Tag 73: St Boswells nach Galashiels, 19km

Heute Kaffee statt Kultur! Wege-Potpourri und Zivilisationsschock.

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Woran erkennt man ein gut geführtes Hotel oder B&B? Wir meinen, an der Sorgfalt und den kleinen Gesten. Das hat nichts mit dem Preis des Etablissements zu tun: Wenn die Blumen in den Blumenkästen vertrocknen, wenn der Teppich auf der Treppe arg verschlissen ist, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass man für den Abend lieber einen Tisch reservieren sollte, wenn auf den Restaurant-Toiletten kein Papier mehr vorhanden ist, der Kaffee zu sparsam abgezählt ist, nur ein oder gar kein Biskuit bereit liegt … 🙂

Aber gut, dies nur am Rande … Wir halten uns heute mal an echte Wanderwege – Zuerst ist es der St Cuthbert’s Way, der uns aus St Boswells hinausführt und direkt über die Eildon Hills nach Melrose bringt.

Zwar müssen wir erst ein Stück an einer fiesen Hauptstraße entlang laufen, aber der Weg führt uns bald durch hübsche Waldwege auf den Sattel zwischen dem ¨Mittleren¨ und dem ¨Nördlichen¨ Eildon Hill. Das Gestein der Berge ist rötlich und erinnert uns an Arthur’s Seat in Edinburgh. Tatsächlich handelt es sich um sehr altes vulkanisches Gestein. Einer Sage nach sollen die Berge innen hohl sein, und allerhand illustre Gestalten sollen sich dort aufgehalten haben, natürlich auch King Arthur – wer sonst? 🙂

Die Berge sind dicht mit blühendem Ginster und Farn bestanden, ähnlich wie die Quantock Hills in Somerset, die uns auch sehr gut gefallen haben.

Als wir nach einem relativ gemütlichen Anstieg oben ankommen, haben wir einen – zugegeben heute etwas diesigen – weiten Blick auf die Southern Uplands und auf Melrose.

Der Abstieg ist dann recht knackig und uns kommen einige schnaufende Wanderer entgegen, der Aufstieg muss für sie wohl anstrengender als der aus unserer Richtung sein.

In Melrose nehmen wir erst mal einen Kaffee. Dann traben wir zur Abbey und stellen fest, dass wir beide heute irgendwie keine Lust auf noch ein Kloster haben. Zwar ist Melrose das am besten erhaltene und bekannteste der Region, aber auch das vollste. Auf dem Parkplatz steht Reisebus neben Reisebus, also wollen wir die umgerechnet 15 Euro Eintritt lieber in Kaffee investieren und Friedel fotografiert die Abbey durch den Zaun.

Ab Melrose wechseln wir wieder auf den Border Abbeys Way, der sich den Trail zunächst mit dem Southern Upland Way teilt. So kommen wir an der interessanten Hängebrücke über den River Tweed vorbei, die den Southern Upland Way nach Lauder führen würde. Friedel möchte gern wie üblich in der Mitte der Brücke schaukeln und Gitta ein Filmchen dazu schicken, aber zum Glück entdecken wir noch das Schild, dass das Wippen und Stehenbleiben auf der Brücke mit zwei Pfund Strafe (au ja, ein billiger Spaß!) oder GEFÄNGNIS belegt. Da haben wir ja noch mal Glück gehabt, dass wir das Schild noch gesehen haben ! 🙂

Weiter geht es über den Border Abbeys Way wieder an unserem Freund Tweed entlang. Wie gestern ist der Weg mal flach und grasig, mal führt er uns über wurzelige Stufen durch Wald. Immer wieder mal geht es ein Steilufer hoch, der Weg ist hier sehr bequem mit Holzstufen versehen. Sehr angenehm, der Border Abbeys Way! 🙂

Wir hätten auch auf dem Southern Upland Way laufen können, aber der Flussweg ist viel schöner und bringt uns direkt bis Abbotsford House, dem damaligen Wohnsitz des Dichters Sir Walker Scott.

Ähhh … sogar direkt bis in die Anlage hinein, so dass wir gar nicht am Ticketshop vorbeikommen und wir die Gartenanlagen schon ausgiebig besichtigt und fotografiert haben, bevor wir am Eingang des Schlosses nach Tickets gefragt werden. Aber nein, wir können leider dort keine erstehen, sondern werden den ganzen Weg zurück durch die Anlage zum Besucherzentrum geschickt. Nein, das wollen wir nicht und wir schlagen uns zurück in die Büsche!

Ehrlich gesagt, wir haben keine Ahnung von Sir Walker Scott. Die Anglisten unter euch werden aufschreien, wir aber wissen nur, dass er „Rob Roy“ geschrieben hat. So reicht uns der Blick auf das romantische Schlösschen und die schöne Anlage vollkommen aus, die alten Möbel, Ritterrüstungen und dicken Folianten drinnen brauchen wir nicht unbedingt. Wieder Geld gespart! 🙂

(Die abendliche Recherche ergibt: Wir haben unwissentlich 11£ gespart für den Garten, bzw. 22£ für das gesamte Besichtigungsprogramm…)

Der Weg nach Galashiels zu unserem B&B ist dann weniger schön – Erst geht es über eine große Autobrücke, dann über den Campus der Uni und dann über die eher hässliche Highstreet in den Ort hinein. Galashiels ist eine richtige Stadt und wir sind die vielen Menschen, Autos und engen Gehsteige gar nicht mehr gewöhnt und honken mit unseren Rucksäcken ungeschickt umher. „Gala“ hat schon bessere Tage gesehen: Jedes dritte Geschäft ist ein Charity-Shop, ein Friseur oder Barbier oder ein …. Café! 🙂

Wir gönnen uns den zweiten Kaffee plus Scones dazu, denn das haben wir uns vom Kulturprogramm abgespart. Heute Abend ist Fish-and-Chips-Tag im Wetherspoon-Pub: Eine Portion plus Getränk für 7,85£. Yeahhhh! 🙂

2 Antworten auf „Tag 73: St Boswells nach Galashiels, 19km“

  1. Was für tolle Bilder ihr wieder dabei habt! Ich verstehe eure Begeisterung.
    Ich dachte übrigens die ganze Zeit, der Beitrag schließt mit einem Verriss eurer Unterkunft, die euch mit verwelkten Blumen und verschlissenen Teppichen erwartet 😊

  2. Das relativ teure Hotel in St Boswells hatte leider genau alle diese Eigenschaften zusammen. Genau so war es! :‘)

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