Tag 52: Littleborough nach Hebden Bridge

Da wir das letzte Mal auf unserer „White Peak“ Tour schon am Aiggin-Stone ausgestiegen sind, beginnen wir unsere Tour wieder in Littleborough. Am Vortag sind wir in Manchester gelandet und mit dem Zug nach Hebden Bridge gefahren. Heute bringt uns ein Vorortzug bequem bis nach Littleborough und wir werden mit leichtem Gepäck die 19 Kilometer bis nach Hebden Bridge zurücklaufen. Na, wenn das mal kein bequemer Anfang ist!

Wir verbringen also zwei Nächte in der gleichen Unterkunft, in diesem Falle dem Crown Inn in Hebden Bridge. Das Inn wird von einer kapriziösen, aber interessanten und charmanten afrikanischen Lady bewirtschaftet. Am Vorabend hat sie uns noch mitgeteilt, dass sie generell nicht mehr kocht und uns einen anderen Pub für das Abendessen empfohlen. Nach unserer Rückkehr aus dem Pub haben wir uns aber noch so nett mit ihr unterhalten, dass sie uns für heute Abend ein afrikanisches Menü versprochen hat – Extra für uns, wir sind gespannt!

Wir wollen nicht wieder über die Kuhwiese laufen (-> Lydgate), deshalb geht es die ersten vier Kilometer bis Warland zunächst am Rochdale Canal entlang. Am Morgen hat es noch geregnet, aber jetzt kommt schon die Sonne hinter der Wolkendecke hervor. Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt, bestes Wanderwetter also! Die 200 Meter bis zum Warland Reservoir steigen wir leichtfüßig auf, denn wir sind gut trainiert. Im Herbst sind wir immer fitter als im Frühling, denn ein wanderreicher Alb-Sommer liegt hinter uns. Im Frühling hingegen müssen wir uns immer erst mal „einlaufen“.

Oben am Reservoir wartet der Pennine Way als ein breiter Schotterweg auf uns. Uns ist ein wenig feierlich zumute: Dieser Weg wird uns den ganzen Urlaub begleiten und uns dieses Mal bis zum Hadrian’s Wall führen! Er führt uns heute schnurgerade an einer Mauer bis zum Ende des Reservoirs und dann an einem Kanal entlang. Diese Kanal-Landschaft hier oben unterscheidet sich jedoch sehr vom grünen Tal: Links und rechts sehen wir nur Steine, Gras und Heidekraut. In der Ferne, auf der anderen Seite des Calderdale, steht ein großer Windpark und dieser ist das einzige Besondere, an dem das Auge hängenbleibt. Also … schön ist was anderes, aber wir genießen die Sonne, den Wind und einfach die Tatsache, den ganzen Tag draußen zu sein!

Unser nächstes Fernziel ist das Stoodley Pike Monument, das uns schon aus der Ferne grüßt. Der Weg dorthin führt über eine grasige Ebene ohne große Aufstiege und Abstiege. Links bietet sich ein Ausblick in das Calderdale – dort sieht es eigentlich viel lieblicher aus als hier oben bei uns. Jedoch gibt es dort unten auch eine fette Bundesstraße und eine Eisenbahnlinie –  und hier oben nichts, nur Wind, Steine und Gras.

Obwohl wir uns auf einem der wichtigsten Wanderwege Großbritanniens befinden, treffen wir hier oben keine Menschenseele. Der breite Fahrweg ist schon vor längerem in einen Pfad übergegangen, der teilweise durch Gras, dann durch Heidekraut oder durch Steinsammlungen führt. Mal besteht der Weg aus kleinen Steinen, mal aus Sand und mal aus „Slabs“, also Steinplatten, die über matschige oder erodierte Abschnitte führen. Insgesamt lässt es sich angenehm und bequem gehen und nach glücklichen zwei Stunden Laufzeit erreichen wir das Stoodley Pike Monument.

Das wuchtige Mahnmal wurde 1854 zum Ende des Krimkriegs errichtet, einer in Deutschland eher weniger bekannten militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland, dem Osmanischen Reich, England und Frankreich. An diesem Krieg war Deutschland mal nicht beteiligt – ja doch, das gibt es! 🙂

Das Mahnmal kann uns nur wenig anrühren, zumal es drinnen dunkel ist und man ohne Lampe auch nicht hinaufsteigen kann. Wir setzen uns also auf einen Felsen mit Aussicht auf das Calderdale und genießen unsere Mittagspause in der Sonne.

Kurz nach Stoodley Pike führt uns der Pennine Way auch schon wieder hinunter ins Calderdale. Wir steigen durch ein hübsches Waldstück ab und landen wieder am Rochdale-Canal. Hier verläuft der PW weiter wieder auf die Hochebene hinauf, die wir auch morgen angehen wollen. Aber heute wollen wir zurück nach Hebden Bridge und schlendern die letzten zweieinhalb Kilometer gaaaanz gemütlich am Kanal entlang. Heut sind wir sowas von gar nicht kaputt. Ob das an den Trailrunner-Schuhen liegt? Wir wollen nicht zu früh wieder in Hebden Bridge ankommen, sondern noch ein wenig das schöne Wetter draußen genießen. Kurz vor dem Ort finden wir noch ein Café direkt am Kanal. Wir genießen unseren Kaffee in der Sonne, mit Blick auf Enten und Schwäne.

Im Ort angekommen, wandern wir noch ein wenig durch das wirklich hübsche alte Arbeiterstädtchen. Obwohl der Ort extrem von der Flut an Weihnachten 2015 betroffen war, ist er wieder sehr schön hergerichtet. Es gibt viele schöne, alte Steinhäuser und viele Cafés und Kunstläden. Der Ort soll ziemlich bekannt und touristisch sein, wir aber profitieren vom Charme der Nachsaison: Obwohl es Freitagabend ist, sind nur wenige Menschen auf den Straßen.

Beim Abendessen bestätigt uns unsere Wirtin, dass der Ort in der Tat sehr angesagt ist und viele Künstler und Kreative in den letzten Jahren in den Ort gezogen sind. Jedoch berichtet sie uns auch davon, wie schwer es für sie als dunkelhäutige Frau ist, allein ein Geschäft zu führen. Sie spricht von einer großen Ausländerfeindlichkeit in Yorkshire, hier im Norden Englands, was uns zum damaligen Zeitpunkt noch etwas erstaunt. Es gibt doch schon so lange Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe und Herkunft in dieser Region – kann es denn wirklich sein, dass die Stimmung so aggressiv ist?

Ein Jahr später werden die Yorkshiremen mehrheitlich für den Brexit stimmen. Der Anteil der „Leave“-Stimmen in dieser Region ist der höchste im ganzen Land. Ich hab’ es nachgesehen: Selbst hier, in dieser doch eher liberal orientierten Gemeinde stimmen die Bürger 2016 mehrheitlich für den Austritt aus der EU. Traurig, aber wahr.

Das afrikanische Menü im Crown Inn war jedenfalls phantastisch. Vielen Dank, Angela!

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