, wenn wir es schaffen.

Beim Frühstück hört der Regen auf und die dichten Wolken verziehen sich. Sogar die Sonne wärmt ein wenig! Aber – shocking! – circa 100 Meter über uns liegt Schnee auf den umliegenden Bergen! Also nix wie weg und ab ins Tal!

Nach drei Kilometern treffen wir auf einen einsamen, haarigen und bärtigen Wanderer. Der Mann muss früh aufgestanden sein, denn er hat in ebendem Bothy übernachtet, wohin wir es heute mindestens schaffen wollen. Wir hingegen sind froh, dass wir eher ins Tal laufen statt hinauf in die Berge.
Nach vier Kilometern haben wir wieder eine Flussdurchquerung, aber mittlerweile lässt uns das vollkommen kalt, haha!

Es ist faszinierend: Da läuft man kilometerlang durch eine nasse, steinige Heidelandschaft, biegt um eine Ecke und plötzlich trifft man auf enge Schluchten mit Wasserfällen, Bäumen, Farnen und Blumen. Diese Oasen in der Heidewüste sind windgeschützt und für die Rehe schwer zu erreichen, so dass sich hier eine vollkommen andere Vegetation entwickeln kann. Wir lieben diese Schluchten, auch wenn es keine Brücke gibt!

Als wir tiefer in das Tal kommen, wird es zusehends grüner. Im Glen Feshie stehen jede Menge Kaledonische Kiefern, eine Art, die in Schottland sehr selten geworden ist. Unser Weg verläuft bis zum Bothy immer parallel zum Feshie, es geht bergauf und bergab auf schmalen, fast zugewucherten Pfaden.

Am Bothy kommen wir schon um die Mittagszeit an und freuen uns auf eine Mittagspause in der Luxus-Unterkunft. Aber als wir gerade die Tür öffnen wollen, hören wir laute Männerstimmen und Gelächter. Spontan habe ich (Steffi) ein ungutes Gefühl und will da partout nicht mehr rein!

Leider ist es so, dass nicht nur Wanderer die Bothys nutzen, sondern auch jede Menge Party-Volk, das so eine kostenlose Unterkunft gerne frequentiert. Es mag sein, dass ich einfach nur menschenfeindlich bin, aber Friedel akzeptiert meine Bauchentscheidung und wir marschieren weiter. Unsere Mittagspause machen wir dann eben Kilometer weiter auf einem alten Baumstamm am Feshie. Auch schön!

Jetzt ist es abgemacht, dass wir versuchen, bis Kingussie durchzulaufen. Da es auch noch zu regnen beginnt, marschieren wir stramm durch bis nach Drumguish. Ein wenig Zeit verlieren wir noch, als wir versuchen, eine Brücke über den Allt Fhearnasdail zu finden. Auf der OS-Map ist sie eingezeichnet, nun aber nicht mehr existent. Es gibt noch eine andere, aber bis dahin laufen wir fast einen Kilometer durch kniehohes, nasses Gras. Jetzt machen auch noch unsere wasserdichten Socken schlapp. Entbehrlich!

Ruthven Barracks

Immerhin haben wir wieder Handy-Netz und wir schicken ein Lebenszeichen an die Familie und buchen ein Hotel in Kingussie. Yeah, die warme und trockene Nacht ist geritzt!
Gegen 18:30 Uhr erreichen wir äußerlich patschnass das Silverfjord-Hotel. Der Laden ist zwar keine Luxus-Herberge, aber wir haben ein großes und warmes Zimmer, in dem all unsere Sachen trocknen! Und das Abendessen schmeckt! 😊

Den späten Abend verbringen wir mit zwei deutschen Ärzten aus dem Rheinland, Vater und Sohn, die heute einen Hirsch erlegt haben und das mit uns und einem Dalwhinnie-Malt feiern. Wir sind beeindruckt von ihrem Jägerlatein, und sie nicht minder von unserem Wander-Welsch! Ein interessanter Austausch!

Morgen müssen wir nun nur noch die fünf Kilometer bis Newtonmore laufen und haben einen warmen und trockenen Pausentag. Das Hotel dort ist schon gebucht.

Unser Pausentag ist sonnig und regenfrei. In den nächsten Tagen soll es wieder schlechter werden! 😆

11 Antworten auf „Allt Eindart über Ruigh Aiteachain bis Newtonmore, 32km, 01/02.10.2018“

  1. Oh wow, was für eine Etappe! Ich bin auch immer verhalten mit den Bothys, da ist teilweise zu viel Party und als Alleinwanderin trau ich mich das nicht. Und wenn man die Wahl hat, zwischen Bothy und trockenem Zimmer….na dann 😀😀😀😀
    Wünsche euch weiterhin alles Gute!

  2. Also, ich bin ja passionierte Alleinwanderin, aber solche Tage, wie ihr sie gerade erlebt, würde ich nicht und niemals alleine wandern wollen. Es flößt mir tatsächlich eine Menge Respekt ein! Wünsche euch mehr Sonnenstrahlen und gute Abwehrkräfte bei so viel nassen Füßen!!!!!!!

  3. Ja, das würde ich auch nicht gern allein machen. Wie gut, dass ich den Friedel dabei habe!
    Mal sehen, wie lange wir die Kälte und die Nässe aushalten! 🙂

  4. Danke, danke!
    Dieses Malgeraten wir echt an den Rand der Komfortzone. Das wird hart nach Cape Wrath. Aber wir haben gar kein Problem mit den Midges! 😆

  5. Puh. Liest sich sehr feucht – aber auch absolut toll! Ich kann mich nun langsam ans nachlesen euerer Erlebnisse machen. Ich freue mich schon!

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